Erfuellt
Menschen beinahe unmöglich machte, sie zu ertragen – und jemandem wie Kiro Manning sowieso.
»Nein, ist in Ordnung. Ich hätte nur gewartet und zusammen mit dir gegessen, wenn du hiergeblieben wärst. Dann esse ich einfach ein Sandwich in meinem Zimmer.«
Kiro schüttelte leicht den Kopf. »Das gefällt mir gar nicht. Du verkriechst dich viel zu oft. Ich möchte, dass du das Lesen heute Abend mal sein lässt. Grant ist zu Besuch, und er kann ein bisschen Gesellschaft gut gebrauchen. Er ist ein wirklich netter Kerl. Unterhalt dich mit ihm. Ihr könnt doch zusammen zu Abend essen, während er auf Nans Rückkehr wartet.«
Harlow hielt angespannt inne und sah schließlich kurz in meine Richtung. »Ähm, lieber nicht.«
»Jetzt hab dich mal nicht so, du kleiner Snob. Grant ist ein Freund der Familie. Er ist Rushs Bruder. Iss mit ihm.«
Harlow wirkte plötzlich noch angespannter, obwohl ich inzwischen wieder Luft für sie war. »Er ist nicht Rushs Bruder. Wenn er es wäre, wär’s noch widerlicher, dass er mit Nan schläft.«
Kiro grinste, als wäre Harlow der lustigste Mensch auf der Welt. »Mein Kätzchen hat ja doch Krallen. Und anscheinend bist du der Einzige, der sie dazu bringt, sie zu zeigen, Grant. Jetzt, wo du mit der bösen Stiefschwester geschlafen hast, stehst du bei meiner Kleinen anscheinend ganz oben auf der schwarzen Liste. Ha!« Mit belustigter Miene nahm er einen weiteren langen Zug aus seinem Joint.
Ich fand das überhaupt nicht komisch. Dass Harlow mich hasste, gefiel mir nicht. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie sich daran etwas ändern ließ. Außerdem konnte ich Nan unmöglich den Rücken kehren. Sie würde es nicht verkraften, wenn noch jemand sie einfach fallen ließ. Selbst wenn diese kleine Schlampe es verdient hätte. An die Boyband, mit deren Mitgliedern sie gerade schlief, wollte ich lieber gar nicht denken. Was die anging, hatte ich mich wohl getäuscht. Ich war irgendwie davon ausgegangen, sie würden es miteinander treiben. Stattdessen stiegen sie allesamt mit Nan in die Kiste.
»Ich wünsch dir einen schönen Abend, Daddy!«, sagte Harlow, machte kehrt und verließ den Raum, noch bevor Kiro sie erneut dazu auffordern konnte, bei mir zu bleiben.
Kiro legte den Kopf zurück und schloss die Augen. »Zu dumm, dass sie dich nicht ausstehen kann. Sie ist was Besonderes. So eine wie sie ist mir bislang nur einmal begegnet, und zwar in Gestalt ihrer Mom. Diese Frau hat mir das Herz gestohlen. Ich habe sie angebetet. Sie abgöttisch verehrt. Für sie hätte ich den ganzen Scheiß hier aufgegeben. Hatte auch alles schon geplant. Ich wollte nur noch jeden Morgen neben ihr aufwachen. Und sie mit unserer Kleinen beobachten und wissen, dass die beiden mir gehören. Aber Gott wollte sie für sich. Nahm sie mir weg, verdammt noch mal. Darüber bin ich nie hinweggekommen. Nie!«
Nicht zum ersten Mal hörte ich ihn von Harlows Mutter schwärmen. Wann immer er high war, fing er damit an. Sie war das Erste, was ihm dann in den Sinn kam. So eine Art von Liebe war mir völlig unbekannt. Der Gedanke daran jagte mir allerdings auch eine Heidenangst ein. Keine Ahnung, ob ich so was erleben wollte. Kiro hatte sich davon jedenfalls nie erholt. Ich hatte ihn kennengelernt, als ich noch viel jünger war und mein Dad Rushs Mom geheiratet hatte. Rush hatte seinen Dad, Dean Finlay, Drummer von Slacker Demon , damals gebeten, mich – seinen neuen Stiefbruder – auf einen seiner Wochenendbesuche mitzunehmen. Ich war voller Ehrfurcht an diesem Wochenende gewesen, dem viele weitere folgen sollten. Kiro sprach auch heute noch immer nur von »ihr« und verfluchte Gott, dass er sie ihm genommen hatte. Das hatte mich selbst als Kind schon fasziniert.
Die Ehe meines Dads mit Georgianna, Rushs Mutter, hatte nicht lange gehalten, aber Rush und ich hatten uns trotzdem weiterhin sehr nahegestanden. Wenn sein Vater ihn abholte, sammelte er mich manchmal mit ein. Und so war ich im Dunstkreis der legendärsten Rockband der Welt groß geworden.
»Nan hasst sie. Wer zum Teufel kann Harlow bitte hassen? Sie ist so süß, und sie hat Nan überhaupt nichts getan. Trotzdem ist Nan hundsgemein zu ihr. Die arme Harlow macht einen großen Bogen um sie. Ich hasse es, meine Kleine so hilflos zu sehen. Sie muss ein bisschen tougher werden. Sie braucht einen guten Freund.« Kiro legte seinen Joint in einem Aschenbecher ab und drehte sich zu mir. »Sei ihr ein Freund, mein Junge. Sie braucht einen.«
Ich wollte mehr als nur
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