Erhört: New Tales of Partholon 4 (German Edition)
weißt du es.“
„Also sagst du, dass ich meinem Herzen vertrauen soll?“
„Nicht deinem Herzen, Mädchen“, erwiderte er mit tiefer Stimme. „Sei nicht dumm. Nicht dein Herz hat dich hierher geführt, damit du die MacCallan wirst. Das war dein Blut – deine Seele. Hör dorthin, nicht auf so etwas Launisches wie dein Herz.“
Elphame seufzte. Man sollte meinen, dass die Unterhaltung mit einem Geist aus der Vergangenheit eine erhellende Erfahrung wäre, doch falsch gedacht. Sie sollte auf ihr Blut und ihre Seele hören? Sie hatte keine Ahnung, was er damit meinte.
„Es erfreut mich, dass du mein Geschenk trägst.“ Mit einem durchsichtigen Finger zeigte er auf die Brosche, die den safrangelben Stoff über ihrer Brust zusammenhielt.
Sie berührte die Brosche leicht. „Es ist mir sehr wichtig, dass du sie mir gegeben hast.“ Die Erinnerung daran, wie sie seinen Tod mit ansah, huschte durch ihre Gedanken. „Aber ich hätte lieber nicht gesehen, wie du gestorben bist. Es … es war …“ Sie räusperte sich. Sie hatte erst ein Mal zuvor mit ihm gesprochen, und doch fühlte sie sich dem alten Geist sehr verbunden. Durch unser gemeinsames Blut … Der Gedanke kam ihr plötzlich, und sie merkte, dass er wahr war. Sie fühlte sich durch ihr Blut mit dem MacCallan verbunden, ähnlich wie sie sich dem Fundament der Burg verbunden fühlte. „Es war grausam. Ich weiß, dass dutot bist.“ Sie lächelte, als er verächtlich schnaubte. „Aber zuzusehen, wie du stirbst, war sehr schwer.“
MacCallan hielt ihren Blick. „Wenn es nicht schwer ist, lohnt es nicht, es zu tun.“
Elphame zuckte bei diesen Worten zusammen. Wie konnten Worte, von einem Urahn gesprochen, denen einer Kreatur so ähnlich sein, die halb Fomorianer war? Kreatur – ihr Herz rebellierte gegen dieses Etikett, das ihr Geist ihm verlieh.
„Du siehst müde aus. Ich werde dich jetzt in Ruhe lassen. Und glaube nicht, dass ich dich beobachte und dir nachspioniere. Die Burg und der Clan gehören jetzt dir.“
„Du wirst aber nicht für immer gehen, oder?“, fragte sie, während seine Form zu verschwimmen begann.
„Nein, Mädchen. Ich bin immer hier, wenn du mich brauchst …“
Langsam und vorsichtig stieg Elphame die gewundene Treppe in ihr Schlafzimmer hinunter. MacCallan hatte recht. Sie war erschöpft. Zum Glück hatte die Anstrengung, auf den Turm hinauf- und wieder von ihm herunterzusteigen, die gleiche Wirkung wie einer von Brennas Tees. Als Elphame in ihr frisch bezogenes Bett fiel, kam der Schlaf schnell und ließ sie sanft in die Bewusstlosigkeit gleiten.
Sie träumte, dass sie durch die Burg ging, die, völlig restauriert, in neuem Glanz erstrahlte. Überall hingen bunte Wandteppiche, Glasfenster mit Facettenschliff reflektierten das Licht von Hunderten Kerzen in Kronleuchtern, die von der perfekt renovierten Decke hingen. Sie betrat das Herz der Burg, den Innenhof, wo die mächtigen Säulen wie stumme Wächter standen. Lächelnd näherte sie sich dem sprudelnden Springbrunnen, doch der unerwartete Anblick vor ihr ließ sie abrupt stehen bleiben. Die Statue zeigte nicht länger die kindliche Version ihrer Vorfahrin Rhiannon, sondern war eine lebensgroße Nachbildung von ihr selbst, Elphame. Ihr Spiegelbild stand mitten im Brunnen. Scharlachrotes Wasser floss aus den offenen Wunden, die ihren Körper bedeckten. Schillernde geflügelte Wesen drängten sich um das Becken, tauchten ihre Hände in das blutige Wasser und tranken davon. In ihrem Traum nahm Elphame die Kreaturen oder das Blut, das aus ihrem Marmorkörper strömte, kaum wahr. Ihre Aufmerksamkeit war auf das Gesicht der Statue gerichtet – ihr Gesicht. Inmitten all des Chaos und des Bluteswirkte dieses Gesicht strahlend und gelassen. Elphame fühlte sich zu dem Geschehen hingezogen und ging darauf zu, bis ein einziges Wort ihren Traum zerschmetterte.
„Nein!“, schrie jemand. Es war Lochlans Stimme.
Elphame wurde aus dem Schlaf gerissen und warf sich unruhig hin und her, bis die Erschöpfung sie wieder übermannte und sie traumlos weiterschlief.
21. KAPITEL
Cuchulainn hatte keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Alles war gut gelaufen. Es gab Zeiten, da wirkte Brenna in seiner Nähe beinahe so entspannt wie seine Schwester. Er hatte schwer dafür gearbeitet, dass das so war. Während er sich den steifen Nacken massierte, nahm er einen tiefen Schluck aus seinem halb leeren Weinschlauch. Dann saß er da und spielte unruhig mit den kleinen Töpfchen mit Kräutern
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