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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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von allen Lebenden am meisten hasse und deren Tücke dieses Leid über uns gebracht hat?«
    Aber Gudruda antwortete nicht.
    »Und was den Tod Björns durch meine Hände betrifft, Gudruda, so bedenke: Willst du ihn mir zum Vorwurf machen? Hat Björn mir nicht den gespaltenen Schild vor die Füße gestoßen und mich Ospakar waffenlos ausgeliefert? Wollte er mich nicht hinterrücks töten, und hätte er mich nicht getötet, hätte Skallagrim den Schlag nicht abgefangen? Willst du mir wirklich vorwerfen, daß ich zurückgeschlagen habe und das Schwert sein Ziel gefunden hat? Willst du diese unabdingbare Tat zwischen unserer Liebe stehenlassen? Sprich, Gudruda!«
    »Sprich nicht mehr von Liebe zu mir, Erik«, gab sie zurück. »Björns Blut hat unsere Liebe befleckt; es schreit mich um Rache an. Wie könnte ich zu dem von Liebe sprechen, der meinen Bruder getötet hat? – Hör zu!« fuhr sie fort und musterte ihn von der Seite wie jemand, der sehen will und doch nicht sehen kann. »Du mußt dich eine Stunde lang hier verstecken, und da du diese Stunde nicht schweigend verbringen wirst, sag mir wenigstens keine zärtlichen Worte, denn sie sind nicht angemessen. Erzähle mir lieber von den Taten, die du in den Ländern südlich des Meers vollbracht hast, bevor du um Swanhild warbst und herkamst, um meinen Bruder zu töten. Denn bis zu diesem Moment warst du mein – bis zu diesem Augenblick habe ich dich geliebt, und nun liebe ich dich nicht mehr. Daher möchte ich von den Taten jenes Eriks hören, den ich liebte, bevor er für mich starb.«
    So erzählte Erik ihr all seine Taten, obwohl er sich ihrer kaum rühmte. Er erzählte ihr, wie er Ospakars Kriegsdrachen zermalmt, die Rabe geentert, und mit Skallagrim alle, die auf ihm segelten, getötet hatte. Er erzählte ihr auch von seinen Taten in Irland und davon, wie er die Wikingerschiffe geentert hatte und zur Stadt London gekommen war.
    Und während er erzählte, lauschte Gudruda ihm wie eine, die die Sterbeworte ihres Liebsten vernimmt, und es gab in der ganzen Welt nur noch ein Licht für sie, das Licht von Eriks Augen, und es gab nur eine Musik, die Musik seiner Stimme. Nun sah sie ihn nicht mehr von der Seite her an, sondern trank mit aufgerissenen Augen und geöffneten Lippen von seinen Worten, und obwohl sie es nicht wußte, näherte sie sich immer mehr seiner Seite.
    Dann berichtete er, wie der König von England ihn geehrt, und von den Schlachten, die er an dessen Seite geschlagen hatte. Zuletzt erzählte Erik ihr, daß der König ihm eine gewisse angesehene Lady königlichen Blutes zur Frau hatte geben wollen. Und wie erzürnt er gewesen war, weil Erik nicht in England hatte bleiben wollen.
    »Erzähl mir von dieser Lady«, sagte Gudruda schnell. »Ist sie schön? Und wie heißt sie?«
    »Sie ist schön, und ihr Name ist Elfrida«, sagte Erik.
    »Und hast du mit ihr über diese Angelegenheit gesprochen?«
    »Durchaus.«
    Nun rückte Gudruda wieder von Eriks Seite fort.
    »Was war der Inhalt des Gesprächs?« sagte sie und schlug den Blick zu Boden. »Sprich die Wahrheit, Erik.«
    »Es führte nur zu wenig«, gab er zurück. »Ich sagte der Lady, daß ich mit einer Maid auf Island verlobt sei und dorthin gehen müsse.«
    »Und was hat diese Elfrida dann gesagt?«
    »Sie sagte, daß mir Gudruda die Schöne nur wenig Glück bringen würde. Überdies bat sie mich, nach England zurückzukehren, sollte meine Liebste mir treulos sein oder mich zurückweisen.«
    Nun sah ihm Gudruda ins Gesicht und sprach: »Sag, Erik, ist es deine Absicht, im Frühjahr nach England zurückzukehren, wenn du deinen Feinden so lange entkommen kannst?«
    Nun hielt Erik Rat mit sich selbst und griff – was er noch nie zuvor getan hatte – in seiner Liebe und seinem Zweifel auf eine List zurück. Denn er wußte nur zu gut, daß Gudruda eine Schwäche hatte. Sie war eine eifersüchtige Frau.
    »Da du mich zurückweist, habe ich dies vor, Herrin«, entgegnete er.
    Gudruda hörte seine Worte und dachte an die große und schöne Lady Elfrida, die weit und in England war, und daran, wie Erik an ihrer Seite schritt, und Kummer erfaßte sie. Sie sagte kein Wort, sondern richtete ihre dunklen Augen auf Hellauges Gesicht, und siehe da, sie füllten sich mit Tränen!
    Erik konnte diesen Anblick nicht ertragen, denn sein Herz schlug in seiner Brust, als wolle es den Harnisch zerbersten lassen. Plötzlich streckte er die Arme aus und zog sie an sich. Sanft und süß küßte er sie, wieder und immer

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