Erinnerung Des Herzens
einen Drink brauchen.«
»Vielleicht einen Sitzplatz«, sagte sie und ließ sich auf die Seitenlehne des Sofas sinken. »Sie sind so ruhig.«
»Jetzt«, erwiderte Julia. »Vor ein paar Minuten sah es noch anders aus.«
Nina schauderte zusammen und rieb sich die Arme. »Als ich das letzte Mal geflogen bin, sind wir in einen Sturm geraten. Ich habe in fünfunddreißigtausend Fuß Höhe die schrecklichsten fünfzehn Minuten meines Lebens verbracht. Aber gegen das, was Sie durchgemacht haben müssen, war das natürlich gar nichts.«
»Es war keine Erfahrung, die ich gern wiederholen möchte.« Julia hörte die Küchentür zuschlagen. »Das ist Brandon. Ich möchte lieber, dass er jetzt noch nichts davon erfährt.«
»Natürlich.« Nina stand auf. »Ich weiß, dass Sie ihn nicht beunruhigen wollen. Ich werde zurückgehen, damit ich Eve abfangen und ihr in Ruhe von dieser Sache berichten kann. Travers würde sie gleich damit überfallen.«
»Danke, Nina.«
»Ich bin froh, dass es Ihnen gutgeht.« Sie drückte Julia fest die Hand. »Passen Sie auf sie auf«, sagte sie zu Paul.
»Darauf können Sie Gift nehmen.«
Sie ging durch die Terrassentür und glättete sich unterwegs das Haar. Julia drehte sich um und entdeckte, dass Brandon sie von der Küchentür aus beobachtete. Sein Blick war wachsam, und über der Oberlippe hatte er einen verräterischen roten Fleck.
»Warum muss er gut auf dich aufpassen?«
»Das ist nur so ein Ausdruck.« Julia zog die Augen zusammen. »Du hast Saft getrunken?«
Er fuhr sich mit der Hand über den Mund und grinste. »Travers hatte gerade eine Flasche geöffnet. Ich dachte, es wäre unhöflich, nichts zu trinken.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Jungen werden durstig vom Basketballspielen«, warf Paul ein.
»Yeah. Besonders, wenn sie gewinnen.«
Brandon plumpste geräuschvoll in einen Sessel.
»Bist du in Ordnung, Mama? Paul meinte, du wärest vielleicht beunruhigt.«
»Ich bin okay«, antwortete Julia. »Ich hätte nicht übel Lust, ein paar riesige Brandonburgers zuzubereiten.«
»Hey, das ist cool. Mit Fritten und allem?«
»Ich denke ... Oh, ich habe ja ganz vergessen, dass Eve mich zum Abendessen eingeladen hat. Ich hab's ihr versprochen.« Sie legte ihre Hand auf den Kopf ihres Sohnes, und weil sie seine Enttäuschung spürte, fing sie an, Zugeständnisse zu machen. »Vielleicht kann ich sie anrufen und absagen.«
»Unseretwegen nicht.« Paul winkte Brandon zu. »Der Bengel und ich können uns selbst ein Abendbrot machen.«
»Ja, aber ...«
Brandon unterbrach sie. »Du kannst kochen?«
»Ich kann etwas noch besseres tun. Ich kann zu MacDo- nald's fahren.«
»In Ordnung.« Er sprang auf, dann erinnerte er sich an seine Mutter und warf ihr einen hoffnungsvollen Blick zu. Ein Ausflug zu MacDonald's bedeutete lauter wunderbare Sachen, dazu gehörte auch, dass man nach dem Essen nicht abwaschen musste. »Das ist doch in Ordnung, ja?«
»Yeah.« Sie gab ihm einen Kuß und lächelte dann Paul zu. »Das ist in Ordnung.«
23
Sie nahm ein langes, heißes Bad mit Duftölen und pflegte sich mit verschiedenen Cremes und Lotions. Fünfzehn Minuten lang war sie mit Puder, Make-up und Rouge beschäftigt. Als Julia in den Abendanzug in frostigem Pink schlüpfte, hatte sie sich vollständig erholt. Sie amüsierte sich sogar darüber, dass Paul darauf bestanden hatte, sie zum Hauptgebäude zu begleiten.
»Du duftest unglaublich.« Er schnupperte an ihrem Handgelenk, dann fing er an, daran zu knabbern. »Vielleicht hast du ja später Lust, mich ins Gästezimmer zu begleiten.«
»Ich könnte in Versuchung geraten.« Vor der Eingangstür blieb sie stehen, drehte sich um und verschränkte ihre Hände in seinem Nacken. »Überleg dir doch schon mal, wie du mich verführen könntest.« Sie berührte seinen Mund leicht mit ihren Lippen, dann gab sie ihm zu seiner und ihrer eigenen Überraschung einen langen, leidenschaftlichen Kuß. »So, und jetzt geh dir einen Hamburger kaufen.«
Sein Blut schien vom Kopf direkt in die Lenden geflossen zu sein. »Zwei Dinge noch«, sagte er. »Iß schnell.«
Sie lächelte. »Und das zweite?«
»Das zeige ich dir, wenn du heimkommst.« Er setzte sich in Bewegung, rief aber über seine Schulter zurück: »Iß wirklich schnell.«
Lachend klopfte Julia an die Tür und nahm sich vor, den Weltrekord im raschen Verzehr eines Dinners aufzustellen. »Hallo, Travers.«
Zum ersten Mal brummte die Haushälterin nicht, ihr erster Blick auf Julia wirkte
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