Erfolgreiches Teamcoaching
habe dabei zwei unterschiedliche Strategien erlebt. Die einen Trainer tun dies bevorzugt in der Mannschaftsbesprechung vor einem Spiel. Die anderen sprechen lieber schon im Vorfeld mit den Betroffenen unter vier Augen. Manchmal ist es aus disziplinarischen Gründen sicher sinnvoll, eine solche Entscheidung vor der gesamten Truppe zu verkünden. Ein Beispiel hierfür wäre ein Athlet, der im Vorfeld sehr lautstark, möglicherweise sogar über die Presse, seinen Einsatz einfordert. Indem Sie Ihre Entscheidung, ihn auf der Bank zu lassen, vor der versammelten Mannschaft verkünden, demonstrieren Sie, dass Sie die Entscheidungen treffen und dass Sie sich dabei nicht durch öffentlichen Druck beeinflussen lassen. Aber solche Beispiele sind eher selten.
Meistens ist es besser, das Vier-Augen-Gespräch zu wählen. Das gilt umso mehr, je bedeutsamer die Entscheidung ist. (Die Frage, wer in den Olympiakader rutscht, hat für den Einzelnen einen viel höheren Stellenwert als eine Nominierung für die Startelf in einem gewöhnlichen Ligaspiel.) Der Hintergrund lässt sich sehr einfach erklären. Für uns Menschen ist es sehr schwierig, vor anderen bloßgestellt zu werden. Und die Tatsache der Nichtnominierung bedeutet für uns jeweils eine kleine (oder sogar große) persönliche Niederlage, damit zugleich eine potenzielle Demütigung. Das sollten Sie den Athleten ersparen. Geben Sie ihnen eine Chance, ihr Gesicht zu wahren. (Jeder Streit sollte ebenfalls so geschlichtet werden, dass beide beteiligten Parteien ihr Gesicht wahren können. Siehe hierzu auch Kap. 18 ). Indem Sie die Entscheidung zunächst im kleinen Kreis verkünden, kann der Betroffene sich erst abreagieren und sammeln, bevor er damit vor die Mitspieler tritt.
Eine Nichtnominierung ist eine persönliche Niederlage.
Deshalb ist es wichtig, dass der Betroffene das Gesicht wahren kann.
Natürlich dürfen Sie diese Empfehlung nicht übertreiben. Nicht jede Kleinigkeit benötigt eine derartige Fürsorge. Manche Dinge können Sie einfach offen verkünden, ohne erst die Einzelnen zu konsultieren. Aber schon die Frage, wer am Wochenende aufläuft, beinhaltet für einige Spieler ein wichtiges Moment und hier können Sie eine Menge Frust erzeugen oder vermeiden. Es bedarf immer wieder Ihres Einfühlungsvermögens, wie der jeweilige Athlet am besten behandelt werden sollte, ob er eher sensibel oder robust reagiert und ob er deshalb mehr Streicheleinheiten oder im Gegenteil eher einmal eine harte Hand braucht.
Genauso spannend ist die Überlegung, ob Sie Ihre Entscheidung begründen oder nicht. Auch hier gibt es wieder eine einfache Daumenregel: Im Zweifelsfall ist es besser, eine Begründung zu liefern. Nicht, weil Sie dazu verpflichtet wären. Das ist keineswegs der Fall, Sie brauchen sich nicht für Ihr Handeln zu rechtfertigen! Der wirkliche Grund liegt darin, dass Sie es für den anderen tun. Es hilft ihm nämlich, die Entscheidung anzunehmen. Machen wir es an einem einfachen Beispiel deutlich: Wenn Sie einen Termin absagen, dann rufen Sie nicht einfach an und sagen, Sie könnten nicht kommen.
In der Regel werden Sie hinzufügen, warum Sie den Termin nicht einhalten können. Dabei würde faktisch die reine Absage genügen. Aber dann wäre der Gegenüber womöglich verärgert. Wenn Sie aber sagen, dass Sie Kopfschmerzen haben oder dass Ihnen ein anderer wichtiger Termin dazwischengekommen ist, dann ist es für den anderen leichter, Verständnis für Ihre Entscheidung zu haben.
Womit deutlich wird, dass wir uns hier auf dünnem Eis bewegen. Denn es kann ja passieren, dass der andere Ihre Gründe für nicht nachvollziehbar hält. Immer wieder höre ich Athleten nach einer Entscheidung des Trainers klagen, die genannten Gründe seien parteiisch, ungerecht oder nicht stimmig. Aus der Perspektive des von der Entscheidung betroffenen Spielers lässt sich das auch nachvollziehen, weil er meistens sehr subjektiv auf die Situation schaut. Aber damit haben Sie miteinander ein Problem, nämlich dass der Athlet verärgert über Sie ist. Dieses Risiko sollten Sie in Kauf nehmen. Der Ärger wäre nämlich auch ohne Begründung Ihrer Entscheidung da. Denn er gilt ja gar nicht Ihren Begründungen, sondern der Tatsache der Nichtnominierung und er resultiert aus der Abhängigkeit, die der Athlet in dieser Hinsicht Ihnen gegenüber hat.
Begründungen vermeiden Ärger also nicht immer, sie erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Entscheidung gut aufgenommen wird. (Genau
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