Erinnerungen an die Wahrheit
irdischen Realität geschieht. Schauungen zukünftiger Ereignisse sind daher oft Warnungen vor einer Fehlentscheidung; wer das richtig versteht, kann dann durch seine veränderte geistige Haltung und auch durch entsprechend verändertes Handeln die schicksalsmäßigen Auswirkungen noch im letzten Moment anders lenken.
Die Kämpfe und das „Trojanische Pferd“
In den ersten Jahren des Trojanischen Krieges fand der Kampf auf dem Meer statt, wobei die Griechen allmählich die Oberhand gewannen, da sie die größere Anzahl von Schiffen führten. Es gelang ihnen schließlich, einen Brückenkopf an der Küste von Troja zu errichten. Von hier aus unternahmen sie Kriegszüge gegen Troja und seine Verbündeten, und nach weiteren Jahren konnten sie Troja vom Hinterland abriegeln – ohne allerdings die Stadt einnehmen zu können.
Je länger dieser Krieg dauerte, je mehr Ströme von Blut flossen, desto heftiger wuchsen Erbitterung und Haß auf beiden Seiten. Auch Seuchen brachen aus und verschärften die Kriegssituation. Kassandra kümmerte sich in Troja unermüdlich um die Kranken und Verletzten und konnte mit ihrer Heilkunst vielen helfen. Sie wurde dabei tatkräftig unterstützt von Andromache, der Gattin des Hektor. Doch ihre eigentliche Mission – Heranführung an die wahre Gotterkenntnis – konnte Kassandra infolge der katastrophalen Kriegswirren nicht mehr erfüllen. Die Menschen hatten sich dafür als unreif erwiesen, und Kassandra konnte nur immer wieder Unglück und Unheil prophezeien: „Nicht das Schwert wird uns fällen, nicht die Tapferkeit wird uns besiegen, sondern griechische List – wenn wir nicht auf der Hut sind.“ Doch niemand wollte das Schlimme hören, und man fuhr fort, Kassandra als wahnsinnig zu brandmarken.
Im zehnten Kriegsjahr wollten die Griechen dann tatsächlich durch eine List erreichen, was in „heldenhaftem“ Kampf nicht zu gewinnen war. Sie täuschten eine Heimfahrt ihrer Schiffe und Truppen vor und ließen nur ein riesiges, hölzernes Pferd am Strand zurück, in dem griechische Kämpfer verborgen waren. Kassandra warnte: „Die Griechen sind nicht abgezogen, sie halten sich versteckt. Brennt das hölzerne Pferd nieder!“ Doch das Volk wollte wieder nichts von ihren Warnungen hören. Jetzt wollte man den Sieg feiern nach so langem Krieg, der schon fast verloren schien.
Auf Kassandras dringliche Bitte hin warnte auch der Oberpriester des Apoll-Tempels, Laokoon, das Volk: Man solle das Pferd am Strand stehen lassen. Er ergriff einen Speer und schleuderte ihn mit voller Wucht auf das hölzerne Standbild. Doch im selben Augenblick schossen mächtige Schlangen aus einem Korb, der unauffällig unter dem Pferd stand, auf Laokoon zu und töteten ihn mitsamt seinen beiden Söhnen vor den Augen der Trojaner. Diese nahmen das als warnendes Zeichen der Götter und deuteten das Pferd als Opfergabe der Griechen an Poseidon, damit sie unter seinem Schutz eine gute Heimfahrt hätten. (Die Seefahrer der Antike verehrten Poseidon als Meeresgott – zugleich galt er auch als Herr der Pferde.) Nun hoben die Trojaner das mächtige hölzerne Pferd auf Rollen und zogen es im Triumphzug hinter die Mauern ins Innere ihrer Stadt.
Trojas Untergang und Kassandras Tod
Die Griechen hatten in ihrem aufgelassenen Lager vor Troja reichlich Wein und Speisen zurückgelassen. Auf diese List fielen die ausgehungerten Trojaner herein – sie feierten ausgiebig den vermeintlichen Sieg. Berauscht und erschöpft fielen sie endlich in tiefen Schlaf. Doch der sollte nur kurz dauern! Die versteckten Griechen kletterten aus dem Pferd, öffneten die Tore der Stadt, und die zurückgekehrten griechischen Krieger konnten ungehindert eindringen.
Es begann ein furchtbares Gemetzel in der Stadt, ein Kampf, den die überraschten Trojaner gegen die Überzahl der Griechen nicht gewinnen konnten. Achill, einer der großen Helden bei den Griechen, tötete in rasendem Eifer Hektor, den trojanischen Königssohn und Anführer der trojanischen Truppen. Damit war Trojas Untergang besiegelt. Achill schleifte den toten, an den Streitwagen gebundenen Hektor in blinder Wut um die Mauern der Stadt. Paris rächte noch seinen Bruder Hektor und tötete Achill. Odysseus, König von Ithaka und klügster Kämpfer bei den Griechen (er hatte wohl auch die Idee mit dem hölzernen Pferd), rächte seinerseits Achill und tötete den Paris. König Priamos bot angesichts der aussichtslosen Lage den Feinden seine Brust. Auch Hekuba starb, Trojas Ende
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