Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)
sie spielten Hallentennis. Der Männer hatten Slups, die in Marbleheadlagen. Wenn das Wetter mitspielte, segelten sie an den Wochenenden. In den Sommerferien nahmen sie ihre Boote und fuhren nach Maine, wo sie bei ihren Eltern auf Mount Desert Island wohnten und der ganze Clan sich traf. Mit meinen Borden- und Hubbard-Verwandten in Boston war es das Gleiche. Sie fanden Thomas ganz nett, was immer das bedeutete, vielleicht amüsierte er sie, aber er segelte nicht, er lief nicht Ski, er war jünger, und er war sehr von sich eingenommen. Wenn sie am Samstagabend mit ihren Freuden zusammenkamen, um Platten zu spielen und zu tanzen, war für ihn kein Platz. Für mich auch nicht. Die Frauen, vielleicht sogar die Männer, spürten, dass mit mir etwas falsch gelaufen war. Wozu waren eigentlich die ganzen Jahre in Paris gut gewesen, und hatte es da nicht irgendein Problem in Farmington gegeben, worum ging es da noch mal, waren meine Eltern und ich nicht zerstritten, wo hatte ich Thomas gefunden, und wer war er überhaupt, warum waren sie nicht zu unserer Hochzeit eingeladen worden, hatten wir wirklich in Bristol geheiratet? Du kannst dir denken, wie da getuschelt wurde. So waren meine alten Freundinnen aus meinem College-Jahrgang und meine Cousinen mit ihrem wohlgeordneten Leben, ihren regelmäßigen Dinnerpartys und ihren Walzerabenden, einmal im Monat, um das Tanzbein zu schwingen. Zweimal lud meine Cousine Betty uns dazu ein. Thomas hatte keinen Frack, aber das war in Ordnung, er trug seinen Smoking, den er allein gekauft hatte, so dass er den falschen Schnitt hatte und schlecht saß. Aber das eigentliche Problem war, dass er nicht Walzer tanzen konnte. Er konnte so gut wie gar nicht tanzen! Wo hätte er es auch lernen sollen? Ich versuchte nicht, mit ihm zu üben. Es hatte keinen Sinn, weil man wirklich gut tanzen können musste, sonst hatte man auf diesem Parkett nichts zu suchen. Ich tanzte gern Walzer, mir gefielen diese Abende, und ob Thomas tanzen konnte oder nicht, machte keinen großen Unterschied. Aber Bessie lud uns nicht mehr ein. Das war vielleicht keine neue Entwicklung, aber die Wahrheit ist, dass mir erst dadurch eine schlichte Tatsache bewusst wurde. Lucy De Bourgh war déclassée , nicht mehr eine Person, die man auf der Einladungsliste behielt, nachdem man sie einmal aufgenommen hatte. Obendrein ging es mir schlechter und schlechter. Dr. Reiner fand, ich würde mir während der Therapiestunden nicht genug Mühe geben; wieder redete er davon, mich zurück in die Klinik zu schicken; er ließ meinen Zustand von einem Kollegen in der Malborough Street einschätzen, einem abscheulichen Mann, der vorschlug, eine Behandlung mit Elektroschocks zu versuchen. Weinend floh ich aus seiner Praxis. Als ich am nächsten Tag wieder bei Dr. Reiner war, sagte er, der Mann in der Marlborough Street hätte mir vielleicht erklären müssen, welche Fortschritte man in der EKT gemacht habe und dass sie nur eine von verschiedenen möglichen Therapien sei. Trotzdem müsse ich mir darüber im Klaren sein, dass er, Dr. Reiner, sich Sorgen mache, weil wir nicht mehr vorankämen; er nehme diesen Fehlschlag sehr ernst. Er fragte mich nach meiner Arbeit, die wirklich das Einzige in meinem Leben war, das gut ging, und wie üblich nach Thomas. Ich sagte ihm die Wahrheit: Die Heirat sei ein Fehler gewesen; ich könne Thomas nicht leiden; ich versänke in einen Sumpf. Dr. Reiner fand keine Antwort. Er tat so, als suche er nach einer, dabei ruinierte er mein Leben und räumte mein Bankkonto leer.
Sie fing an zu weinen, zum ersten Mal seit unseren ersten Treffen. Wir saßen auf einer Parkbank. Ich fand keine tröstlichen Worte, legte den Arm um sie und klopfte ihr auf die Schulter.
Schon gut, sagte sie, danke. Oder nein, es ist nicht gut. Weißt du, wie kaputt sie dich machen, deine Mama und dein Papa, nicht mit Absicht, aber trotzdem? Natürlich weißt du das. Mich haben sie total kaputt gemacht, oder wenn nicht sie, dann die Männer, die mich ausgenutzt haben, Thomas gehört auch dazu, und all diese verdammten De Bourghs und Goddards, die die falschen Gene weitergegeben haben. Ich habe nicht das Leben gehabt, das ich mir erhofft hatte, das hast du wahrscheinlich schon zehnmal gehört, aber es stimmt nicht weniger, wenn ich es noch mal sage. Oder das Leben, das ich verdient hätte. Wie auch immer, sogar Thomas sah, dass ich krank war. Er fragte, was Dr. Reiner mir rate. Ich log und sagte, er wolle mich wieder in die Anstalt überweisen.
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