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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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unterhaltsam waren. Thomas machte dem ein Ende. Es war genau wie bei Jerzy. Er sagte, sie seien zwielichtige Gestalten; in Wirklichkeit fühlte er sich von ihnen bedroht. Er wollte mit Leuten aus der guten Gesellschaft zusammen sein, du weißt schon, mit Freunden meiner Eltern, ihren entfernten Verwandten und so weiter, oder mit seinen Kollegen und Klienten. Das änderte sich natürlich, als er selbst eine große Nummer wurde und sich in intellektuellen Kreisen aufhielt, unter Leuten, von denen er plötzlich ganz genau wusste, wie wichtig sie waren. Aber das kam später, nachdem wir uns getrennt hatten, als er mit dieser grässlichen Jane Morgan zusammen war!
    Sie konnte es nicht wissen, aber sie hatte mir gerade das Stichwort gegeben, das ich brauchte.
    Du meinst, nachdem du ihn dazu gebracht hast, in die Scheidung einzuwilligen?, fragte ich.
    Er hat mich betrogen, antwortete sie, aber er war sehr schlau dabei, aalglatt. Du kannst dir nicht vorstellen, wie satt ich das hatte. Ich hätte hundert Mal eine Scheidung verlangen müssen. Jedes Mal, wenn ich sagte: Ich weiß, was du tust, wurde sein Gesicht ausdruckslos und leer, oder er hatte einen Wutanfall. Dann sagte er: Wenn ich etwas falsch gemacht habe und du es beweisen kannst, dann sag’s mir, und ich sage dir, ob es stimmt oder nicht, ich gebe dir jede Erklärung, die du haben willst, ich gebe zu, was stimmt, aber wehe, du wagst,mir etwas vorzuwerfen, was du nicht beweisen kannst. Ich hatte Angst vor ihm, Angst, dass er mich umbringen würde. Natürlich konnte ich nichts beweisen, er war viel zu raffiniert und vorsichtig, aber das war mir egal. Ich wusste es einfach. Meine Intuition hat mich nie im Stich gelassen. Ein Indiz war, dass er Sex in anderen Varianten haben wollte. Er probierte neue Sachen an mir aus, gewöhnlich, wenn ich schon fast schlief. Irgendjemand zeigte sie ihm, denn er hatte sie vorher garantiert nicht gekannt, und jetzt fehlten sie ihm, wenn er bei mir war. Wenn ich sagte: Warum machst du das, Eheleute machen so was nicht oder höchstens, wenn normaler Sex bei ihnen nicht mehr funktioniert, dann hatte er die Frechheit, zu behaupten, was er mache, tue er nur, weil er gemerkt habe, dass es mich wirklich errege. Schließlich begriff ich, was los war: Er kaufte sich keine Nutten und sah sich auch keine Pornographie in der Eighth Avenue an. Das kannte ich alles schon, er hatte mich gezwungen, Deep Throat und Behind the Green Door von Anfang bis Ende anzusehen. Es war Jane Morgan. Warum sonst waren wir dauernd mit den beiden zusammen, mit ihr und ihrem schrecklichen Ehemann Horace, den sie hinauswarf, sobald sie wusste, dass sie Thomas harpuniert hatte? Einen anderen Grund dafür gab es nicht. Andere Anwälte in dieser Firma und andere Kanzleien arbeiteten auch für ihn, ohne dass er sie und ihre Frauen ständig zum Abendessen mit uns in dieses oder jenes Restaurant einlud. Er musste einfach mit ihr zusammen sein. Ob ich oder dieser Mann dabei waren, spielte keine Rolle. Ich habe sie sogar einmal beim Füßeln unter dem Tisch erwischt. Ich habe mit meinem Psychiater darüber geredet, und er sagte: Wenn das so ist, sollten Sie überlegen,diese Beziehung offen anzusprechen, und zusehen, dass jeder seinen Teil der Verantwortung übernimmt. Genau das tat ich. Ich rief Horace in seinem Büro an und sagte: Da ist eine Kleinigkeit, die Sie wissen sollten: Ihr enger Freund und guter Kunde, Mr. Thomas Snow, fickt Ihre Frau. Vielleicht müssen Sie mal mit ihr darüber reden. Er legte wortlos auf, und als ich wieder anrief, sagte seine Sekretärin, er sei in einer Sitzung und könne nicht gestört werden. Kein Wunder. Nichts sehen, nichts hören: Er wollte nichts wissen, was sein Verhältnis zu seinem wichtigsten Klienten erschweren oder ihn sogar seinen Job kosten konnte. Also sagte ich Thomas am nächsten Morgen, als er zur Arbeit gehen wollte, was ich getan hatte, und ich merkte, dass er wirklich getroffen war, an einer Stelle, wo es richtig schmerzte. Er wurde kalkweiß und verließ wortlos die Wohnung. Ich dachte mir, dass er am Abend nach Hause kommen und gewalttätig werden würde. Er hatte mich in diesem Monat schon einmal geschlagen, wegen einer Nichtigkeit. Er hatte einen Tisch für ein Dinner im Metropolitan Museum reserviert, das zu Ehren von Al Gordon veranstaltet wurde, er hatte ein paar seiner üblichen Geschäftsfreunde eingeladen, darunter natürlich die widerliche Jane und ihren Mann. Ich sagte, ich würde mitkommen, und dann passierte

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