Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
hinter ihr. Sie klang seltsam, als würde sie von Wasser gedämpft. Wie im Traum drehte Elphame sich um.
Er saß lässig auf dem Rand des Beckens, in dem die Statue stand. Sie hatte keine Schwierigkeiten, ihn zu sehen, denn sein Körper glühte sanft wie Kerzenlicht auf Perlen. Die Ruine hinter ihm hob sich deutlich ab, gleichzeitig konnte sie durch ihn hindurchsehen.
„Oh!“ Elphame war gar nicht aufgefallen, dass sie die Luft angehalten hatte. Jetzt stieß sie einen tiefen Atemzug aus. Sie spürte, dass ihr Körper zitterte, während sie ihren tauben Beinen befahl, sie fortzubringen.
Die Erscheinung hob eine kräftige, schwielige Hand. „Entspannt
Euch, Elphame. Ich will Euch nichts Böses.“
Er hatte einen seltsamen, beinahe grob klingenden Akzent, aber seine Augen blickten gütig, und als sie nicht davonlief, lächelte er. „Hier, Mädchen . “ Er nickte in Richtung des Gürtels, der nicht weit von ihm entfernt am Beckenrand hing. „Ist es nicht das, was Ihr sucht?“
Elphame nickt steif. Dann machte sie einen zögerlichen Schritt vorwärts und schnappte sich den Gürtel. „D…da…“ Sie musste sich räuspern, damit sie die Worte aussprechen konnte. „Danke Euch.“
Er neigte den Kopf. „War mir ein Vergnügen.“ Sein amüsierter Blick glitt von Elphame zu der Statue des Mädchens. Sein Lächeln wurde bitter. „Es freut mich, dass Ihr endlich gekommen seid, Elphame. Sogar die Toten können nicht für immer warten.“
„Ihr kennt mich?“ Ihre Stimme wollte nicht recht gehorchen; die Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.
„Aye, Mädchen, ich kenne Euch … Und was für eine feine Lady Ihr seid.“ Seine Augen funkelten. „Seht Euch an! Die perfekte Mischung aus zweien. Ihr seid die richtige Wahl.“
„Für was? Wer seid Ihr?“ Wie ihre Stimme schien sich auch ihrDenkvermögen langsam wieder einzustellen.
„Nutzt Euer Herz und Eure Intuition, Mädchen. Sie werden Euch verraten, wer ich bin.“
Elphame atmete tief ein und musterte die Erscheinung sorgfältig. Der Mann war über das mittlere Alter hinaus, war aber immer noch imposant in seiner westländischen Tracht mit dem langärmligen Leinenhemd und dem schön gewickelten Kilt. Obwohl er beinahe durchsichtig war, bildete das Karomuster seines Rocks in Saphirblau und Limonengrün einen beeindruckenden Kontrast. Ihre Augen wurden groß. Sie kannte das Muster – sehr gut sogar. Ihre Mutter hatte es über Jahre getragen, wenn sie in den Westen gereist war. Sie besaß selbst Kleidung in diesen Farben und hatte jegliches Recht, sie zu tragen; schließlich floss das Blut der MacCallans durch ihre Adern.
„Ihr seid MacCallan.“
Sein Lächeln wurde breiter, und er zwinkerte ihr zu. „Aye, Mädchen, das war ich. Jetzt habt Ihr meine Stellung eingenommen.“ Dann wurde seine Miene ernst. Er stand auf und verbeugte sich so elegant vor ihr, dass es sie an Cuchulainn erinnerte. „Eure Gefährtinnen suchen nach Euch. Ich kann nicht bleiben. Ein andermal, Mädchen … ein andermal …“
Er löste sich zu dünnem Dunst auf, der wie Feennebel um die Statue waberte.
„Mylady! Ist alles in Ordnung?“ Brennas Stimme drang vom Eingang herüber.
„Ja!“, rief Elphame. Sie strich sich mit zitternder Hand übers Gesicht. Ihrer Mutter gegenüber hatte sie behauptet, sie glaube nicht, dass einer der auf der MacCallan-Burg spukenden Geister ihr schaden wolle, und sie hatte es auch so gemeint. Das bedeutete aber nicht, dass sie jemals darüber nachgedacht hatte, ob es hier wirklich Geister geben könnte, mit denen sie sich würde befassen müssen. „Ganz sicher habe ich nicht damit gerechnet, dem MacCallan persönlich zu begegnen.“
„Habt Ihr etwas gesagt?“, fragte Brighid. Ihre Hufe verursachten auf dem schmutzbedeckten Marmor ein dumpfes Dröhnen, als sie den Burghof betrat, und ihr silberblondes Fell wirkte in der Dunkelheit ätherisch. „Bei der Göttin, ist es hier drinnen dunkel! Kein Wunder, dass Ihr so lange gebraucht habt.“
„Ich bin froh, wenn die Wandleuchten repariert sind und die Fackeln brennen“, sagte Brenna nervös. Sie war nur eine dunkle schmale Silhouette an der Seite der Jägerin.
Elphame lächelte und zwang sich, ihre Stimme normal klingen zu lassen. „Ihr habt recht, es war schwer, den Dolch zu finden. Aber jetzt habe ich ihn, also können wir uns endlich zu dem warmen Mahl aufmachen, das wir in unseren Gedanken schon schmecken.“ Sie warf einen letzten Blick über die Schulter auf die nebelverhangene
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