Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eric

Eric

Titel: Eric Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
erlebt ihr euer blaues Wunder.«
»Ich nehme an, deine Kameraden bringen den Gegenstand in die Stadt«, fuhr Rincewind fort.
    »Vielleicht«, räumte der Soldat ein.
Eric kicherte.
Es dauerte nicht sonderlich lange, bis der Wächter das Geschrei in der
    Ferne hörte. Jemand blies in ein Signalhorn, aber nach einigen eher schrillen Tönen verklang es wieder.
»Dort draußen scheint ein Kampf stattzufinden«, sagte Rincewind.
    »Leute, die sich ihre Sporen verdienen, Heldentaten vollbringen, ihren vorgesetzten Offizieren angenehm auffallen und dergleichen. Tja, und du sitzt hier bei uns.«
»Ich muß auf meinem Posten bleiben«, betonte der Wächter. »Genau die richtige Einstellung«, lobte Rincewind. »Es sollte dir völlig
    gleich sein, daß deine Gefährten tapfer Stadt und Frauen gegen den Feind verteidigen und dabei jede Menge Ruhm erringen. Begnüg du dich mit der Aufgabe, uns zu bewachen. Ja, so ist’s recht. Wahrscheinlich setzt man dir ein Denkmal auf dem größten Platz – wenn der größte Platz nachher noch existiert –, mit der Aufschrift: ›Er hat seine Pflicht erfüllt‹.«
    Während der Soldat darüber nachdachte, tönte lautes Krachen aus der Richtung des Haupttors. Es klang nach splitterndem Holz. »Hört mal…«, stieß der Wächter verzweifelt hervor. »Wenn ich euch nur ganz kurz allein lasse…«
»Kein Problem«, versicherte ihm Rincewind. »Wir sind nicht einmal bewaffnet.«
»Ja, genau«, erwiderte der Soldat. »Danke.«
    Er sah Rincewind an, lächelte besorgt und eilte davon. Eric musterte den Zauberer, und sein Blick verriet Bewunderung.
»Das war wirklich bemerkenswert«, sagte er.
    »Der Bursche wird es noch weit bringen«, meinte Rincewind. »Hat einen außerordentlich guten militärischen Verstand. Komm, laß uns verschwinden!«
    »Wohin?«
Rincewind seufzte. Er hatte häufig versucht, seine elementare Philo
    sophie zu erklären, aber aus irgendeinem Grund waren die anderen Leute immer schwer von Begriff.
    »Mach dir keine Sorgen über das Wohin «, antwortete er. »Nach meiner Erfahrung erledigt sich das von ganz allein. Weg von hier – nur darauf kommt es an.«
    Der Hauptmann spähte vorsichtig über die Barrikade und knurrte. »Es ist nur eine kleine Kiste, Feldwebel«, sagte er scharf. »Sie könnte nicht einmal ein oder zwei Männer aufnehmen.«
    »Bitte um Verzeihung, Sir«, erwiderte der Feldwebel mit dem Gesicht eines Mannes, dessen Welt sich in den vergangenen Minuten erheblich verändert hatte. »Sie enthält mindestens vier, Sir. Ich meine den Obergefreiten Nichtsnutz und seine Gruppe, Sir. Ich habe sie beauftragt, das Ding zu öffnen, Sir.«
    »Bist du betrunken?«
»Noch nicht, Sir«, sagte der Feldwebel mit Nachdruck.
»Kleine Kisten fressen keine Menschen.«
»Und dann wurde sie wütend, Sir. Du kannst es am Tor erkennen.« Der Hauptmann betrachtete noch einmal die gesplitterten Balken.
    »Bestimmt sind ihr Beine gewachsen, und dann lief sie dorthin, nicht wahr?« fragte er sarkastisch.
Der Feldwebel lächelte erleichtert. Endlich schien sein Vorgesetzter zu verstehen.
»Du hast es erfaßt, Sir. Beine. Hunderte von Beinen, Sir.«
    Der Hauptmann starrte ihn an. Der Feldwebel trug jenes Pokerface zur Schau, das von Unteroffizier an Unteroffizier vererbt wurde, seit die erste Protoamphibie einer anderen Protoamphibie, die unglücklicherweise einen niedrigeren Rang bekleidete, folgenden Befehl gegeben hatte: Stell eine Einsatzgruppe aus Molchen zusammen und erobere den Strand dort drüben. Der Hauptmann war achtzehn und kam frisch von der Akademie, wo er in Fächern wie Klassische Taktik, Abschiedsreden und Militärische Grammatik glänzend abgeschnitten hatte. Der Feldwebel hingegen war fünfundfünfzig, und ihm fehlte eine Akademie-Ausbildung. Dafür hatte er die vergangenen vierzig Jahre damit verbracht, von Harpyien, Menschen, Zyklopen, Furien und gräßlichen Dingen auf Beinen angegriffen zu werden. Er fühlte sich ausgenutzt.
    »Nun, ich sehe mir die Sache aus der Nähe an, Feldwebel…« »Das ist kein guter Plan, Sir, wenn du mir diese Bemerkung gesta…«
    »Und nachdem ich mir die Sache aus der Nähe angesehen habe, Feldwebel, wird’s Ärger geben.«
Der Feldwebel salutierte. »Du hast völlig recht, Sir«, prophezeite er.
    Der Hauptmann schnaufte abfällig, kletterte über die Barrikade hinweg und näherte sich der Kiste, die stumm und reglos auf dem Boden lag, umgeben von Verheerung. Unterdessen hockte sich der Feldwebel hinter den dicksten Balken weit und

Weitere Kostenlose Bücher