Erik der Wikinger
wenn sie untergeht, wird sie dennoch vielleicht einst wieder aufgehen. Wir sind also glücklich in unserer Liebe, denn es gibt viele, die ihr Leben leben, ohne Liebe zu finden.«
So sprachen Erik Hellauge und Gudruda die Schöne voller Traurigkeit miteinander, denn ihre Herzen waren schwer, und auf ihnen lag der Schatten des Leides, das unweigerlich kommen würde.
»Sag, mein Schatz«, sprach Erik schließlich, »willst du, daß ich nicht in die Verbannung gehe? Dann muß ich zum Gesetzlosen werden, und jeder, der will, kann mir das Leben nehmen; doch werden meine Feinde es wohl schwer haben, mich zu besiegen, solange mich die Kraft nicht verläßt, und schlimmstenfalls stelle ich mich eben dem Schicksal, das mich verfolgt.«
»Nein, das werde ich nicht ertragen, Hellauge. Jetzt werden wir zu meinem Vater gehen, und er wird dir seinen Kriegsdrachen geben, ein gutes Schiff, und du sollst es mit den kühnsten Männern unserer Gegend bemannen. Denn es gibt viele, die gern mit dir losziehen, Erik; und je eher du gehst, desto schneller werden die drei Jahre vorbei und du wieder bei mir sein. Aber ich wünsche mir, ich könnte mit dir gehen.«
Nun gingen Gudruda und Erik zu Asmund und sprachen ihn daraufhin an.
»Ich wünschte«, gab er zurück, »du würdest bis nach der Ernte hier auf Island bleiben, Erik, denn dann werde ich Unna, Thorods Tochter, zur Frau nehmen, und es war ausgemacht, daß du am Hochzeitsfest teilnehmen und sie mir zuführen solltest.«
»Nein, Vater, laß Erik gehen«, sagte Gudruda, »denn frisch gewagt ist sicherlich halb gewonnen. Er muß drei Jahre in der Verbannung bleiben; füge dem keinen Tag hinzu, Vater, denn wenn er noch lange hier bleibt, weiß ich, daß ich nicht das Herz finden werde, ihn gehen zu lassen, und daß ich mit ihm gehen werde, wenn er gehen muß.«
»Dies darf niemals sein«, sagte Asmund. »Du bist zu jung und zu schön, um mit den Wikingern die Meere zu durchpflügen. Höre, Erik: Ich werde dir das gute Schiff geben, und jetzt suchen wir kräftige Männer für die Besatzung.«
»Das ist ein großzügiges Geschenk«, sagte Erik, und danach ritten sie ans Ufer und überprüften das Schiff, das in seinem Schuppen lag. Es war ein großer Kriegsdrachen, lang und schlank, und Bug und Kiel lagen hoch. Es war aus Eiche gezimmert und mit Eisen vernagelt, und der Bug war ein überaus prächtig geschnitzter, vergoldeter Drache.
Erik betrachtete das Schiff, und seine Augen hellten sich auf.
»Hier ruht ein Wellenpferd, das würdig ist, einen Wikinger zu tragen«, sagte er.
»Ay«, gab Asmund zurück, »von allen Dingen, die ich besitze, ist dieses Schiff das allerbeste. Es ist so schnell, daß kein anderes es einholen kann, und zum Wenden braucht es kaum mehr als eine Länge. Wenn du es steuerst, muß schon ein harter Wind kommen, um die Segel zu füllen; und doch gebe ich es dir gern, Erik, denn du wirst große Taten mit meinem Geschenk vollbringen. Wenn alles gutgeht, wird es an dieses Ufer zurückkehren und du mit ihm.«
»Nun werde ich dieses Kriegsgeschenk mit einem neuen Namen belegen«, sagte Erik. »›Gudruda‹ nenne ich es; denn wie Gudruda hier die schönste aller Frauen ist, ist dies der schönste aller Kriegsdrachen.«
»So sei es«, sagte Asmund.
Dann ritten sie zum Middalhof zurück, wo Erik Hellauge verkündete, er brauche Männer, die mit ihm die Meere befahren wollten. Er fragte nicht vergeblich, denn als sich herumsprach, daß Erik auf einen Wikingerzug ging, war sein Ruhm schon so groß, daß so mancher kräftige Bauer und so mancher hochgewachsene Bursche nach Schwert und Schild griff und zum Middalhof kam, um seine Hände in die Eriks zu legen. Zu seinem Maat nahm er einen gewissen Hall von Lithtal, deswegen weil Björn ihn darum bat, denn Hall war ein Freund Björns und hatte überdies große Erfahrung in allen Belangen der Seefahrt; schon oft war er durch die Nordmeere gefahren – ay, und um England herum zur Küste Frankreichs.
Aber als Gudruda diesen Mann sah, gefiel er ihr nicht, denn er hatte scharfe Züge, unheimliche Augen und eine flinke Zunge, und sie bat Erik, sich nicht mit ihm einzulassen.
»Es ist zu spät, jetzt darüber zu reden«, sagte Erik. »Hall ist ein erfahrener Mann, und was das andere betrifft, so fürchte nichts: Ich werde ihn im Auge behalten.«
»Dann wird es zu Bösem kommen«, sagte Gudruda.
Skallagrim mochte Hall auch nicht, noch mochte Hall Skallagrim und dessen große Axt.
Schließlich waren alle beisammen;
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