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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Überzieher, mit einem munteren, hartfaltigen Bauerngesicht. Er war unter großer Heiterkeit damit beschäftigt, seine Begleiterin, eine füllige, geräuschvolle Dame, mit alten Orden, Abzeichen, Rosetten zu bestecken. Denn in dieser Bude gab es alte Kleider zu kaufen, von Herrschaften getragene, Uniformen des aufgelösten Heeres, alte Roben von Richtern und Anwälten, vor allem aber abgelebte Wahr- und Ehrenzeichen. Nebeneinander lagen feil Orden der Monarchie, Sowjetsterne, Hakenkreuze. Der Maler Greiderer hatte mit polterndem Gelächter aus dem Haufen eine Handvoll herausgegriffen und verlustierte sich nun damit, seine Begleiterin mit einem wahllosen Wirrwarr von Ehren und Überzeugungen zu behängen.
    Er begrüßte Tüverlin umständlich, war voll Lärm, voller Freude. Er war wieder im Aufstieg, er hatte in Berlin mit einer Ausstellung einen Mordserfolg. Saupreußen sind sie, die Berliner, aber einen Gusto haben sie: den Erfolg entschied gerade jenes heimlichgehaltene Bild, auf das der Osternacher so scharf gewesen war. Jetzt kann er nachher hinfahren nach Berlin und sich das Bild anschauen. Es war aber dieses Bild betitelt »Der Wahrhaft Deutsche«, und es stellte dar einenPatriotenführer in Tracht in seiner ganzen repräsentativen Leerheit: und der Patriotenführer war sein Freund und Spezi, Balthasar von Osternacher. Das war eine Hetz. Lachend und vielwortig sprach er auf Tüverlin ein, haute ihm auf die Schulter, packte ihn an den Knöpfen. Holte aus allen Taschen hervor Berliner Rezensionen. Erzählte, wie er jetzt im Geld schwimmen werde. Diesmal aber werde er gescheiter sein und auf dem Land bleiben. Höchstens alle Wochen zweimal in die Stadt fahren. Tüverlin erkundigte sich nach dem grünen Auto, ob es noch laufe. Ja, frisch lackieren habe er es lassen und dem abgedankten Haserl geschenkt. Für sich aber und seine heutige Begleiterin habe er ein neues, großartiges, noch viel grüneres in Auftrag gegeben.
    Tüverlin schlenderte weiter. Er kaufte sich türkischen Honig, eine weiß und rosige, klebrige Leckerei. Neben ihm plärrte ein Kind seinem in die Luft entkommenen blauen Ballon nach. Tüverlin kaufte auch dem rotznäsigen Buben türkischen Honig. Ringsum lärmte es, freute es sich des Daseins. Der vielfältige, wurmstichige Trödel des Münchner Lebens breitete sich behaglich in dem hellen Licht der Hochebene. Händler und Volk beschwindelten einander ausdauernd, mit gemächlicher List.
    Vor einem Stand, in dem Rosenkränze feillagen, Darstellungen der Jesuskrippe, Marterln, fiel Tüverlin ein Mann auf mit einem gesträhnten Bart, ein Hagerer. Mit umständlicher Andacht betastete er den geweihten Kram. Die Geschäfte des Rochus Daisenberger hatten gelitten unter dem Zusammenbruch der Wahrhaft Deutschen, er schloß sich wieder enger an die Klerikalen, begann die Heiligkeit seiner Garage zu betonen. Was ihn hier anzog, war ein blutrünstiges Schnitzbild des Gekreuzigten. Ursprünglich mochte es an einem Wegrain gestanden haben, versehen mit einem Gitter gegen zudringliche Hände und mit einem guten Dach gegen Regen und Schnee, oft mit Feldblumen geschmückt. Jetzt lag es auf der Auer Dult, nackt, erbarmungswürdig, und Rochus Daisenberger hatte sein Auge darauf geworfen. Er war entschlossen,den armen Heiland in seine Garage aufzunehmen, sie unter den Schutz des Bildwerks zu stellen.
    Noch einer stand vor dem heiligen Krempel, ein schwerer, dumpfer Mann. Er stierte auf ein Metallgefäß, eine Art Vase. »Was möchten der Herr?« fragte die Verkäuferin. »Das da möchte ich«, erwiderte der Mann und erstand die Vase, ohne zu feilschen. Sie wird sich, gefüllt mit bunten Blumen, gut machen auf einem gewissen Grab dritter Klasse im Südlichen Friedhof. Er wird sie zu dem kleinen Holzkreuz stellen, auf dem in schwarzen Schablonenlettern gemalt ist: Amalia Sandhuber. Einmal war sie dagelegen in Dreck und schmelzendem Schnee mit blauem Gesicht und hatte die Waden von sich gestreckt. Jetzt lag sie auf dem Südlichen Friedhof. Es war möglich, daß er sie zu Recht umgebracht hatte; aber nach allem, was inzwischen war, hatte er Zweifel und das Bedürfnis, dieses Gefäß mit Blumen über ihr Grab zu stellen. Es war ein Saustall, daß sie ihn auf der Polizei nicht behalten hatten. Die Beichte hatte ihm auch keine Erleichterung gebracht. Der Boxer Alois schaute zu, wie die Verkäuferin die Vase umständlich in eine alte Zeitung verpackte. Es gibt nur eines, er hätte es schon lange tun sollen, und er wird es

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