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Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerung an einen schmutzigen Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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sie wollte zeigen, wer sie ist«, sagte Felicia.
    Hanna fragte sich vergebens, was sie meinte. »Ich verstehe deine Antwort nicht. Erkläre mir, warum sie sich in dem schmutzigen Hafenbecken das Leben nimmt und warum sie sich zuerst auszieht.«
    »Niemand hat ihre Kleider gefunden.«
    »Wie soll ich das verstehen? Dass sie jemand gestohlen hat?«
    »Ich weiß nur, dass sie nicht am Kai lagen. Niemand hat sie nackt ankommen sehen. Keiner hat sie hineinspringen sehen. Vielleicht hielt sie große Steine in der Hand, um zu sinken?«
    »Aber warum nackt?«
    »Vielleicht hatte sie ihre Sachen an, als sie ins Wasser ging. Aber dann zog sie sie aus, bevor sie starb.«
    »Warum?«
    »Vielleicht wollte sie so sterben, wie sie gelebt hat.«
    Immer noch ohne zu verstehen, was Felicia meinte, ahnte Hanna ihre Versuche, eine Botschaft über Esmeraldas Tod zu vermitteln. Zu sterben, wie sie gelebt hatte. Ohne Kleider, nackt vor der Welt?
    Hanna stellte keine weiteren Fragen. Als Felicia an der Haustür ausgestiegen war, die Judas bewachte, bat sie den Rikscha-Läufer, sie über die steilen Hänge zum Steinhaus zu bringen. Er war schweißgebadet, als sie ankamen. Sie zahlte ihm das Doppelte von dem, was er verlangte, trotzdem waren es nur ein paar Escudos, kaum etwas wert.
    Julietta stand an der Tür und erwartete sie. Die Neugier leuchtete in ihren Augen. Aber Hanna wollte nicht mit ihr sprechen. Sie gab ihr nur ihren Hut und den Schirm und wies sie an, Doktor Meandros einzulassen, sobald er kam. Dass Julietta und die anderen im Haus schon wussten, dass Esmeralda tot war, setzte sie als gegeben voraus. Stumme Botschaften verbreiteten sich mit schwindelerregender Geschwindigkeit unter den Schwarzen der Stadt.
    Carlos saß auf ihrem Schreibtischstuhl und kaute an einer Mohrrübe, als sie hereinkam. Sie ließ ihn in Ruhe, setzte sich selbst auf den Besucherstuhl und schloss die Augen.
    Als sie aufwachte, waren mehrere Stunden vergangen. Ein tiefer und langer Schlaf, als hätte er eine ganze Nacht gewährt. Carlos war verschwunden. Sie ging hinüber zum Schreibtischstuhl und setzte sich. Sie hatte etwas geträumt. Vage Fragmente tauchten langsam an der Oberfläche auf. Lundmark war bei ihr gewesen. Er hatte am Klavier des Bordells gesessen und vorsichtig an den Tasten herumgefingert. Der Palisanderbaum war gefällt worden. Senhor Vaz war in seinem Smoking herumgegangen und hatte eine Zigarre geraucht, die wie die Brände des Aufruhrs roch. Aber sie konnte sich selbst nicht in dem Traum sehen. Sie war nicht dabei, sie war nur eine Betrachterin, die außerhalb stand, unsichtbar.
    Sie rief Julietta und bat um Tee. Dann schickte sie das Mädchen brüsk weg, wie um daran zu erinnern, dass sie ihren unverschämten Wunsch nicht vergessen hatte, ins Bordell versetzt zu werden.
    Sie hatte den Tee getrunken, als Doktor Meandros sich an der Haustür anmeldete. Als er ihr Arbeitszimmer betrat, waren seine Hände immer noch schmutzig. Getrocknete Blutflecken waren an seinem zerschlissenen Jackett zu sehen.
    Er setzte sich und bat um ein Glas Wein. Als Julietta mit dem Glas auf einem Tablett hereinkam, leerte er es durstig, als wäre es Wasser. Er stellte das Glas zurück aufs Tablett und lehnte ein Nachgießen entschieden ab.
    »Es besteht kein Zweifel, dass diese Frau Selbstmord begangen hat«, sagte er. »Ihre Lungen waren mit dem schmutzigen Wasser des Hafenbeckens gefüllt. Das wäre natürlich ausreichend, um zu sagen, dass sie ertrunken ist. Aber ich habe eine genauere Untersuchung ihres Körpers vorgenommen. Menschliche Eingeweide zu besichtigen, das kann ein abenteuerliches Unternehmen sein. Ich habe festgestellt, dass sie viele Kinder geboren hat. Das Fett hat auch Ablagerungen in Blutgefäßen und Gehirn hinterlassen. Sie war zu alt, um so jung zu sein, wie sie es wahrscheinlich war.«
    Letzteres fasste Hanna als Frage auf.
    »Sie war ungefähr achtunddreißig Jahre alt. Niemand weiß es genau.«
    »Was zum Vorteil der schwarzen Menschen gereichen kann«, fuhr Meandros nachdenklich fort. »Für uns, die wir das Datum und vielleicht sogar die Uhrzeit unserer Geburt kennen, kann es schließlich eine Plage sein, an den exakten Augenblick erinnert zu werden. Eine unbestimmtere Zeitangabe ist wohl in vielerlei Hinsicht vorzuziehen.«
    Meandros verlor sich schweigend in seinen Gedanken, ehe er fortfuhr. »Das Interessanteste und Überraschendste war jedoch, dass sie einen sehr kräftigen und offenbar wohlgenährten Bandwurm im Magen und in den

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