Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
Statue und eilte aus der Burg, in der es immer dunkler wurde.
9. KAPITEL
Im schwindenden Licht verschwammen die Umrisse des frisch geräumten Weges im Wald, und die kühle Abendbrise erfüllte die Luft mit dem Duft der blühenden Bäume. Elphame kam es vor, als würde sie durch eine Aquarellzeichnung schreiten. Sie fühlte, wie sie sich beinahe gegen ihren Willen entspannte. Hier draußen, mit Brenna und Brighid an ihrer Seite, die sich angeregt über die Ereignisse des Tages unterhielten, war es schwer zu glauben, dass sie noch vor wenigen Augenblicken mit der Erscheinung des Clanführers gesprochen hatte, der seit über einem Jahrhundert tot war. Elphame zweifelte nicht an dem, was sie erlebt hatte. Es war nur so, dass ihr seit Jahren nichts passiert war, das auch nur annähernd etwas Magisches hatte. Bis zum heutigen Morgen war ihr das Reich der Spiritualität verschlossen gewesen. Jetzt sprachen sowohl die Geister der Steine als auch die der Toten zu ihr – und alles innerhalb der Spanne eines einzigen Tages. Sie vermutete, dass ihr Gehirn sich im Schockzustand befand und sie deshalb in der Lage war, weiterzugehen und zu lächeln und mit ihren Begleiterinnen zu plaudern, anstatt erstarrt und sabbernd auf der Stelle zu verharren. Nun ja, vielleicht war es eine kleine Übertreibung, dass sie nicht sabberte. Sie unterdrückte ein beinahe hysterisches Kichern. Dann hörte sie ihren Namen und nickte abwesend als Reaktion auf etwas, das Brenna sagte.
„Wundervoll! Siehst du, Brighid, ich hab dir doch gesagt, dass das eine gute Idee ist.“
„Seid Ihr sicher, Elphame?“
Der Ton, in dem die Jägerin die Frage stellte, drang durch Elphames inneren Dialog, und sie wandte sich wieder der Gegenwart zu und sah, dass Brenna sie strahlend anlächelte.
„Natürlich ist sie das. Du hast doch gesagt, dass es keine ausreichend große Badekammer für dich geben wird, und sieh doch, der Fluss bildet dort eine Art kleinen Teich. Der sollte für dich ausreichend sein.“
Elphame schaute in die Richtung, in die Brenna zeigte. Das Land fiel stetig ab und bildete ein steiniges stufenförmiges Areal zwischen hohen Pinien. Der Fluss, der neben der Straße floss und sie ab und zu sogar kreuzte, sprang über niedrige Schwellen von einer Stufe zur nächsten. Die drei Frauen schauten genauer hin und konntendurch das Laub des Waldes einen Blick auf ein kleines Becken erhaschen, das sich unterhalb der Stufen gebildet hatte. Von dort floss das Wasser weiter und verschwand auf der anderen Seite im Wald.
Elphame schaute die Heilerin an und versuchte ihren Schreck zu verbergen. Brenna wollte, dass sie dort draußen badeten? In dem Becken? Sie alle drei? Sie hatte nie in Gegenwart von Fremden gebadet – sie erlaubte nicht einmal den Tempeldienerinnen, mit ihr gemeinsam in der Badekammer zu sein. Könnte sie sich wirklich vor den beiden ausziehen?
Es klang wie etwas, das Gefährtinnen tun würden. Es klang normal.
„Ich finde, das ist eine gute Idee“, sagte Elphame darum mit fester Stimme.
Bevor sie ihre Meinung ändern konnte, verließ sie den Pfad und suchte sich um Felsbrocken und Steine herum einen Weg zum Wasserbecken. Brenna und Brighid folgten ihr. Ich schaffe das, sagte Elphame sich. Wenn sie normal behandelt werden wollte, musste sie anfangen, sich normal zu benehmen. Und „normale“ Frauen badeten miteinander, das wusste sie seit der Zeit, als sie als Kleinkind in die Badekammer ihrer Mutter gekrabbelt war, in der stets Geschäftigkeit herrschte. Andere Priesterinnen, die zu Besuch kamen, Freunde und Bekannte hatten gerne gemeinsam mit Eponas Auserwählter den Luxus der warmen Mineralquellen genossen. Elphames Schüchternheit war in Partholon die Ausnahme, nicht die Regel.
Am Rand des Beckens blieb sie stehen und wartete darauf, dass Brenna und Brighid zu ihr aufschlossen. Die Mulde war größer, als es von der Straße her ausgesehen hatte. Drei niedrige Wasserfälle plätscherten fröhlich hinein. Wie flüssige Kristalle ergoss sich das Wasser über die glatt geschliffenen Steine.
„Das sieht tief genug aus“, bemerkte Brenna.
„Es sieht auch kalt aus“, gab Brighid zu bedenken.
„Gut“, erwiderte die Heilerin und löste die schlichte Brosche, die ihr Kleid auf der rechten Schulter zusammenhielt. „Dann erfrischt es uns nach einem langen, schwitzigen Tag voller Arbeit.“ Sie öffnete ihr Mieder und zog ihr Oberteil aus. Dann fing sie an, die Knoten zu lösen, die ihren Rock, der einem Kilt ähnelte, sicher
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