Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
und Teeblättern, die auf dem Tisch standen. Brenna hatte sie dort stehen lassen. Sie musste sie in der Eile, mit der sie Elphames Sachen aus dem Zelt in die neuen Gemächer gebracht hatten, vergessen haben. Cuchulainn hatte versucht, Brenna zu überreden, selber in dieses Zelt zu ziehen, aber sie hatte darauf bestanden, dass er es bekam.
„Sie möchte ihr Zelt behalten“, grummelte er. „Sie mag es, weil es am Rand des Lagers liegt – weit weg von allen anderen. Allein.“
Seiner Meinung nach verbrachte Brenna zu viel Zeit am Rande des Lebens. Außer wenn jemand krank oder verletzt war, dann stürzte sie sich ins Gewühl, verwandelte sich von der scheuen, unsicheren Jungfrau in jemanden, der mit einem einzigen Blick eine ganze Armee befehligen konnte.
Zumindest das Herz eines Kriegers.
Cuchulainn machte seinem Frust Luft und schnaubte laut. So schwer war es noch nie gewesen. Wenn er bisher eine Frau gewollt hatte, war sie zu ihm gekommen. Er hatte nur lächeln, flirten, sie vielleicht ein wenig necken und locken müssen, aber sie kamen immer willig. Bis auf Brenna. Er wusste, dass es mit ihr anders sein würde. Zum einen, weil sie vollkommen unerfahren war. Normalerweise bevorzugte er keine Jungfrauen, außer während der Festlichkeiten zu Ehren der Göttin, wenn der Geist von Epona frei umherwanderte, sich junger Mädchen bemächtigte, ihre Körper führte und ihre Nerven beruhigte. Auch das war bei Brenna anders. Ihre Unschuld bezauberte ihn. Sie beherrschte jeden seiner Gedanken.
Er nahm einen weiteren großen Schluck Wein.
Also war er ihr gegenüber vorsichtig gewesen, hatte sie so sanft umschmeichelt, als wollte er einen scheuen Vogel auf seine Hand locken. Ihre Reaktion war verwirrend und frustrierend. Je mehr Aufmerksamkeit er ihr schenkte, desto weiter floh sie vor ihm. Dochwenn er nicht versuchte, sie zu umgarnen – wie zum Beispiel, als sie gemeinsam Elphames Gemächer vorbereitet hatten oder als er sie wegen des Unfalls des Arbeiters hatte holen müssen –, sprach sie mit ihm locker und ohne Probleme. Es war, als vergäße sie in diesen Momenten, wer sie war – das schien für sie die einzige Möglichkeit zu sein, sich in seiner Gegenwart zu entspannen.
Kein sonderlich schmeichelhafter Gedanke.
Er versuchte sie zu verstehen. Er wusste, ihre Zurückhaltung anderen gegenüber – vor allem Männern – lag an ihrer Verletzung. Wie Elphame gesagt hatte, ihre Narben überzogen nicht nur ihr Gesicht. Sie hatten ihre Seele genauso wie ihren Körper verletzt, aber es fiel ihm immer schwerer, das im Kopf zu behalten.
„Ich habe aufgehört, die verdammten Narben zu sehen.“ Er lallte ein wenig, doch das war ihm egal. Er war allein. Genau wie sie. „Wie kann ich ihr das sagen, wenn sie mich nicht näher an sich heranlässt?“ Wie konnte er ihr sagen, dass ihr Gesicht zu ihr gehörte, so wie es war? Dass die Narben waren wie ihre Augen, ihr Haar und der Rest ihres Körpers – sie waren einfach sie.
Die Ironie der Situation entging ihm nicht. Komplimente kamen ihm normalerweise so leicht über die Lippen. Er hatte immer gedacht, dass seine Fähigkeit, mit Worten umzugehen, die Frauen mehr verzauberte als sein Körper oder sein Gesicht. Er wusste, der einfachste Weg zum Körper einer Frau führte über die Verführung ihres Geistes. Frauen wollten ungeteilte Aufmerksamkeit. Sie wollten mit Respekt behandelt werden, das bedurfte eines Mannes, der sich auf sie konzentrierte und auf ihre individuellen Wünsche und Sehnsüchte einging. Er war ein Meister in diesem Spiel. Doch jetzt war er besessen von einer Frau, die vor seinen Worten scheute und sich in seiner Gegenwart nur entspannte, wenn er sich nicht auf sie konzentrierte und sie nicht miteinander sprachen.
„Bei der Göttin! Ich weiß nicht, was ich tun soll.“
Er wollte aufstehen und unruhig hin und her gehen, aber der Boden des Zeltes schwankte unerwartet ein wenig, also begnügte er sich damit, mit den Fingern auf die Tischplatte zu klopfen.
Dieser Abend war ein glänzendes Beispiel für seine Ungeschicktheit gewesen. Er hatte gedacht, dass alles gut sei. Brenna hatte ihn damit überrascht, dass sie sich zu ihnen an den Haupttisch setzte. Er hatte geglaubt, dass das definitiv ein Schritt in die richtige Richtungwar. Im Nachhinein erkannte er, dass sie nur ein Auge auf ihre prominente Patientin haben wollte und das Ganze nichts mit ihm zu tun gehabt hatte. Doch Elphames Vereidigung des Clans und die Ausgelassenheit der Menschen an
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