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Eric

Eric

Titel: Eric Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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werden.«
    Sie näherten sich der Wassergrenze, und Lavaeolus schwamm zu seinem Schiff, das auf dunklen Wellen schaukelte. Rincewind sah ihm nach und beobachtete, wie er an Bord kletterte. Kurze Zeit später wurden die Ruder gelichtet – oder wie immer man es nannte, wenn man sie durch die Löcher in den Seiten zog –, und das Schiff segelte langsam von dannen.
    Einige Stimmen glitten über die Brandung hinweg.
»Richte das spitze Ende dorthin, Feldwebel.«
»Aye, aye, Herr!«
»Und schrei nicht. Habe ich dich aufgefordert, laut zu schreien? War
    um müßt ihr dauernd schreien? Ich gehe jetzt nach unten und horche an der Matratze.«
    Rincewind schlurfte über den Strand. »Das Problem ist: Es wird nie besser. Es bleibt alles beim alten, nur noch etwas mehr. Aber er hat auch so schon genug Sorgen.«
    Hinter ihm putzte sich Eric die Nase.
»Nie zuvor habe ich etwas Traurigeres gehört«, sagte er.
Etwas weiter entfernt am Strand saßen Ephebianer und Tsortaner an
    Lagerfeuern und feierten.
»… war auch die Dorfharpyie dabei…«
    »Komm«, murmelte Rincewind, »kehren wir ebenfalls heim! Ich hoffe nur, daß es bei uns nicht zehn Jahre dauert.«
    »Kennst du die Bedeutung seines Namens?« fragte Eric, als sie über den Sand schritten.
»Nein. Was bedeutet er?«
    »Wenn man ›Lavaeolus‹ übersetzt, so wird › Spüler der Winde‹ daraus, beziehungsweise ›Rinser of winds‹.«
Rincewind sah den Jungen an.
»Er ist mein Vorfahr?«
    »Wer weiß?« erwiderte Eric.
    »Potzblitz.« Der Zauberer dachte darüber nach. »Ich hätte ihm raten sollen, nie zu heiraten. Oder darauf zu verzichten, Ankh-Morpork zu besuchen.«
    »Wahrscheinlich ist die Stadt noch gar nicht gebaut…«
Rincewind versuchte, mit den Fingern zu schnippen.
Diesmal funktionierte es.
    Astfgl lehnte sich zurück und überlegte, was mit Lavaeolus geschehen sein mochte.
    Götter und Dämonen sind Geschöpfe außerhalb der Zeit, und deshalb bewegen sie sich nicht darin wie Blasen in einem Fluß. Für sie passiert alles gleichzeitig. Daraus müßte man eigentlich den Schluß ziehen, daß sie genau wissen, was geschehen wird, weil es in gewisser Weise schon zur Vergangenheit gehört. Doch das ist nicht der Fall. Als Begründung mag hier folgendes angeführt werden: Die Realität stellt einen ziemlich großen Ort dar, an dem sich viel Interessantes abspielt, und das Bemühen, die Übersicht zu behalten, gleicht dem Umgang mit einem sehr großen Videorecorder ohne Bandzähler und Standbild-Taste. Normalerweise ist es einfacher, abzuwarten und zuzusehen.
    Der Dämonenkönig beschloß, irgendwann einmal die relative Vergangenheit zu besuchen und als Zuschauer an Lavaeolus Abenteuern teilzunehmen.
    Im Augenblick – falls ein solcher Ausdruck in Hinsicht auf einen Bereich außerhalb von Raum und Zeit verwendet werden kann – entwikkelten sich die Dinge nicht wunschgemäß. Eric erweckte den Eindruck, etwas sympathischer geworden zu sein, und das gefiel Astfgl ganz und gar nicht. Darüber hinaus schien er den Lauf der Geschichte geändert zu haben, und das war völlig unmöglich – der Lauf der Geschichte läßt sich höchstens erleichtern.
    Die Situation verlangte nach einer drastischen Maßnahme, nach etwas, das die Seele zermalmte.
Der Dämonenkönig merkte, daß er sich am Schnurrbart zupfte.
Beim Fingerschnippen gibt es ein Problem: Man weiß nie, wohin es führt…
    Rincewind sah nur Schwärze. Es war keine Abwesenheit von Farbe, sondern eine Finsternis, die schlicht jede Möglichkeit leugnete, daß Farben jemals existiert hatten.
    Seine Füße berührten nichts, und er schien zu schweben. Etwas anderes fehlte, und er überlegte konzentriert.
»Bist du da, Eric?« fragte er zaghaft.
»Ja«, erklang eine deutliche Stimme in der Nähe. »Bist du ebenfalls da, Dämon?«
»Ich, äh, denke schon.«
»Wo sind wir? Fallen wir in die Tiefe?«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Rincewind. Er sprach aus Erfahrung. »Es zischt nicht. Wenn man fällt, zischt die Luft, und man spürt ziemlich starken Wind. Außerdem zieht das ganze Leben vor dem inneren Auge vorbei, und bisher ist mir nichts Vertrautes aufgefallen.«
»Rincewind?«
»Ja?«
»Wenn ich den Mund öffne, bleibt alles still.«
»Sei nicht d…« Der Zauberer zögerte. Auch er verursachte keinen Laut. Er wußte genau, was er sagte, doch die Worte erreichten nicht den Rest der Welt. Trotzdem verstand er Eric. Vielleicht sparte sich Gesprochenes den Umweg über die Ohren und erreichte sofort das

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