Erik der Wikinger
Hand, wenn du es nehmen willst! Schlag mir den Kopf ab, wenn du willst, und bringe ihn Gudruda der Schönen – sie wird dir für das Geschenk danken. Schlag zu, Lammschweif – schlag mit deiner Axt zu!«
»Kindergeschwätz!« sagte Skallagrim.
»Kindergeschwätz, aber Männerarbeit! Du hast noch nicht die ganze Geschichte gehört. Swanhild hat Besitz von meinen Ländereien genommen und sitzt hier auf dem Kaltrücken! Und – was glaubst du, Skallagrim? – gerade erst ist sie als Gast zum Hochzeitsfest Ospakar Schwarzzahns mit Gudruda der Schönen geritten! Swanhild auf Gudrudas Hochzeit! Der Adler im Nest des wilden Schwans! Aber es wird noch einen Gast geben.« Und wieder lachte er laut auf.
»Noch zwei Gäste«, sagte Skallagrim.
»Mehr von deiner Geschichte, Amme – mehr von deiner Geschichte!« sprach Erik. »Keine bessere hast du mir je erzählt, als ich als Junge in kalten Winternächten neben dir am Kamin saß – und die Gesellschaft ist der Geschichte angemessen!« Und er deutete auf die tote Saevuna.
Da fuhr die Alte fort. Sie erzählte, wie Hall von Lithtal nach Island gekommen war, und welche Nachricht er Gudruda überbracht hatte. Und sie sprach von seiner Haarlocke.
»Was habe ich gesagt, Herr?« unterbrach Skallagrim. »An Hall hast du ein Wiesel, das immer wieder an dir nagen wird.«
»Ihn werde ich sicherlich noch um einen Kopf kürzer machen«, sprach Erik.
»Nein, Herr, den überlasse mir – Ospakar für dich, Hall für mich!«
»Wie du willst, Berserker! So viele können wir auswählen und herauspicken. Fahre fort, Amme!«
Dann erzählte sie, wie Swanhild nach Island gekommen war und, nachdem sie den Beistand Ospakar Schwarzzahns und Gizurs gewonnen hatte, beim Thing Klage gegen Erik vorgebracht hatte. Ihr falsches Zeugnis hatte Erik in Abwesenheit zum Geächteten gemacht. Sie erzählte auch, daß Gudruda sich mit Ospakar verlobt hatte und daß Swanhild zum Kaltrücken gezogen war und Besitz von den Ländereien ergriffen hatte. Schließlich erzählte sie, daß Saevuna sich vom Sterbebett erhoben hatte und nach Middalhof gegangen war, und von den Worten, die sie zu Björn und Ospakar gesprochen hatte. Und von ihrem Tod in der Halle von Middalhof.
Als alles gesagt war, kniete Erik nieder und küßte die kalte Stirn seiner Mutter.
»Es ist wenig Zeit, dich jetzt zu beerdigen, Mutter«, sagte er, »und vielleicht wird es, bevor nicht einmal sechs Stunden vergangen sind, einen geben, der an deiner Seite begraben werden muß. Dennoch wirst du an einem besseren Ort als diesem ruhen.«
Dann schnitt er die Stricke los, die Saevuna an den Stuhl fesselten, und er hob sie hoch und trug sie in die Halle. Dort setzte er die Tote auf den Hohesitz.
»Wir brauchen noch nicht aufzubrechen, Skallagrim«, sagte Erik, »wenn du mich wirklich zu einem Besuch auf Middalhof begleiten willst. Daher laß uns essen und trinken, denn heute sind noch einige Taten zu vollbringen.«
So suchten sie Fleisch und Met und aßen und tranken. Dann wusch sich Erik, und er kämmte seine goldenen Locken und überprüfte seinen Harnisch und Weißfeuers Klinge. Auch Skallagrim schärfte seine Axt auf dem Wetzstein im Hof und sang lauthals dabei. Als alles bereit war und sie die Pferde eingefangen hatten, sprach Erik zu der Alten:
»Höre, Amme. Wenn du durch Zufall einen unserer Leute findest – und vielleicht werden nun, da Swanhild zum Middalhof geritten ist, einige aus den Bergen kommen, um zu spionieren – dann wirst du ihnen sagen, daß Erik Hellauge, wenn er noch lebt, morgen früh am Fuß des Moosbergs sein wird, und wenn sie der alten Tage und Kameradschaft willen einem freudlosen Mann Freunde sein wollen, dann sollen sie mit Verpflegung dorthin kommen, denn Verpflegung werde ich brauchen, und ich werde dann mit ihnen sprechen. Und nun leb wohl.« Und Erik küßte sie und ging, ließ sie weinend zurück.
Und wie der Zufall es wollte, kam kaum eine Stunde später Jon, Eriks Leibeigener, der zu Hause auf Island geblieben war, von den Bergen hinabgeschlichen, als er den Kaltrücken leer sah, und schaute sich um. Die Alte sah ihn und richtete ihm die Botschaft aus. Da ging er von dannen, um die anderen Männer zu suchen. Als er sie gefunden hatte, richtete er ihnen Eriks Worte aus, und als sie erfuhren, daß Erik noch lebte und auf Island weilte, überkam sie eine große Freude. Dann sammelten sie Vorräte und Waffen und ritten fort zum Fuß des Moosbergs, der jetzt Eriksberg heißt.
Ospakar saß in
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