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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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dich!«
    Swanhild hörte diese Worte und sah in Gudrudas Gesicht, das feuerrot war, als stünde es in Flammen. Sie wollte antworten, aber kein Ton drang über ihre Lippen. Dann drehte sich Groas Tochter um und ging, und mit ihr ging Gizur.
    Nun kamen Frauen und Knechte und suchten die Verwundeten und die, die noch atmeten, unter den Toten heraus und trugen sie zum Tempel. Sie trugen auch Ospakars Leiche fort, ließen die anderen jedoch liegen.
    Die ganze Nacht lang saß Gudruda auf dem Brautsitz. Dort saß sie in der silbernen Sommermittnacht und betrachtete die Toten, die in der großen Halle verstreut lagen. Die ganze Nacht saß sie allein auf dem Brautsitz und dachte unentwegt nach.
    Wie würde alles enden? Dort lag ihr Bruder Björn, schon erkaltet – Björn, von Hellauge rechtens getötet; doch wie konnte sie den Mann heiraten, der ihren Bruder erschlagen hatte? Von Ospakar war sie durch den Tod getrennt; von Erik war sie durch das Blut ihres Bruders Björn getrennt! Wie konnte sie dieses verworrene Knäuel lösen und damit diesen See des Todes bedecken? Alles war falsch gelaufen! Auf ihr lastete das Verderben! Sie hatte für einen schlechten Zweck gelebt – ihre Liebe hatte Unheil hervorgebracht! Was nützte es, eine der schönsten Frauen zu sein, wenn sie etwas begehrte, das ihr verweigert blieb? Und sie selbst war Schuld daran – sie hatte einen Stein ins Rollen gebracht, der sie nun zerschmetterte! Warum hatte sie sich diese falsche Geschichte nur angehört?
    Gudruda saß auf dem hohen Brautsitz und erbat Weisheit von den sich auftürmenden Toten, während die kalten blauen Schatten der nachtlosen Nacht über sie und die Leichen fielen – und dann verblichen und schließlich zu Tageslicht wurden.

 

    XXVI
    WIE ERIK SICH ZUM MIDDALHOF HINABWAGTE
    UND WAS ER FAND
    Gizur zog nach Norden zum Schweinsberg, und Swanhild ging mit ihm. Da Ospakar nun durch Eriks Hand gestorben war, herrschte Gizur an seiner Statt am Schweinsberg und war der mächtigste Herr im ganzen Norden. Er liebte Swanhild und wollte sie zu seiner Frau machen; aber sie spielte mit ihm und sprach geheimnisvoll von dem, was vielleicht kommen mochte. Swanhild wollte die Frau keines Mannes werden, es sei denn die Eriks; bei allen anderen war sie so kalt wie der Winterboden. Doch sie narrte Gizur, wie sie schon Atli den Guten genarrt hatte, und er wurde blind vor Liebe zu ihr. Denn Swanhilds Schönheit strahlte noch, wie der Mond am Himmel strahlt, und ihre verderbten Augen leuchteten, wie die Sterne leuchten, wenn der Mond untergegangen ist.
    Nun kamen sie zum Schweinsberg, und dort begrub Gizur seinen Vater Ospakar Schwarzzahn mit großem Pomp. Er legte ihn in eine Kammer aus Felsen und Baumstämmen auf einem Berggipfel, von dem er alle Ländereien sehen konnte, die ihm einst gehört hatten. Und ringsherum errichtete er einen großen Erdwall. Bis zum heutigen Tag erzählen sich die Leute, daß Ospakar in der Julnacht aus seiner Gruft aufersteht und der blonde Erik aus dem Himmel hervorreitet, um mit ihm zu kämpfen. Dann ertönt das Klingen aufeinanderprallender Schwerter und Gestöhne, und das Geräusch, das einen Helm spaltet, bis Hellauge schließlich auf dem Wind gen Süden reitet und in der Hand die Hälfte seines gespaltenen Schildes trägt.
    So band Gizur seinem Vater die Höllenschuhe an und schwor, nicht zu ruhen oder zu rasten, bis Erik Hellauge und Skallagrim Lammschweif tot waren. Dann versammelte er eine große Schar Männer um sich und ritt gen Süden zum Kaltrücken, um Erik zu töten, und Swanhild begleitete ihn.
    Gudruda saß allein in der heimgesuchten Halle von Middalhof und dachte über ihren Liebsten und ihr Schicksal nach. Und auch Erik saß in der Höhle auf dem Moosberg und brütete über sein böses Schicksal. Sein Herz war krank vor Leid, und er konnte nur wenig tun – außer über die Vergangenheit nachzudenken. Er wollte nicht auf Raubzüge gehen, wie es die Art der Geächteten war, und es bestand auch kein Grund dazu. Denn die Geschichte seiner mächtigen Taten hatte sich schon übers Land verbreitet, so daß das Volk kaum von etwas anderem sprach. Und die Männer der Umgebung waren so stolz auf Eriks Taten, daß sie – obwohl beim großen Kampf auf Middalhof ein paar der ihren durch seine oder Skallagrims Hand umgekommen waren – dennoch von ihm sprachen wie von einem Gott. Überdies machten sie ihm Nahrung, Kleidung und Waffen zum Geschenk, soviel seine Leute nur tragen konnten, und legten sie in einer

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