Erik der Wikinger
die Schärfe Weißfeuers kennenlernen. Es ist eine feige Tat, Pläne gegen einen Mann zu schmieden, der in der Ferne ist.«
Erik setzte sich, aber Björn verließ zornig die Halle, bestieg sein Pferd und ritt gen Süden; er und Erik begegneten sich erst wieder, als drei Jahre ins Land gezogen waren, und auch da begegneten sie sich nur noch einmal.
»Maden werden dieser Fliege entspringen, und es wird ihnen auch nicht an Fleisch mangeln, das sie nährt«, flüsterte Skallagrim in Eriks Ohr, als er Björn hinausstürmen sah. Aber Erik bat ihn zu schweigen und wandte sich Gudruda zu.
»Schau nicht so traurig, Schatz«, sagte er, »denn übereilte Worte steigen hoch wie der Schaum auf dem Met und verfliegen schnell. Es erzürnt Björn, daß dein Vater mir das gute Schiff gegeben hat, aber sein Zorn wird bald vergehen. Wenn nicht, hab keine Angst vor ihm, wenn du mir treu bleibst.«
»Dann hast du wenig zu fürchten, Erik«, gab sie zurück. »Doch siehe dir dein Haar an. Es wächst so lang wie das einer Frau, und das ist schlecht, denn auf See wird sich das Salz darin fangen. Sag, soll ich es dir schneiden?«
»Ja, Gudruda.«
So schnitt sie ihm die blonden Locken ab, und eine davon bewahrte sie viele Tage lang über ihrem Herzen auf.
»Nun sollst du schwören«, flüsterte sie ihm ins Ohr, »daß kein anderer Mann und keine andere Frau dein Haar schneidet, bis du zurückkommst und ich es dir stutze.«
»Das schwöre ich, und zwar bereitwillig«, gab er zurück. »Deinetwegen werde ich die Haare lang wie ein Mädchen tragen, Gudruda.«
Er sprach leise, aber Koll der Halbgescheite, Groas Leibeigener, hörte diesen Eid und behielt ihn im Gedächtnis.
Sehr früh am Morgen erhoben sich die Männer, bestiegen die Pferde und ritten zum Meer zurück, bis sie an den Schuppen kamen, in dem die Gudruda lag.
Als dann die Flut kam, besetzten Eriks Gefolgsleute die Ruderbänke des schwarzen Schiffes und ließen es auf sein Wort mit voller Kraft auslaufen, und mit einem Aufbäumen schoß er aufs Meer hinaus.
Nun mußte sich Erik von allen verabschieden, und dies tat er mit tapferem Herzen, bis er schließlich zu Saevuna, seiner Mutter, und Gudruda, seinem lieben Schatz, kam.
»Leb wohl, mein Sohn«, sagte die alte Dame. »Ich habe wenig Hoffnung, daß diese Augen noch einmal dein fröhliches Gesicht sehen, doch wurde ich für die Schmerzen deiner Geburt reich belohnt, denn nur wenige haben einem solchen Mann wie dir das Leben geschenkt. Denk hin und wieder an mich, denn ohne mich hätte es dich nie gegeben. Laß dich nicht von Frauen vom rechten Weg abbringen, noch bringe du sie vom rechten Wege ab, sonst wird dir Böses widerfahren. Sei wegen deiner großen Kraft nicht streitsüchtig, denn es gibt immer einen, der stärker als der Stärkste ist. Verschone einen geschlagenen Feind, und nimm einem Armen nicht sein Hab und Gut und einem Tapferen nicht das Schwert ab; wenn du jedoch jemanden niederstreckst, dann strecke ihn richtig nieder. So wirst du Ehre erringen, und schließlich auch Frieden, und der zählt mehr als Ehre.«
Erik dankte ihr für ihren Rat und küßte sie, dann wandte er sich Gudruda zu, die ganz bleich und still dastand und an ihrem goldenen Gürtel zerrte.
»Was kann ich dir sagen?« fragte er.
»Sag nichts, sondern geh«, gab sie zurück. »Geh, bevor ich weine.«
»Weine nicht, Gudruda, oder du entmutigst mich. Sag, wirst du an mich denken?«
»Ay, Erik, bei Tag und bei Nacht.«
»Und wirst du mir treu sein?«
»Ay, bis zum Tod und darüber hinaus, denn solange du mir treu bleibst, werde auch ich dir treu bleiben. Ich werde eher sterben als dich betrügen. Aber bei dir bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht findest du Swanhild auf deinen Reisen und erbittest mehr Küsse von ihr?«
»Erzürne mich nicht, Gudruda! Du weißt genau, daß ich Swanhild mehr als jede andere Frau hasse. Wenn ich sie noch einmal küsse, dann magst du bedenkenlos Ospakar heiraten.«
»Sprich nicht so voreilig, Erik«, sagte sie, und als sie sprach, trat Skallagrim hinzu.
»Wenn du noch lange hier verweilst, Herr, wird die Flut uns kaum um die Westman-Inseln tragen«, sagte er und bedachte Gudruda mit einem Blick, als sei er eifersüchtig. »Ich komme«, sagte Erik. »Gudruda, leb wohl!« Sie küßte und umarmte ihn, erwiderte aber nichts darauf, denn sie konnte nicht sprechen.
XIII
WIE HALL DER MAAT DAS ENTERTAU
DURCHTRENNTE
Gudruda ließ den Kopf hängen wie eine verdurstende Blume und sank schließlich zu
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