Erik der Wikinger
daß er als Kind nach einem Adlerhorst suchte und dabei einen Weg fand, der von Norden aus zum Moosberg führt. Dabei gelangte er auf eine große Hochebene, die er als jene erkannt haben will, auf der Erik mit seinen Knechten haust. Aber wegen einer überhängenden Felsklippe konnte er die Höhle nicht sehen. Nun werden wir dies tun: Du, ich und dieser Bursche – und keine anderen, denn ich will nicht, daß sich unsere Suche herumspricht – werden morgen in der Dämmerung zum Moosberg reiten, den Hekla umgehen, die andere Seite des Berges aufsuchen und sehen, ob der Pfad noch begehbar ist. Und sollte er begehbar sein, werden wir mit vielen Männern zurückkehren und Hellauge das Ende bereiten.«
Dieser Plan gefiel Gizur, und er sagte, daß es so geschehen solle.
So ritt Swanhild, nachdem sie zahlreiche Männer ausgeschickt hatte, um Gudrudas Schiff zu beobachten, früh am nächsten Morgen heimlich mit Gizur und dem Knecht fort, und bevor es wieder dämmerte, hatten sie die nördlichen Hänge des Moosbergs erreicht. In der gleichen Nacht stieg Erik vom Berg hinab, um Gudruda zu ehelichen.
Eine Weile kamen sie gut voran, aber schließlich stießen sie auf eine gewaltige Felswand, über hundert Klafter hoch, auf der nicht einmal ein Fuchs Halt gefunden hätte, geschweige denn ein anderes Wesen, das keine Flügel hatte.
»Hier findet unsere Reise nun ein Ende«, sagte Gizur, »und ich kann nur beten, daß Erik den Berg nicht verläßt, bevor wir wieder unten sind.« Denn er konnte ja nicht wissen, daß Hellauge bereits in aller Eile zum Middalhof geritten war.
»Nicht unbedingt«, sagte der Knecht, »wenn ich nur die Stelle finden kann, über die ich vor dreißig Sommern die Klippen dort erklomm und über sie den Berggipfel.« Und er deutete auf eine enge Spalte in den Felsen, hoch über ihren Köpfen, die mit grauem Moos bewachsen war.
Dann ging er nach rechts und suchte. Er spähte hinter Steine und Birkenbüsche, bis er schließlich die Hand hob und pfiff. Sie eilten den Hang hinauf und fanden ihn neben einem kleinen Bach, der unter einem großen Felsen hervorsprudelte.
»Hier ist die Stelle«, sagte der Mann.
»Ich sehe nichts«, gab Swanhild zurück.
»Dennoch ist es dort, Herrin.« Und er kletterte auf den Fels und zog sie mit sich. Dahinter befand sich ein Loch, das beinahe gänzlich von Moos überwuchert war. »Hier ist der Pfad«, sagte er erneut.
»Dann ist es ein solcher, dem ich nicht zu folgen beabsichtige«, erwiderte Swanhild. »Gizur, geh mit dem Mann und schau nach, ob seine Geschichte stimmt. Ich werde hier warten, bis ihr zurückkommt.«
Da ließ sich der Knecht in das Loch hinab, und Gizur folgte ihm. Aber Swanhild saß im Schatten der Felsen, das Kinn auf die Hand gestützt, und wartete. Und während sie dort saß, sah sie, wie zwei Männer um den Fuß des Berges ritten, die sich dann nach rechts wandten, einer Torfhütte entgegen, die einen halbstündigen Ritt weit entfernt war. Nun hatte Swanhild von allen Frauen ihrer Tage auf Island den schärfsten Blick, und als sie die beiden Männer sah, erkannte sie einen sofort als Jon, Eriks Knecht, und sie erkannte auch das Pferd – es war ein Schimmel mit schwarzen Flecken, den Jon seit vielen Jahren ritt. Sie beobachtete die Männer, bis sie die Hütte erreicht hatten, und es kam ihr so vor, als stiegen sie dort ab und beträten die Hütte.
Fast zwei Stunden wartete Swanhild auf dem Berghang. Als sie dann ein Geräusch über sich hörte, sah sie auf, und dort waren, schwarz vor Erde und völlig durchnäßt, Gizur und der Knecht.
»Glück gehabt, Gizur?« fragte sie.
»Ja, Swanhild. Erik kann den Moosberg nicht mehr halten; wir haben einen Weg gefunden, den Fuchs aufzustöbern.«
»Dann sind es wahrlich gute Nachrichten«, sagte Swanhild. »Fahre fort.«
»Das Loch dort, Swanhild, führt zu einer Spalte, die von Feuer oder Wasser in die Klippe getrieben wurde. Man kann, wenn auch beschwerlich, durch diese Spalte klettern wie über eine steile Treppe, bis man zum flachen Berggipfel kommt. Dann braucht man nur noch zur anderen Seite zu gehen und sieht etwa sechs Klafter tief die Felsebene, an der Eriks Höhle liegt; aber die Höhle selbst kann man nicht sehen, weil sie von einem Felsvorsprung verborgen wird. Und wenn nun jemand aus der Höhle auf die Felsebene tritt, ist es ein leichtes, von oben Steine auf ihn zu rollen und ihn zu zerschmettern.«
Als Swanhild dies hörte, lachte sie laut auf.
»Erik wird uns nicht länger
Weitere Kostenlose Bücher