Erinnerung Des Herzens
Gesicht in Großaufnahme, ging dann tiefer, als Eve sich bückte, sich umdrehte und langsam mit dem Finger einer Laufmasche in ihrem Strumpf folgte.
»Sie war von Anfang an ein Star«, sagte Julia. »Und sie wusste es.«
»Weißt du, wir sehen uns den ganzen Film in Ruhe von vorn bis hinten in unseren Flitterwochen an.«
»In unseren ...«
»Wir reden später darüber.« Während Julia versuchte, sich darüber klar zu werden, ob sie gerade einen Heiratsantrag bekommen hatte, ließ Paul den Film rasch durchlaufen. »Ich brauche eine Großaufnahme. Komm schon, Charlie. Hier.« Er ließ das Bild stehen. Charlie Gray schaute sie an. Sein Haar war zurückgekämmt, auf seinen Lippen lag ein Grinsen, mit dem er sich selber herabzusetzen schien.
»Mein Gott, Paul.« Julia grub ihre Finger tief in seine Schulter. »Sie hat seine Augen.«
»Wir müssen mit Travers sprechen«, sagte er mit grimmigem Gesicht.
Dorothy Travers schlurfte in dem leeren Haus von einem Zimmer ins andere, wischte Staub, polierte Glas und nährte ihren Haß.
Anthony Kincade hatte jede Chance, die sie gehabt haben mochte, an eine gesunde Beziehung zu einem Mann zu glauben, abgetötet. Deshalb hatte sie ihre ganze Liebe auf zwei Menschen fixiert, ihren armen Sohn, der sie immer noch Mamie nannte, und auf Eve.
In ihrer Liebe zu Eve hatten nie erotische Bedürfnisse mitgeschwungen. Sie war mit Sex fertiggewesen, noch bevor Kincade mit ihr fertig gewesen war. Eve war für sie eine Schwester, Mutter und Tochter gewesen. Obwohl Travers ihre eigene Familie gern hatte, war der Schmerz über den Verlust Eves so groß, dass sie ihn nur ertragen konnte, wenn sie Bitterkeit dagegensetzte.
Als sie Julia ins Haus kommen sah, trat sie ihr mit ausgestreckten Armen, die Hände zu Klauen verkrümmt, entgegen. »Mörderische Hexe! Ich bringe dich um, wenn du dich hier zeigst.«
Paul hielt sie fest und drehte ihr die Arme auf den Rücken »Hören Sie damit auf. Verdammt noch mal, Travers, Julia gehört dieses Haus.«
»Sie kommt eher in die Hölle, als dass sie es betritt.« Tränen flössen ihr aus den Augen, während sie sich bemühte, sich zu befreien. »Sie hat ihr das Herz gebrochen, und da ihr auch das noch nicht reichte, hat sie sie getötet.«
»Hören Sie mir zu. Drake wurde ermordet.«
Travers hörte auf, sich zu wehren, um Atem zu schöpfen. »Drake? Er ist tot?«
»Er wurde erschossen. Wir haben ihn gestern abend gefunden. Wir haben einen Zeugen, der ihn an jenem Tag hier auf dem Grundstück gesehen hat. An dem Tag, an dem Eve getötet wurde. Travers, die Sicherheitsanlage war abgeschaltet. Drake ist über die Mauer geklettert.«
»Wollen Sie mir erzählen, dass Drake Eve umgebracht hat?«
Jetzt schenkte sie ihm endlich Aufmerksamkeit, er löste seinen Griff um ihre Arme ein wenig. »Nein, aber er hat gesehen, wer es getan hat. Deshalb ist er jetzt tot.«
Travers Blick kehrte zu Julia zurück. »Wenn sie ihre eigene Mutter töten konnte, konnte sie auch ihren Cousin umbringen.«
»Sie hat Drake nicht getötet. Sie war bei mir. Die ganze Nacht.«
Die Linien um Travers Augen wurden noch tiefer. »Sie hat Sie geblendet. Mit Sex.«
»Ich will, dass sie mir zuhören.«
»Nicht solange sie im Haus ist.«
»Ich warte draußen.« Julia schüttelte den Kopf, bevor Paul dagegen protestieren konnte. »Das ist in Ordnung. Es ist besser so.«
Als Julia die Tür hinter sich geschlossen hatte, entspannte sich Travers. »Wie können Sie mit dieser Hure schlafen?« Sobald sie Paul losließ, wühlte sie in ihrer Tasche nach einem Taschentuch herum. »Ich dachte, Eve hätte Ihnen etwas bedeutet.«
»Sie wissen, dass es so ist. Kommen Sie herein und setzen Sie sich. Wir müssen miteinander reden.« Als er sie im Wohnraum auf einem Sessel untergebracht hatte, kauerte er sich zu ihren Füßen hin. »Ich bitte Sie, mir von Charlie Grays Tochter zu erzählen.«
Travers Augen flackerten kurz auf, bevor sie die Lider senkte. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
»Eve wusste es. Sie vertraute Ihnen mehr als irgend jemandem sonst. Sie muss es Ihnen erzählt haben.«
»Wenn sie mir vertraute, warum hat sie mir dann nicht erzählt, dass sie krank war?« Überwältigt von Kummer, verbarg sie das Gesicht in beiden Händen. »Dass sie sterben musste?«
»Weil sie Sie geliebt hat. Und weil sie nicht wollte, dass sie in der kurzen Zeit, die ihr noch blieb, mit Mitleid und Bedauern geplagt würde.«
»Sogar das hat man ihr noch genommen. Diese kurz bemessene
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