Erik der Wikinger
du von deinem Herrn?«
»Ich weiß nur«, sagte Gudruda, »daß ich keinen Mann heiraten werde, der vor allen anderen ›Feigling‹ genannt wird – und nicht das Schwert hebt.«
Gudruda sprach so, weil sie verrückt vor Liebe, Furcht und Scham war und sich wünschte, Erik möge Ospakar Schwarzzahn Auge in Auge gegenüberstehen, weil sie ihn nur so loswerden konnte.
»Solche Worte geziemen sich nicht für sanfte Lippen«, sagte Björn.
»Soll ich es also ertragen, Bruder«, gab Gudruda zurück, »daß der Mann, der mich sein Weib nennt, den Namen Ospakar der Feigling trägt? Wenn diese Schande getilgt ist, und erst dann, kann ich an eine Heirat denken. Ich werde niemals eines Feiglings Braut sein!«
»Hörst du, Ospakar Feigling?« sagte Erik. Dann gab er Skallagrim den Speer, den er in der Hand hielt, packte Weißfeuer am Griff, zerriß die Friedensschnüre und zog die Klinge aus der Scheide.
Nun strahlte das mächtige Schwert hell wie ein Blitz, der aus einer Wolke herabzuckt, und als es aufleuchtete, riefen die Männer: »Ospakar! Ospakar Feigling! Komm, gewinn Weißfeuer aus Eriks Hand zurück oder lade für immer Schande auf dich!«
Schwarzzahn konnte dies nicht länger ertragen. Er ergriff Schwert und Schild und stürmte brüllend los, wie ein Bär aus seiner Höhle, wie ein Wolf aus seinem Bau. Er kam heran, und der Boden erzitterte unter seinem massigen Körper.
»Endlich, Feigling!« rief Erik und sprang vor, um es mit ihm aufzunehmen.
»Zurück! Alle zurück, Männer!« rief Skallagrim. »Jetzt bekommen wir einen Kampf zu sehen!«
Und als er sprach, blitzten die großen Schwerter auf und prallten auf die Eisenschilde. So heftig waren die Schläge, daß Funken aus ihnen sprangen. Ospakar taumelte unter dem Aufprall zurück, und Erik wurde in die Knie gezwungen. Schon stand er wieder auf, doch dabei schlug Ospakar erneut zu und fegte dabei die Hälfte von Hellauges Schild hinweg, so daß es zu Boden fiel. Erik schlug zurück, doch Ospakar ging auf die Knie, und das Schwert zischte über ihn hinweg. Schwarzzahn zielte auf Eriks Beine; aber Hellauge sprang hoch und nahm keinen Schaden.
Nun riefen einige »Erik, Erik!« und andere wiederum »Ospakar! Ospakar!«, denn keiner wußte, welches Ende der Kampf nehmen würde.
Gudruda sah von ihrem Hohesitz aus zu, und als die Schläge fielen, kam und ging ihre Gesichtsfarbe.
Swanhild kam näher und sah ebenfalls zu, und sie wünschte sich in ihrem haßerfüllten Herzen, daß Erik zu Schande und zu Tode gebracht würde, denn sollte er siegen, war Gudruda Ospakar für immer los. Nun stand neben ihr Gizur, Ospakars Sohn, und auf der anderen Seite Björn. Diese beiden hielten auch den Atem an, denn sollte Erik siegen, würden all ihre Pläne zunichte werden.
Noch als er in die Luft sprang, schlug Erik mit aller Kraft zu. Der Schlag fiel auf Ospakars Schild. Er fuhr durch den Schild und traf die darunterliegende Schulter. Aber Schwarzzahns Harnisch war gut, und das Schwert traf ihn nicht mit der Klinge. Immerhin war der Schlag so gewaltig, daß Ospakar vier Schritt zurücktaumelte und zu Boden fiel.
Nun riefen die Leute wie aus einer Kehle »Erik! Erik!«, denn es schien, daß Ospakar erledigt sei. Auch Hellauge schrie laut auf und stürmte vor. Doch als er gelaufen kam, flüsterte Swanhild Björn etwas ins Ohr. Neben Björns Fuß lag die Hälfte von Eriks Schild, die Ospakars Schwert abgetrennt hatte. Gudruda sah, daß Björn mit dem Stiefel dagegenstieß, so daß sie vor Hellauges Füße rutschte. Mit dem rechten Fuß stieß er dagegen, er stolperte schwer, taumelte und schlug dann der Länge nach hin, und im Fallen streckte er den Schwertarm aus, um sich nicht selbst zu verletzen, so daß ihm Weißfeuer weit aus der Hand flog. Das Schwert fiel mit dem Griff nach unten, drehte sich dann in der Luft und bohrte sich mit der Spitze in den Lehm des Fußbodens. Als sich Ospakar vom Boden erhob, stieß er mit der Hand gegen Weißfeuers Griff. Er sah die Klinge, warf mit einem Schrei das eigene Schwert beiseite und ergriff Weißfeuer.
Ospakars Schwert flog davon; und von diesem Wurf berichtet man sich die folgende seltsame Geschichte, ob sie nun wahr ist oder nicht: Fern in der Ecke der Halle wartete Thorunna, jene Frau, die einst Skallagrim betrogen hatte, als er noch Ounound hieß. Sie war schweren Herzens in Ospakars Begleitung zum Middalhof gekommen; aber als sie ihren Gatten Skallagrim sah – den sie betrogen hatte, der wegen ihrer Verderbtheit zum
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