Erik der Wikinger
die Stirn und dachte nach.
Aber Swanhild lachte in ihrer Kammer, bis ihr die Tränen aus eben diesen Augen liefen, denn sie sah, daß der große Fisch an der Angel hing und nun die Zeit gekommen war, mit ihm zu spielen.
Denn sie wußte nicht, daß die Vorhersehung es anders bestimmt hatte.
Auch Gudruda hatte all dies gesehen und wußte es nicht zu deuten, denn sie war von ehrlicher Gesinnung und konnte nicht verstehen, wie eine Frau einen Mann lieben konnte, wie Swanhild Erik liebte, und doch solch ein Spiel mit anderen Männern aufzog, und auch noch aus freiem Willen. Denn ihr schwante nur wenig von Swanhilds Arglist und nichts von der Kälte, die ihr Herz allen außer Erik entgegenbrachte. Sie wußte auch nicht, daß dies die einzige Freude war, die Swanhild noch geblieben war: sich einen Spaß mit den Männern zu machen und sie in Trauer und Scham zu stürzen. Atli sagte sich, daß er dieses Mädchen gut beobachten müsse, bevor er auch nur ein Wort zu Asmund sagen würde, und er hielt sich für sehr listig, da er sich für jemanden, den die Liebe packte, sehr vorsichtig wähnte. So gab er auf sie acht, und Swanhild lächelte ständig, und er erzählte ihr Geschichten von Kriegführung und mutigen Taten, und sie schlug die Hände zusammen und sagte:
»Ist seit Odin je wieder solch ein Mann auf der Erde gewandelt?« Und so ging es weiter, bis die Dienstmägde über den alten, verliebten Mann und die Klugheit jener, die ihn verspottete, lauthals lachten.
Nun hatte Erik eines Tages auch das letzte Korn ausgesät und dachte wieder an seinen Eid, allein gegen Skallagrim den Berserker in seinem Lager auf dem Moosberg drüben beim Hekla anzutreten. Nun war dies eine schwere Aufgabe, denn allseits hielt man Skallagrim für einen so starken Mann, daß niemand allein gegen ihn antrat; und hin und wieder dachte Erik an Gudruda und seufzte, denn es war wahrscheinlich, daß sie zur Witwe wurde, bevor sie zur Frau gemacht worden war. Doch er mußte seinen Eid erfüllen, und überdies hatte Skallagrim kürzlich erfahren, daß ein Jüngling namens Erik Hellauge geschworen hatte, ihn eigenhändig zu töten, und hatte ihn daraufhin zum Gespött gemacht. Denn Skallagrim war eines Nachts zum Kaltrücken am Fluß Ran hinabgeritten und hatte ein Lamm aus dem Pferch gestohlen. Mit dem Lamm unter dem Arm ging er zum Haus und schlug dreimal mit seine Streitaxt gegen die Tür, und dies war eher ein Donnern denn ein Klopfen. Danach sprang er auf sein Pferd, ritt ein Stück davon und wartete. Sofort kam Erik heraus, jedoch nur halb bekleidet, einen Schild in der einen und Weißfeuer in der anderen Hand. Als er sich umschaute, sah er im hellen Mondlicht einen riesigen, schwarzbärtigen Mann auf einem Pferd sitzen, der in der einen Hand eine große Axt und unter dem anderen Arm ein Lamm hielt.
»Wer bist du?« rief Erik.
»Man nennt mich Skallagrim, Jüngling«, gab der Mann auf dem Pferd zurück. »Viele Männer haben mich einmal gesehen, keiner wollte mich zum zweiten Mal sehen, und einige haben nie wieder etwas gesehen. Nun schallte es in meinen Ohren, daß du einen Eid geschworen hast, zum Moosberg hinaufzugehen und gegen Skallagrim den Berserker anzutreten, und ich bin hierher gekommen, um dir zu sagen, daß ich dich herzlich willkommen heiße. Siehst du« – und mit der Axt schlug er dem Lamm auf dem Sattelknopf den Schweif ab –, »von dem Fleisch deines Lamms werde ich mir eine Brühe kochen, und aus seinem Fell werde ich mir eine Weste machen. Nimm du diesen Schweif, und wenn du ihn wieder an das passende Fell gesteckt hast, wird Skallagrim einen Herrn haben.« Und er warf ihm den Schweif zu.
»Warte doch, bis ich zu dir kommen kann«, rief Erik, »das wird mir einen Ritt zum Moosberg ersparen.«
»Nein, nein. Kleinen Buben tut frische Bergluft gut«, sagte Skallagrim und ritt lachend davon.
Erik schaute Skallagrim zu, wie er über die Kuppe verschwand, dann lachte auch er, obwohl er sehr wütend war, und ging hinein. Aber zuerst hob er den Schweif auf, und am Morgen häutete er ihn.
Nun war die Zeit gekommen, wo die Sache ausgefochten werden mußte. Erik verabschiedete sich von seiner Mutter Saevuna und seiner Base Unna, schnallte sich Weißfeuer um und setzte einen goldenen Helm mit Schwingen auf. Dann suchte er nach dem Harnisch, den sein Vater Thorgrimur – wie auch den Helm – jenem Berserker abgenommen hatte, mit dem er aneinandergeraten war. Es war ein gutes Stück, geschmiedet von den Walisern. Er schnallte
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