Erik der Wikinger
Asmundson – vielleicht kennst du mich; aber ich sage dir, du wirst mich vor deiner Hochzeit mit Unna in noch schlimmerer Gestalt sehen. Ha! Habe ich die größte Schande ertragen, all diese vielen Jahre neben dir zu liegen, und soll ich jetzt einfach zusehen, wie eine junge und schöne Rivalin in allen Ehren an meine Stelle kriecht? Das werde ich nicht, solange Runen Macht haben und Bannsprüche das Böse bewirken können! Ich rufe das Verderben auf dich und die Deinen herab – ja, und auch auf Hellauge, denn er hat all dies in Gang gebracht. Der Tod hole euch alle! Soll dein Blut nicht länger mehr in sterblichen Adern auf dieser Erde fließen! Geh zu Hei hinab, Asmund, und sei vergessen!« Und sie murmelte schnell einige Runen.
Nun wurde Asmund weiß vor Zorn. »Gib dein böses Geschwätz auf«, sagte er, »oder du wirst als Hexe in den Goldfuchs-See geworfen.«
»In den Goldfuchs-See? Ja, dort werde ich vielleicht liegen. Ich sehe es! Mir ist, als würde ich meinen Körper dorthin fallen sehen, wo das Wasser am heißesten kocht – doch deine Augen werden es niemals erblicken! Deine Augen sind geschlossen, und geschlossen sind Unnas Augen, denn ihr seid zuvor dahingeschieden! – Ich folge euch nur nach.« Und dreimal schrie Groa laut auf, warf die Arme empor und fiel dann mit Schaum vor dem Mund auf den mit Sand bestreuten Boden.
»Eine böse Frau und eine Seherin!« sagte Asmund, als er das Gesinde zu ihrer Hilfe herbeirief. »Es wäre besser für mich, wenn ich ihr dunkles Gesicht nie gesehen hätte.«
Nun muß berichtet werden, daß Groa zehn volle Tage ohne Bewußtsein niederlag und Swanhild sie pflegte. Dann kam sie wieder zu Sinnen und bat darum, Asmund sehen zu dürfen, und sprach so zu ihm:
»Mir scheint, Herr, falls dies nicht nur eine Vision meiner Träume war, daß ich zornige und wahnsinnige Worte gegen dich gesprochen habe, bevor mich die Krankheit befiel, weil du Unna, Thorods Tochter, die Treue versprochen hast.«
»Dem ist wahrlich so«, sagte Asmund.
»Dann habe ich dies zu sagen, Herr: Ich flehe bescheiden um Vergebung für meine bösen Worte und bitte dich, sie aus deinem Geist zu streichen. Ein gekränktes Herz bringt gekränkte Worte über die Lippen, und du weißt sehr gut, daß ich dich, wie groß auch meine Fehler sind, immer geliebt und immer für dich gelitten habe, und mir scheint, daß du deinen Reichtum in gewisser Weise meiner Weisheit verdankst. Als meine Ohren daher vernahmen, daß du mich wirklich beiseite geschoben hattest und daß eine andere Frau kommt, um als dein Weib in allen Ehren auf Middalhof zu herrschen, vergaß meine Zunge die Höflichkeit, und ich sprach Worte, die von allen Worten meinem Geist am fernsten liegen. Denn ich weiß sehr wohl, daß ich alt werde und die Schönheit verloren habe, wegen der ich einst von dir begehrt wurde, und daß du zu mir gehalten hast. ›Altes Weib‹, nannte Erik Hellauge mich, und ein ›altes Weib‹ bin ich – eine alte Hexe, mehr nicht! Nun, vergib mir, und lasse mich eingedenk all dessen, was zwischen uns gewesen ist, an meinen Platz am Herd kriechen und weiterhin über dich wachen. Ich will dir und den Deinen dienen, bis meine Kraft erschöpft ist. Aus Rans Netz kam ich zu dir, und ich sage dir, wenn du mich vertreibst, werde ich mich niederlegen und auf deiner Schwelle sterben, und wenn du in die Jahre kommst, wird die Erinnerung daran dich gewiß betrüben.«
So sprach sie und weinte viel, bis Asmunds Herz sich erbarmte und er sagte, wenn auch mit zweifelndem Verstand, es solle so sein, wie sie es wünsche.
So blieb Groa auf Middalhof, erfüllte ihre Dienste und sprach kaum noch.
VII
WIE ERIK GEGEN SKALLAGRIM
DEN BERSERKER ANTRAT
Nun betritt Atli der Gute, Graf der Orkney-Inseln, die Geschichte.
Der Zufall wollte es, daß Atli im Herbst nach Island gesegelt war, um gewisse Ländereien zu ordnen, die ihm in der Erbfolge von seiner Mutter Helga zugefallen waren, die eine Isländerin war, und er westlich von Reyjanes überwintert hatte. Als der Frühling im Anzug war, wollte er nach Hause segeln, und als sein Schiff bereit war, stach er früh im Jahr in See. Aber das Schicksal wollte es, daß aus Südosten schlechtes Wetter aufzog, mit Nebel und Regen, so daß er sein Schiff im Schutz der Westman-Inseln in einer Flußmündung anlegen mußte.
Nun fragte Atli, welche Leute in dieser Gegend wohnten, und als er den Namen von Asmund Asmundson dem Priester hörte, freute er sich, denn in alten Tagen waren
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