Erfolgreich Lernen (German Edition)

Sprechweise kann er den Hörer in eine unterwürfige Position zu drücken versuchen, ein scharfer Tonfall kann den Gesprächspartner einschüchtern oder provozieren. Die Reaktionen hängen häufig von der sozialen Rolle der Partner ab. Die Art und Weise, wie der Sprecher sich ausdrückt, gibt Auskunft über seine Haltung zum und seine Meinung über seinen Gesprächspartner. Diese Auskunft kann bewusst oder unbewusst ablaufen. Der Sprecher kann mit seiner Art der Kommunikation sehr viel erreichen, aber andererseits auch sehr viel zerstören. Während auf der Sachebene der Verstand des Gegenübers angesprochen wird, geht es bei der Beziehungsebene um die Persönlichkeit und die Gefühle des Anderen.

    Abbildung 19: Verhaltens-Achsenkreuz der Beziehungsebene
    Am Verhaltens-Achsenkreuz lässt sich die Beziehungs-Ebene bildhaft darstellen. Die Wertschätzung des Gesprächspartners gelingt durch eine respektvolle, gleichberechtigte und einfühlsame Haltung. Bevormundung und Geringschätzung sind gegeben, wenn der Sender herabsetzende und demütigende Aussagen macht ( Abbildung 19 ).

10.1.4 Die Appell-Ebene
    Beinahe jede Nachricht will etwas beim Hörer bewirken. Sie will sein Denken und Handeln beeinflussen. In unterschiedlichen Situationen und je nach persönlicher Befindlichkeit hören Menschen bevorzugt bestimmte Seiten einer Nachricht.
    Manche Streitereien sind zwischen den Beteiligten sehr festgefahren, weil diese meinen, sie reden über dasselbe, aber tatsächlich möchte ein Gesprächspartner z. B. die Sachseite betonen, der andere „hört“ jedoch den Appell heraus, das heißt die Aufforderung zum Handeln oder zur Meinungsänderung.
    Offenkundig wird dieser Appellcharakter einer Information in der Werbung, die den Adressaten zum Kauf eines bestimmten Produktes anregen möchte.
    Ein Beispiel:
    Tanja sagt zu Ihrem Seminarleiter:
    „Für dieAusarbeitung des Reports habe ich gestern sechs Stunden gebraucht.“
    Er hört die Sachaussage: Der Report wurde ausgearbeitet und hat sechs Stunden gedauert.
    Er hört die Beziehungsaussage: „Ihr Arbeitsauftrag ist viel zu groß. Das hat mich geärgert.“
    Er hört den Appell: „Geben sie bloß nicht noch einmal so viel auf.“
    Er hört die Selbstoffenbarung: „Dieses Mal habe ich die Aufgabe erledigt, ich habe sechs Stunden dafür gebraucht, ich habe Ihre Aufgabe erledigt.“
    Dieses Beispiel zeigt, der Empfänger der Nachricht „macht“ die Nachricht, d. h. er entscheidet, was gesagt wurde. Mit seiner Reaktion bestimmt er den Verlauf des weiteren Gesprächs entscheidend mit. Es kommt also für den Sender der Nachricht darauf an, beim Empfänger auf das „richtige“ Ohr zu treffen. Dazu kann der Sprecher etwas beitragen, indem er sich bei der Wortwahl und beim Tonfall Gedanken darüber macht, wie sein Redebeitrag aufgefasst werden könnte. Eine leicht geänderte Formulierung, die inhaltlich dasselbe aussagt, kann helfen, ein Gespräch sachlich verlaufen zu lassen. Dabei geht es nicht um ein Gespräch, in dem Gefühle keinen Platz haben. Es geht darum, dass alle Beteiligten gleichberechtigt ihre Erfahrungen, Meinungen und Vorschläge vorbringen können und dabei angehört und respektiert werden. Solche Gespräche können durchaus in angeregter Atmosphäre stattfinden.
    Wenn in einem Gespräch ein Teilnehmer heftig angreift, so sagt er zuerst etwas über sich selbst aus. Der Angegriffene kann mit Verständnis reagieren und auf der Sachebene antworten. Damit bleibt er im Gespräch souverän, bleibt selbst unverletzt und verletzt auch den Angreifer nicht. Das Wichtigste dabei ist, dass sich der Streit nicht aufschaukelt. Ein indianisches Sprichwort sagt: „Worte sind schlimmer als Waffen, sie zielen immer aufs Herz.“ Ob das Herz aber getroffen wird, kann der Empfänger entscheidend mitbestimmen. Es liegt an ihm, mit welchem Ohr er hinhört, und welche Bedeutung er der Nachricht beimisst.

    Es ist für alle Menschen ein nutzbringender Lernprozess, möglichst viel auf der Sachebene zu hören. Das heißt, Sie sollten, wann immer es möglich ist, sich als der Empfänger einer Nachricht bewusst für die Sachebene entscheiden. Oft eilt einer Lehrperson ein bestimmter Ruf voraus, zum Beispiel ihre Vorlesung sei zu streng, zu anspruchsvoll, zu oberflächlich, sie habe die oder jene Macke usw. und doch gibt es erfahrungsgemäß immer Teilnehmer, die enorm von dem genannten Unterricht profitieren, weil sie sich auf die Sachinformationen konzentrieren konnten, während die