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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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konnten kaum nachkommen mit dem Verdauen. Die Hetag gedieh, die Süddeutschen Keramiken blühten. Immer toller kobolzte der Berg, immer mächtigerschwoll die Flut. Herr Hessreiter hatte sich hineingestürzt, er machte seine Schwimmbewegungen. Und siehe, die Flut trug ihn, er schwamm.
22
Charakterköpfe
    Dem Klenk war die Besetzung des Ruhrgebiets eine gewaltige innere Rechtfertigung. Zeigte sich jetzt nicht deutlich, daß alle die schönen Reden von Versöhnung und Verhandlung Schmarren und Schwindel waren? Wegen einer Verfehlung von knapp eineinhalb Prozent verübten die Feinde einen solchen nie erhörten Akt der Gewalt. Mit sich herum trug Klenk ein Photo: französische Soldaten, in die Stadt Essen einrückend, lümmeln arrogant vor ihren Panzerautos, Hände in den Taschen, vergnügt, Sieger, Herren über Leben und Tod der Unterworfenen. Es war ein empörendes Bild, er empörte daran sein Herz und das der andern.
    Unverhohlen jetzt stellte er seine ganze, wilde Kraft in den Dienst der Partei. Passiver Widerstand: eine dumme Verlegenheitsphrase, ausgeschwitzt von einem Kabinett, das nicht mehr weiter weiß. Zusammenkrachen wird diese Berliner Regierung über ihrer erbärmlichen Schisserei. Er glaubte jetzt an die Erneuerung des Reichs von München aus. Belebte sich, verdreifachte sich. Verlor bei alledem nicht den Sinn für Tatsachen. Bis zur Baumblüte, das ist ein poetisches Wort für die kochende Volksseele. Losschlagen muß man genau dann, wenn die wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse die einundfünfzigprozentige Sicherheit des Gelingens bieten. Auf diesen Augenblick zu luchsen, das ist seine Aufgabe.
    Klenk blühte. Es ging von dem riesenhaften bayrischen Mann eine kraftvolle Anmut aus, die auch seine Feinde spürten. Selbst zu seiner Frau, der dürren, kümmerlichen Geiß, war er von derber Freundlichkeit. Beiläufig auch hatte er sich wieder der Insarowa bemächtigt, in der er ein weiteres Mittelsah, den Führer nach seinem Willen zu lenken. Diesmal soll ihm keine Nierengeschichte dazwischenspucken. Auch seinen Sohn Simon, den Bams, berief er jetzt nach München, beschäftigte ihn im Oberkommando der Wahrhaft Deutschen. Simon Staudacher schaute bewundernd auf zu seinem Vater. In seiner neuen Stellung traf er oft die Kameraden Erich Bornhaak und Ludwig Ratzenberger. Die drei freundeten sich an, staken viel zusammen.
    Dann kam die Episode mit dem Genossen Sölchmaier und machte den Simon Staudacher mit einem Schlage zu einem besonders populären Führer der Jungpatrioten. Im Schwimmbad Haidhausen nämlich entdeckte eines Abends Simon Staudacher einen jungen Menschen, der am linken Arm das indische Fruchtbarkeitsemblem der Patrioten eintätowiert trug, am rechten das Zeichen der Kommunisten, Hammer und Sichel. Viele unter den Patrioten waren früher Kommunisten gewesen. Dieser hatte etwas zu voreilig auf die Haltbarkeit seiner Überzeugung vertraut und mußte jetzt, da man zwar aus seiner Weltanschauung, aber nicht aus seiner Haut heraus kann, gesprenkelt herumlaufen. Der Simon riß darüber ein paar saftige Mutterwitze. Da aber stellte sich heraus, daß der Gesprenkelte gar nicht von links nach rechts gerutscht war, sondern umgekehrt. Da stank er dem Simon, da rauchte er ihm. Er zapfte den Kerl an, und als der verstockt blieb, tauchte er ihn mehrmals unter. Was der Simon Staudacher tat, tat er ausgiebig. Der Genosse Sölchmaier, trotzdem er Angehöriger des kommunistischen Schwimmvereins Roter Seeteufel war, vertrug die Bekanntschaft mit Simon Staudacher auffallend schlecht. Er mußte ins Krankenhaus links der Isar geschafft werden, wo er schon einmal für seine Weltanschauung gelitten hatte, damals als ihm der Ludwig Ratzenberger das Ohrwaschel abbiß. Als sich ergab, daß es der gleiche Haufen Unglück war, den der Kamerad Staudacher und der Kamerad Ratzenberger angezapft hatten, erhob sich ein ungeheures Gelächter unter den Patrioten. Es war eine heitere Episode in ernster Zeit. Selbst der Führer – denn das deutsche Gemütverlor auch in der trübsten Stunde nicht den gesunden Sinn für Humor – spielte in seiner nächsten Montagversammlung im Kapuzinerbräu auf die Tauchepisode an. Wie dieser, rief er mit schallender Stimme, so würden alle Verräter und Lahmärsche getaucht werden. Auch die Behörden schmunzelten. Die Staatsanwaltschaft, als Dr. Löwenmaul gegen den Staudacher Anzeige erstattete, schloß aus der Tatsache, daß der Buchdruckereigehilfe Sölchmaier schon einmal in eine üble

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