Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)
Journal de Genève , sagte Lucy, und das war damals eine großartige Zeitung. Ich habe Hubert in Paris bei einem Dinner kennengelernt, das der Mann, der das Newsweek -Büro leitete, und seine Frau gaben, als ich noch für die Vogue arbeitete. Ich hatte den Platz neben Hubert. Er bot an, mich nach Hause zu begleiten, und erzählte mir auf dem Weg, dass er eine Frau und zwei kleine Töchter habe. Du weißt, wie ich war. Ich forderte ihn auf, trotzdem auf einen letzten Drink mit in meine Wohnung zu kommen, und kaum waren wir drinnen, griff ich nach ihm. Ich wusste, was ich tat. Er konnte lieben wie ein Gott – so hatte mich noch nie einer gefickt. Auch nach ihm keiner mehr. Später erklärte er, das liege daran, dass er zum olympischen Ski-Team der Schweiz gehört habe. Das Training für die Wettkämpfe habe ihm vollkommene Körperbeherrschung beschert. Er blieb bis zum Ende der Woche in Paris, und wir liebten uns jede Nacht bis zum Morgengrauen. Später fand er immer wieder Gründe, nach Paris zu kommen, um mich zu sehen. Er rief dann mitten in der Nacht an und sagte, j’arrive . Nachdem das sechs Monate so gegangen war,sagte er, es tue ihm leid, aber wir müssten aufhören. Eine seiner Töchter stehe schlecht in der Schule; seine Frau wirke misstrauisch; er sagte nicht ausdrücklich, dass er sich schuldig fühle, wollte es mir aber zu verstehen geben. Ich war unglaublich traurig. Es war Frühherbst. Teilweise Huberts wegen war ich im Sommer nicht zu Hause gewesen, also fuhr ich jetzt, weil ich keine anderen Pläne hatte, nach Bristol. Als ich noch in der Farmington School war und ab und an auch, als ich ins Radcliffe College ging, pflegte mich dein guter Freund Alex zu vögeln. Er ließ mich nach New York kommen oder fuhr nach Boston. Als ich von John hörte, dass Alex an der Business School war, beschloss ich, ihn zu besuchen. Besser als in Bristol herumzusitzen und mit meinen Eltern und John und Edie zu dinieren, war es allemal. Alex wohnte im Wohnheim der Business School, wie alle anderen auch, aber da er eben Alex war, hatte er außerdem ein kleines Apartment am Beacon Hill. Dort ließ er mich wohnen. Wir hatten es gut zusammen, und allmählich kam mir der Gedanke, dass die Dinge vielleicht diese Wendung nehmen sollten, aber dann erklärte er mir aus heiterem Himmel, dass er Priscilla Baldwin heiraten werde. Dieses Scheusal mit dem Pferdegesicht! An der Farmington School war sie eine Klasse über mir gewesen. Alle hassten sie und mokierten sich über ihren fetten Arsch. Wirklich komisch ist, dass sie und Alex immer noch verheiratet sind. Jedenfalls überreichte mir Alex Thomas als Abschiedsgeschenk. Er muss sich totgelacht haben.
Sie hielt mir ihr leeres Glas hin.
Ich mixte ihr einen Highball und zog mich wieder in meine Sofaecke zurück.
Natürlich hat Thomas nichts begriffen, fuhr sie fort.Er hielt Alex für diesen fabelhaften Kerl, der ihm einen großen Gefallen tat. Ich begriff es auch nicht; ich sah nicht, dass diese Gabe vergiftet war. Ich wusste nur, dass ich nicht als die Dumme dastand und dass zur Abwechslung mal jemand mich liebte und nicht genug von mir haben konnte. Ich weiß nicht, was er dir von dieser Italienreise erzählt hat, aber was ich dir jetzt sage, hätte er dir bestimmt nie erzählt. Wenn er Auto fuhr, hatte er eine Hand am Steuer und die andere in meinem Schoß. Ich wurde fast wahnsinnig vor Angst. Manchmal musste ich ihm sagen, er solle an den Straßenrand fahren, dann konnte er mich auf der Rückbank ficken. Er war wie besessen. Seine Ahnungslosigkeit in so gut wie allem war verblüffend. Ich werde nie vergessen, wie wir in den Uffizien vor einer Kreuzigung von Bellini standen und ich ihm erklären musste, wer die beiden Kerle an den Kreuzen links und rechts von Jesus waren. Der Mann mit der Autowerksatt und seine Frau gingen nicht in die Kirche, also war Thomas nicht in der Sonntagsschule. Eines muss ich ihm allerdings lassen: Wenn ich ihm einmal etwas erklärt hatte, behielt er es fest im Gedächtnis, auch wenn er manchmal lieber vergaß, dass er es von mir gelernt hatte. Jedenfalls, als unsere Tour durch Italien zu Ende war, fuhren wir nach Paris, und dort verabschiedeten wir uns. Obwohl ich geschwankt hatte, ob ich ihm eine Einladung zukommen lassen sollte, hatte ich es schließlich doch getan, und wir wollten uns auf der Hochzeit meines Bruders wieder treffen. Er wusste, dass ich noch nicht entschieden hatte, wie lange ich in den Staaten bleiben würde, und ich hatte ihm
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