Erik der Wikinger
wegen Atli den Guten getötet hast und daß du drauf und dran warst, Swanhild zu heiraten und den Thron des Grafen der Orkney-Inseln zu besteigen.«
»Und weshalb wurde ich vom Althing zum Gesetzlosen erklärt?«
»Aus diesem Grund, Erik«, sagte Björn. »Du hast Swanhild übel mitgespielt, gegen ihren Willen Schande über sie gebracht und danach den Grafen, ihren Mann, getötet.«
»Welche dieser Geschichten ist nun wahr? Denn beide können ja nicht wahr sein«, sagte Hellauge. »Sprich, Swanhild.«
»Du weißt nur zu gut, daß die letztere wahr ist«, sagte Swanhild kühn.
»Wie kommt es dann, daß du Hall mit dieser Botschaft zu Gudruda geschickt hast? Wie kommt es dann, daß du ihr diese Haarlocke geschickt hast, die zu erhalten du mich getäuscht hast?«
»Ich habe Hall mit keiner Botschaft losgeschickt, und ich habe keine Haarlocke geschickt«, gab Swanhild zurück.
»Dann tritt du vor, Hall!« sagte Erik, »und obwohl du ein Lügner und Feigling bist, wage es jetzt nicht, etwas anderes als die Wahrheit zu sprechen! Nein, schau nicht zur Tür, denn wenn du dich rührst, wird dieser Speer dich finden, bevor du auch nur einen Schritt getan hast!«
Nun trat Hall zitternd vor Furcht vor, denn er sah, daß Skallagrim genau auf ihn achtete, und während Lammschweif ihn unter Beobachtung hielt, spielten seine Finger mit dem Axtgriff.
»Es ist wahr, Herr, Swanhild hat mich mit der Botschaft losgeschickt, die ich der Herrin Gudruda überbracht habe. Auch bat sie mich, ihr die Haarlocke zu geben.«
»Und für diesen Dienst hast du Geld genommen, Hall?«
»Ay, Herr, sie gab mir Geld für die Reise.«
»Und das alles, obwohl du wußtest, daß die Nachricht falsch war?«
Hall erwiderte nichts darauf.
»Antworte!« donnerte Erik. »Sag die Wahrheit, Bursche, oder bei jedem Gott, der die hundert Tore durchschreitet, werde ich dich kein zweites Mal verschonen!«
»Es ist so, Herr«, sagte Hall.
»Du lügst, Fuchs!« rief Swanhild, weiß vor Zorn, und warf einen haßerfüllten Blick auf Hall. Aber die Männer achteten nicht auf Swanhilds Worte, denn alle Augen waren auf Erik gerichtet.
»Wollt ihr nun, Gefährten, daß ich euch die Wahrheit verrate?« rief Hellauge.
»Ja!« rief der größte Teil der Hochzeitsgesellschaft, doch Ospakars Männer schwiegen.
»Fahre fort, Erik«, sprach Gudruda.
»Das ist also die Wahrheit: Swanhild die Vaterlose, Atlis Weib, hat stets meine Liebe gesucht, und sie hat Gudruda, die ich liebe, stets gehaßt. Von Kind an hat sie versucht, Zwietracht zwischen uns zu säen. Ay, und sie hat dies getan, obwohl wir es bis heute verborgen haben: Sie wollte Gudruda ermorden. Es war an dem Tag, als Skallagrim und ich Ospakar und seine Leute auf den Pferdekopfhöhen besiegten. Sie stieß Gudruda von der Kante der Goldenen Fälle, als sie das Wasser betrachtete, und als sie dort hing, zog ich sie zurück. Ist es nicht so, Gudruda?«
»Es ist so«, sagte Gudruda.
Nun murrten die Männer und sahen zu Swanhild hinüber. Aber sie schreckte zurück und nestelte an ihrem purpurnen Mantel.
»Aus diesem Grund«, sagte Erik, »stellte Asmund, Swanhilds Vater, sie vor die Wahl, Atli den Grafen zu heiraten und Island zu verlassen oder ihr Urteil im Ring des Verderbens anzunehmen. Sie heiratete Atli und ging fort. Danach ließ sie durch Hexerei mein Schiff vor der Insel Straumey sinken – ay, sie ging wie eine Lichtgestalt über das Wasser und lockte uns ins Verderben, so daß alle außer Skallagrim und mir ertranken. Ist es nicht so, Skallagrim?«
»Es ist so, Herr. Ich sah sie mit eigenen Augen.«
Wieder murrte das Volk.
»Dann mußten wir in Atlis Halle sitzen«, fuhr Erik fort, »und dort den letzten Winter verbringen. Für eine Weile richtete Swanhild kein Unheil an, bis ich sie nicht mehr fürchtete. Aber vor etwa drei Monaten war ich mit ihr allein. Und ein Mann namens Koll, Groas Leibeigener, den ihr ja kennt, kam von Island und brachte Nachrichten über den Tod Asmunds des Priesters, meiner Base Unna und Groas der Hexe. Swanhild bestach ihn, diesen schlechten Nachrichten noch etwas hinzuzufügen: daß du, Gudruda, mit Ospakar verlobt seist und ihn am letzten Jultag heiraten würdest. Überdies brachte er mir eine gewisse Botschaft von dir, Gudruda, und als Beweis ihrer Wahrheit die Hälfte dieser Münze, die ich vor langer Zeit mit dir gebrochen habe. Sag nun, Herrin, hast du die Münze geschickt?«
»Nein, niemals!« rief Gudruda. »Vor vielen Jahren habe ich die Hälfte, die du mir
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