Erfolgreich Lernen (German Edition)
Spezialisierung. Die linke ist hauptsächlich das Zentrum des verbalen Verstehens, die rechte ist eher auf visuelle, bildhafte Informationsverarbeitung spezialisiert. Für das Thema Visualisierung haben diese Erkenntnisse unmittelbare Relevanz. Wird ein Text nur verbal bearbeitet, so wird dabei hauptsächlich die linke Gehirnhälfte „angesprochen“, die Möglichkeiten, gezielt auch die bevorzugte Funktionsweise der rechten Gehirnhälften „anzubildern“, werden dann wenig genutzt. Wird dagegen Visualisierung verwendet, wird auch zusätzlich der dominante Funktionsmodus der rechten Gehirnhälfte für die Informationsaufnahme nutzbar gemacht. Die Information wird daher mit viel höherer Wahrscheinlichkeit behalten werden. Wenn man beim Lernen keine Visualisierung verwendet, macht man sich – bildlich gesprochen – zu einem Split-Brain-Patienten. Die strikte Trennung der beiden Gehirnhälften ist jedoch eher eine Metapher als eine strenge anatomische Realität. Auch bei den Split-Brain-Patienten, die ja schon eine besondere Art von Versuchspersonen darstellen, ist es nur durch eine trickreiche Versuchsanordnung möglich, die oben beschriebenen Effekte zu erzielen. Bei gesunden Menschen stehen die beiden Gehirnhälften in ständigem Kontakt und arbeiten sehr eng zusammen. Im Normalzustand ist es nicht möglich, eine Hemisphäre auszuschalten.
Einige Interpretationen, Spekulationen und Behauptungen, die im Zusammenhang mit der Hemisphärenspezialisierung aufgestellt wurden, sind völlig unbegründet. So wurde versucht, die Hemisphärenspezialisierung als einen Grund für das so genannte westliche und östliche Denken zu interpretieren. Eine weitere, völlig unhaltbare Behauptung in diesem Zusammenhang ist die These von der geringen Auslastung unseres Gehirns. So wird behauptet, wir nutzten nur 1 %, 5 %, 10 %, 50 % unseres Gehirns, der Rest liege brach. Es bleibt dabei unklar, auf welche Aufgaben sich diese Aussagen beziehen sollen, auf den Anteil richtiger Aufgabenlösungen, den Teil der aktivierten Gehirnzellen oder auf was sonst? Eine wesentliche Frage dabei ist:
Was zählt zum GANZEN Gehirn? Alle Nervenzellen, auch die des vegetativen Nervensystems? Wenn man 100 % des so definierten Gehirns für das Lernen verwenden würde, wäre der Lernende sofort tot, weil diese Zellen ganz andereAufgaben haben. Oder soll damit die Gesamtzahl der Nerven in der Großhirnrinde gemeint sein? Damit kann dann nur die Zahl der qualitativen Verbindungen gemeint sein, also der Nervenkontakte durch Synapsen. Die Synapsenzahl wird auf ca. 400 Billionen geschätzt. Die Zahl der potenziellen Nervenverbindungen geht ins Unendliche. Wer will klären, wann wir eine unendliche Zahl erreicht haben, oder wie viel 50 Prozent einer unendlichen Zahl ist? Die 100 %-Marke ist also vollkommen undefiniert, daher natürlich auch Prozentteile dieser Marke. Aber auch außerhalb dieser quantitativen Argumentation sind solche Interpretationen ziemlich unsinnig. Ein erfolgreiches Gehirn zeichnet sich gerade dadurch aus, dass es wenig ausgelastet ist. Würde man, wie Dietrich (2000) fragt, einem Hochleistungsrechner ankreiden, dass er nur einen kleinen Teil seiner Kapazität dazu verwendet, das Ergebnis einer Aufgabe zu berechnen? Dass das Gehirn nur zu einem (jeweils wechselnden) Teil beansprucht wird, spricht gerade für seine optimale Auslastung. Die oben beschriebenen Spekulationen dienen eher der Verbreitung gewisser Weltbilder bzw. dem Verkauf von Seminaren und Büchern, als dass sie die Realität widerspiegeln.
Prozess und Produkt der Visualisierung
Der Effekt der Visualisierung besteht zum einen in einer besseren, tieferen Verarbeitung des Textes, indem die Visualisierung ERSTELLT wird, zum anderen hat das archivierte Resultat der Visualisierung einen hohen Wert, um die damit verbundenen Assoziationen zu ERINNERN.
Für den Lernenden ist also das Endprodukt der Visualisierung beinahe nebensächlich, der Entstehungsprozess dagegen umso wichtiger. Es gilt auch hier, ähnlich wie bei der Erstellung eines Spickzettels: „Der Weg ist das Ziel“.
4.3 Wie kann visualisiert werden?
Es gibt nun verschiedene Grundformen der Visualisierung. Diese Grundformen mit ihren Besonderheiten werden nachfolgend beschrieben. Es sind dies die freie Visualisierung, die Visualisierung in Form von Zahlenbildern, die Visualisierung von Abläufen sowie die Darstellung von Strukturen. Mit diesen Arten der Visualisierung kann man fast jeden Sachverhalt visuell
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