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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Stimmen.
    Was war es für eine Stimme, die sie dort über allen anderen vernahm – ohne das Echo?
    Mit dem Becher in der Hand beugte sich Gudruda vor und sah sich um. Dann schrie sie laut auf und deutete zur Tür; der Becher entfiel ihrer Hand und rollte über den Fußboden.
    Die Männer wandten sich um, um festzustellen, was Gudruda so verwirrt hatte. Sie sahen dies:
    Auf der Schwelle stand ein Mann, prächtig anzuschauen, und von seinem geflügelten Helm aus Gold blitzten die Sonnenstrahlen durch die düstere Halle. Der Mann war groß und stattlich. Er hatte langes, blondes Haar, das er um den Gürtel gebunden trug. In der linken Hand hielt er einen dreieckigen Schild, in der rechten einen Speer, und an seiner Hüfte hing ein mächtiges Schwert. Er war nicht allein, denn neben ihm stand, eine breite Axt auf der Schulter und den Schild in der Hand, ein anderer Mann, geschützt durch einen schwarzgefärbten Harnisch – ein Mann, fast so breit und groß wie der andere, mit Falkenaugen, einer Adlernase und schwarzem, von grauen Strähnen durchsetztem Haar.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Dann sagte eine Stimme:
    »Sieh an! Hier sind die Götter Baidur und Thor! Sie kommen von Walhalla, um dem Hochzeitsfest ihre Gnade zu erweisen!«
    Da rief der Mann mit dem goldblonden Haar mit so lauter Stimme, daß die Dachbalken schwangen:
    »In der Tat, hier sind Erik Hellauge und Skallagrim Lammschweif, die übers Meer gekommen sind, um diesem Fest ihre Ehre zu erweisen!«
    »Ich hätte mir keine schlechteren Gäste wünschen können!« murmelte Björn leise und erhob sich, um seinen Männern zu befehlen, sie hinauszuwerfen. Doch bevor er etwas sagen konnte, hatten der goldbehelmte Erik und der schwarzbehelmte Skallagrim die große Halle schon betreten. Seite an Seite durchquerten sie sie mit harten und kalten Gesichtern; und sie hielten erst inne, als sie vor dem Hohesitz standen. Erik blickte hinauf, und das Licht seiner Augen war wie das seines Schwertes. Die Männer waren erstaunt über seine Größe und wunderbare Schönheit, und er kam Gudruda wie ein Gott vor.
    »Hier sehe ich Gesichter, die mir bekannt sind«, sagte Erik. »Seid gegrüßt, Gefährten!«
    »Sei gegrüßt, Hellauge!« riefen die Leute von Middalhof und Swanhilds Eskorte; aber Ospakars Burschen legten die Hände auf die Schwertknäufe – auch sie kannten Erik. Denn die Männer liebten Erik immer noch, und die Leute seiner Heimat waren stolz auf die Taten, die er in anderen Ländern vollbracht hatte.
    »Sei gegrüßt, Björn, Asmunds Sohn!« sprach Erik. »Sei gegrüßt, Ospakar Schwarzzahn! Sei gegrüßt, Swanhild die Vaterlose, Atlis Hexenweib, Groas Hexenbalg! Sei gegrüßt, Hall von Lithtal, Hall der Lügner – Hall, der das Enterseil durchtrennte! Und auch dir Grüße, süße Braut, dir, Gudruda der Schönen!«
    Nun sprach Björn: »Ich nehme keine Grüße von einem Mann entgegen, der Schande auf sich geladen hat und zum Geächteten wurde. Verschwinde, Erik Hellauge, und nimm deinen Wolfshund mit, sonst wirst du bald steif und kalt hier liegen.«
    »Quieke nicht so laut, du Ratte, sonst werden dir die Hundezähne Kummer machen!« grollte Skallagrim.
    Aber Erik lachte laut und rief:
    »Es müssen Worte gesagt werden, und vielleicht werden ein paar Männer sterben, bevor ich diese Halle verlasse, Björn!«

 

    XXIV
    WIE DAS FEST VERLIEF
    »Hört mich an, ihr alle!« rief Erik.
    »Werft ihn hinaus!« sprach Björn.
    »Nein, metzelt ihn nieder«, sagte Ospakar. »Er ist ein Geächteter!«
    »Zuerst die Worte, dann die Taten«, gab Skallagrim zurück. »Du wirst reichlich Anteil an beiden haben, Schwarzzahn, bevor der Tag vorüber ist!«
    »Laßt Erik sagen, was er zu sagen hat«, sprach Gudruda und hob den Kopf. »Man hat ihn ungehört verurteilt, und ich will, daß er hier sprechen kann.«
    »Was hast du mit Erik zu tun?« schnaubte Ospakar.
    »Der Brautbecher ist noch nicht getrunken, Herr«, gab sie zurück.
    »Dann werde ich zu dir sprechen, Herrin«, sagte Erik. »Wie kommt es, daß du hier als Ospakars Braut sitzt, obwohl du mir versprochen bist?«
    »Frage Swanhild«, sagte Gudruda mit leiser Stimme. »Frage auch Hall von Lithtal dort, der mir Swanhilds Geschenk von Straumey brachte.«
    »Ich habe viele Fragen an Hall zu stellen, und er muß viele beantworten«, sagte Erik. »Welche Geschichte hat er dir von Straumey überbracht?«
    »Er sagte dies, Erik«, gab Gudruda zurück: »Daß du Swanhilds Geliebter warst; daß du Swanhilds

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