Erfuellt
seine Hand entgegen.
»Schön. Ich bin sowieso nicht zu gebrauchen, wenn ich mir gleichzeitig Sorgen um dich mache, weil du allein bist. Falls du schlafen willst, kannst du dich einfach an mich kuscheln.«
Ich versuchte nicht darüber nachzudenken, dass Angelina ihm bei der Pflege seiner Mutter unter die Arme griff. Nur weil sie da gewesen war, hatte er kurz nach Hause kommen können. Und wozu, bitte schön, war ich gut? Er musste sich ständig Sorgen um mich machen. Ich war ein schwaches, hilfsbedürftiges Wesen. Ein Stresspunkt mehr für ihn, das ja – aber ganz sicher keine Unterstützung.
»Jetzt schau nicht so düster. Sie wird schon wieder auf die Beine kommen. Die Sanitäter haben gesagt, dass ihr Kaliumspiegel ziemlich niedrig ist. Sie nehmen auch nicht an, dass es ein Schlaganfall ist, aber wegen ihrer ungewöhnlichen Herzfrequenz musste sie ins Krankenhaus, um dort kurz durchgecheckt zu werden.«
Ich nickte, als er seine Finger mit meinen verflocht.
»Auf geht’s«, sagte ich.
Ich würde schon eine Möglichkeit finden, ihm zu helfen. Er brauchte einfach eine starke Schulter, und die würde ich ihm bieten.
»Hast du denn gut geschlafen so ganz ohne mich?«, fragte er auf dem Weg nach draußen.
»Ja. Großartig«, log ich. Noch mehr Aufregung konnte er jetzt nicht gebrauchen.
D ella hatte schließlich aufgegeben, sich an mich geschmiegt und war innerhalb weniger Minuten eingeschlummert. Mittlerweile war es nach drei Uhr morgens, und Mom stand noch immer in einem Raum unter Beobachtung. Angelina war bei ihr. So war es am besten.
Natürlich war ich nicht blöd – mir war völlig klar, dass Angelina meiner Mutter nicht aus reiner Herzensgüte half. Sie machte es, um mich schlussendlich zurückzugewinnen. Es war ja auch nicht so, dass meine Mom rund um die Uhr eine Krankenschwester brauchte, sondern vielmehr eine Freundin. Und genau das war Angelina eben gerade für sie.
Della schien es nicht zu stören. Ich hatte aufmerksam beobachtet, ob es ihr nicht doch zu schaffen machte. In dem Moment, in dem ich den Eindruck bekäme, dass es sie verletzte, würde ich den Kontakt zu Mom und Angelina abbrechen, bis Letztere endgültig aus unserem Leben verschwunden war. Wahrscheinlich würde sie sich sowieso aus dem Staub machen, sobald sie merkte, dass ihre Masche nicht zog und ich nicht zu ihr zurückkehren würde. Weil mein Herz Della gehörte und niemandem sonst.
Della begann, im Schlaf leise zu wimmern. Ich zog sie sanft auf meinen Schoß, strich ihr das Haar aus dem Gesicht und flüsterte ihr beruhigende Worte ins Ohr. Meistens half das. Und überhaupt hatte sie in letzter Zeit nur noch selten schlechte Träume. Normalerweise sah ich sie kommen und hielt sie auf, ehe sie Della überwältigten.
»Ich hab dich, ich bin hier! In meinen Armen kann dir nichts passieren, Della. Nichts, Baby. Das lasse ich nämlich nicht zu«, versicherte ich ihr, bis ihr Atem wieder regelmäßiger wurde, ihr Körper sich entspannte und sie in einen friedlichen Schlummer zurückfand. Ich lächelte und drückte einen Kuss auf ihr Haar. Die Vorstellung, dass ich ihre Angst in die Schranken weisen konnte, gefiel mir. Und das Wissen, dass ich alles war, was sie brauchte, hatte eine nahezu berauschende Wirkung auf mich.
»Wird das nicht langsam mühsam? Sie ist wirklich wie ein hilfloses, kleines Kind!« Angelinas eisiger Kommentar regte mich tierisch auf. Ich sah aber nicht einmal zu ihr hoch, sondern konzentrierte mich stattdessen ganz auf die Frau in meinen Armen.
»Wie geht es Mom?«, fragte ich sie.
»Sie schläft. Besonders viel gegessen hat sie leider nicht. Das wusste ich zwar, aber ich kann sie ja nicht dazu zwingen – schließlich bin ich nicht ihre Krankenschwester. Wenn du öfter vorbeikämest, würde sie auch mehr zu sich nehmen. Du fehlst ihr!«
O nein, meine Mutter hatte mich noch nie vermisst. Sie war nichts weiter gewesen als die Marionette meines Vaters. Wenn er mich bei sich haben wollte, wollte sie das auch, ansonsten scherte sie sich nicht um mich. Außer in der Zeit, als sie gehofft hatte, ich würde Angelina heiraten.
»Du stellst Della über deine Mutter, Woods. Schwache Nummer, ehrlich.«
Ich riss meinen Blick von Dellas friedlichem Gesicht los.
»Nein. Es ist vielmehr so, dass meine Mutter ihre Bedürfnisse über meine stellt. Und ich werde mein Leben ganz sicher nicht so leben, wie sie sich das vorstellt. Ich liebe, wen ich will, verflucht noch mal! Das kann sie ganz sicher nicht kontrollieren«,
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