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Erik der Wikinger

Erik der Wikinger

Titel: Erik der Wikinger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Atli. Der Graf war ein behender Mann, obwohl schon alt an Jahren, und er erreichte die beiden als erster. Der untere lag auf dem Rücken, aber sein Gesicht war von dichtem, goldblondem Haar verborgen, das darüberfloß.
    »In der Tat, der Körper eines Mannes, aber die Locken einer Frau«, sagte Atli, als er die Hand ausstreckte und das Haar beiseite schob, damit das Mondlicht auf das Gesicht fallen konnte.
    Er musterte es und fuhr dann bis an die Felsen zurück.
    »Bei Thor!« rief er. »Hier liegt der Leichnam von Erik Hellauge!« Und Atli rang die Hände und weinte, denn er liebte Erik sehr.
    »Sei nicht gewiß, daß die beiden tot sind, Graf«, sagte einer der Männer, »ich glaube, ich habe gesehen, daß sich der große Bursche bewegte.«
    »Es ist Skallagrim Lammschweif, Eriks Todesschatten«, sagte Atli. »Hinauf mit ihnen, Jungs – seht, dort liegt eine Planke – und in die Halle mit ihnen! Wenn Erik noch lebt, werde ich jedem von euch zwanzig Silberstücke geben.« Und mit diesen Worten knöpfte er sich den Mantel auf und warf ihn über die beiden.
    Mit viel Mühe lösten sie den Griff, mit dem sich die beiden Männer hielten, und legten Skallagrim auf die Planke. Aber acht Mann trugen Erik die Klippe hinauf, und es war keine leichte Aufgabe, obwohl der Graf Hellauges Kopf hielt, von dem das blonde Haar herabhing wie Seegras von einem Felsen.
    Schließlich hatten sie die Halle erreicht und trugen die beiden hinein. Als Swanhild sie kommen sah, stieg sie vom Hohesitz herab.
    »Bringt Lampen und legt Holz auf die Feuer«, rief Atli. »Etwas Seltsames ist geschehen, Swanhild, und du hast in der Tat weise geträumt, denn hier haben wir Erik Hellauge und Skallagrim Lammschweif. Sie lagen sich wie Geliebte in den Armen, aber ich weiß nicht, ob sie tot sind oder noch leben.«
    Nun sprang Swanhild auf und kam schnell herbei. Hatte der Schutzgeist ihr einen Streich gespielt, und hatte sie den Preis umsonst bezahlt? Hatte man Gudruda Erik genommen und ihr gegeben – gegeben, ja aber tot? Sie beugte sich über ihn und musterte scharf sein Gesicht. Dann sprach sie: »Er ist nicht tot, sondern besinnungslos. Bringt trockene Kleider, und erhitzt Wasser.« Sie kniete nieder und löste Helm, Harnisch und Weißfeuer von Eriks Seite.
    Lange kümmerten sich Swanhild und Atli an dem einen Feuer um Erik, und am anderen behandelten die Dienstmägde Skallagrim. Schließlich kam von dort ein Schrei, daß Skallagrim sich rühre, und Atli lief mit den anderen hinüber, um sich davon zu überzeugen. In diesem Moment schlug auch Erik die Augen auf, und Swanhild sah, daß er sie wie benommen betrachtete. Getrieben von ihrer Leidenschaft und der Freude, daß er noch lebte, senkte Swanhild das Gesicht, bis das seine von ihrem frei fallenden Haar bedeckt wurde, und küßte ihn auf die Lippen. Erik seufzte schwer, schloß die Augen und schlief augenblicklich wieder ein. Sie trugen ihn zu einem Bett und legten warme Umschläge auf seinen Körper. Bei Tagesanbruch erwachte er, und Atli, der an seiner Seite Wache hielt, gab ihm heißen Met zu trinken.
    »Träume ich?« fragte Erik, »oder ist es Graf Atli, der mich pflegt, und habe ich nicht eben gesehen, wie sich Swanhilds Gesicht über mich beugte?«
    »Es ist kein Traum, Erik, sondern Wahrheit. Du hast auf meiner Insel Schiffbruch erlitten.«
    »Und Skallagrim – wo ist Skallagrim?«
    »Skallagrim lebt, keine Bange!«
    »Und meine Gefährten – wie ist es ihnen ergangen?«
    »Sehr schlecht, Erik. Ran hat sie alle. Nun schlafe!«
    Erik stöhnte laut auf. »Ich wäre lieber gestorben, als zu leben und solch schlechte Botschaften zu hören«, sagte er. »Hexenwerk! Hexenwerk! Und dieses schöne Hexengesicht hat es begangen!« Und wieder schlief er ein und wachte nicht auf, ehe die Sonne hoch am Himmel stand. Doch Atli konnte seinen Worten keinen Sinn entnehmen.
    Als Swanhild von Eriks Seite wich, traf sie Hall von Lithtal, und sein Gesicht war besorgt.
    »Sag, Herrin«, fragte er, »wird Hellauge leben?«
    »Traure nicht, Hall«, gab sie zurück. »Erik wird bestimmt leben und froh sein, hier von einem Kameraden begrüßt zu werden, nachdem so viele dort geblieben sind.« Und sie deutete zum Meer.
    »Ich werde nicht erfreut sein«, sagte Hall und senkte den Blick.
    »Warum nicht, Hall? Fürchtest du Skallagrim? Oder hat Erik dir Unrecht getan?«
    »Ay, Herrin, ich fürchte Skallagrim, denn er hat geschworen, mich zu töten, und diese Art Versprechen hält er stets. Und wenn die

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