Erfuellt
Nacht ohnehin ziemlich erschöpft sein.« Angelina klang unglaublich aufrichtig, aber ich traute ihr trotzdem nicht.
»Okay, na dann. Ruft an, wenn ihr mich braucht«, sagte ich zu meiner Mutter und verließ den Raum. Draußen vor der Tür stand Della, zwei dampfende Kaffeebecher in der Hand. Die Besorgnis in ihren Augen war eindeutig echt.
»Ist sie soweit in Ordnung?«, fragte sie, als sie mir die Krankenhauskaffeeplörre reichte.
»Jepp. Es geht ihr gut. Lass uns aufbrechen«, antwortete ich.
»Ich kann doch auch einfach allein fahren, und du bleibst? Sie ist immerhin deine Mom«, setzte Della an. Ich aber schüttelte den Kopf und unterbrach sie.
»Mit ihr ist alles soweit in Ordnung. Sie muss einfach nur mehr essen, und ich will wirklich gern hier weg.«
Della stieß einen matten Seufzer aus, nickte dann aber.
»Okay. Wie du meinst.«
D as Lagerfeuer erhellte den nächtlichen Strand. Ich stand da und sah den anderen beim Trinken, Tanzen und Lachen zu. Woods war verschwunden, um irgendeine Personalangelegenheit zu regeln. Er sah sich gerade nach einem Nachfolger für seinen alten Job um, hatte aber noch niemanden gefunden. Momentan erledigte er also noch alles selbst, und ich merkte, wie ihm der Stress langsam zusetzte.
Ich sah hinüber zu der Gruppe von Woods’ Freunden und wusste, dass ich dort willkommen gewesen wäre. Bethy lachte schallend, und ich war mir ziemlich sicher, dass sie schon ziemlich beschwipst war. Aber ich brauchte jetzt dringend Zeit zum Nachdenken. Und ich war nicht in der Stimmung, zu verbergen, wie bedrückt ich war. Als ich heute zu Woods ins Büro gekommen war, hatte er gerade mit Angelina telefoniert. Sie hatten über seine Mutter gesprochen, und das Gespräch hatte sehr vertraut und friedlich geklungen. Sie nahm ihm ja auch viel Arbeit ab, und ich versuchte wirklich, sie zu mögen oder ihr dafür dankbar zu sein. Aber ich konnte nicht.
Ich drehte mich um und lief Richtung Parkplatz. Hier feierte niemand eine wilde Party, und ich konnte in Ruhe darauf warten, dass Woods mich abholte. Bis er zurückkam, musste sich meine Laune dringend gebessert haben. Doch die Tatsache, dass ich eine Last für ihn war, machte mir sehr zu schaffen. Jeden Tag mehr.
Wenn es mir nur besser ginge … Wenn ich keine Albträume mehr hätte … Wenn ich nur die Vergangenheit hinter mir lassen und einfach weitermachen könnte … Wenn mich doch nicht Tag um Tag die Angst verfolgen würde, dass ich endgültig den Verstand verliere … Dann könnte ich ihm helfen. Ihm eine Stütze sein.
»Della.« Angelinas Stimme ließ mich überrascht zusammenfahren. Ich drehte mich um und sah sie im schwachen Mondlicht neben dem Toilettenhäuschen stehen.
»Ja«, antwortete ich und war mir nicht sicher, ob die Tatsache, dass wir hier ganz allein waren, wirklich Grund zur Sorge darstellte oder ob das ein ganz idiotischer Gedanke war.
»Wo ist Woods?«, fragte sie.
»Er hat irgendein Problem mit dem Personal, um das er sich kümmern muss.«
Angelina sah mich angewidert an. »Er hat so viel Ärger an der Backe, und du machst es nur noch schlimmer, hilflos und kaputt, wie du bist. Was denkst du, wie lange er dich noch will, hm? Was wird wohl passieren, wenn der Wahn, der in deinen Genen schlummert, doch die Oberhand gewinnt? Dann wird er dich nicht mehr beschützen können, o nein. Man wird dich einsperren! Und ich weiß außerdem, dass er keine Kinder mit dir haben will, weil er Angst hat, dass die genauso verrückt werden wie du. Das würde ihn umbringen.«
Meine eigenen, heimlichsten Ängste von ihr laut ausgesprochen zu hören, schnürte mir die Luft ab. Sie hatte recht. Jedes Wort war wahr. Woods und ich taten so, als hätten wir eine Zukunft. Vollkommener Quatsch. Auf mich konnte er sich nicht verlassen.
»Was willst du?«, fragte ich bebend.
»Ich will, dass du ihn in Ruhe lässt. Er hat was Besseres verdient«, fauchte sie.
Das hatte er wirklich, da stimmte ich ihr absolut zu.
»Aber das wirst du auch nicht sein. Du bist keineswegs besser«, antwortete ich und funkelte sie an. Selbst wenn sie meinen Blick in der Dunkelheit nicht sehen konnte, hoffte ich, dass sie meinen Hass spürte.
Sie kam zu mir herüber, und ich kämpfte gegen den Drang an, zurückzuweichen. Ich hatte keine Angst vor ihr. Konnte mich ihr gegenüber behaupten.
»Du hast keine Ahnung, du verrückte Schlampe. Er hat es geliebt, wenn ich seinen Schwanz gelutscht habe. Er hat meinen Namen geschrien und meinen Kopf umklammert, als wäre
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