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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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gewünscht habe, den großen Romancier kennenzulernen, der auch ein guter Freund seines verstorbenen Mentors und Partners gewesen sei. Er sah, dass Jane mich schon mit einem Gin Tonic versorgt hatte und ihm etwas brachte, das wie ein Bourbon auf Eis aussah, und schlug vor, dass wir uns mit den Drinks an den Tisch setzten. Seine Telefonkonferenz würde in etwa einer Stunde weitergehen. Ich freute mich, als ich sah, dass der Tisch auf einer mit Fliegengittern geschützten Veranda gedeckt war und dass kalte Hummer auf uns warteten. Auch wenn sie der Länge nach durchgeschnitten und die Zangen aufgeknackt waren, forderten sie unsere Aufmerksamkeit, und es dauerte ein paar Minuten, bis wir das aktuelle politische Thema Nummer eins aufnahmen, die heiße Phase der Vorbereitung für die Kampagne zur Wiederwahl 2004.
    Ich sagte Ned, dass Jane mir erzählt habe, er kenne Senator Kerry. Was halten Sie von ihm?, fragte ich.
    Ned lachte. Ein Kriegsheld, ein wahrhaft mutiger Antikriegsaktivist, ein großartiger Politiker. Und ein großartiger Kerl. Ich bin für ihn, und ich tue alles, womit ich nützlich sein kann. Ich bin sogar ein Fan von Teresa. Ich kannte und mochte auch ihren ersten Mann, einen Republikaner, aber von der richtigen Art. Ich weiß nicht, ob Jane es Ihnen erzählt hat, aber ich komme aus Pittsburgh, eigentlich aus einem Vorort. Sewickley. Meine Familie kannte die Heinzes seit ewigen Zeiten. Wir wurden immer zu ihren Weihnachtspartys eingeladen. Jane hat mir gesagt, Sie würden gern helfen, die Kampagne aufzupeppen, haben aber Mühe, zu den richtigen Leuten durchzukommen. Ich sehe zu, dass ich den Kontakt herstellen kann.
    Wir hatten die Hummerschalen und die leeren Hüllen auf den von Jane so genannten Knochenteller geworfen, einen Eichblattsalat gegessen, und ich hatte ein Glas Weißwein nach dem anderen getrunken. Das Essen und die Getränke hatten mir ausgezeichnet geschmeckt, und mir war klar geworden, dass ich Ned mochte, dass er und Jane ein gutes Paar waren, eines der Paare, in deren Gesellschaft man sich wohlfühlt. Als ich daran dachte, wie Bella und ich vor gar nicht so langer Zeit Freunden auf unserer Veranda in Sharon Mittagessen servierten, die genauso gut waren, nur eben französisch, überkam mich Neid.
    Eine junge Frau räumte den Tisch ab und kam mit Desserttellern und einer riesigen Schüssel Erdbeeren zurück. Aus dem Gewächshaus eines hiesigen Farmers, bemerkte Jane. Auf ihrem nächsten Gang brachte die junge Frau Zuckerplätzchen, die selbstgebacken schmeckten. Ich machte Jane ein entsprechendes Kompliment. Sie lächelte, und Ned füllte mein Glas nach. Allmählich drehtesich mir der Kopf, aber ich machte keine Anstalten, Ned am Einschenken zu hindern.
    Wollen wir einen Kaffee trinken?, fragte Jane und, an Ned gewandt: Wenn du wieder zu deinen Oligarchen musst, bevor sie in ihre Datschen brausen, bringe ich dir den Kaffee in dein Zimmer.
    Das wäre gut, antwortet er. Ich will vor dem Anruf noch einen Blick auf meine Notizen werfen.
    Was für ein netter Mann, sagte ich, als sie wiederkam. Ich bin wirklich dankbar für diese Gelegenheit, ihn kennenzulernen. Hast du noch etwas Kaffee für mich? Ich bin ein bisschen beschwipst, das hast du wahrscheinlich gemerkt.
    Sie schenkte mir Kaffee ein und strich mir über die Hand.
    Ja, er ist ein sehr netter Mann, sagte sie. Sogar noch mehr als das. Hier, trink noch einen Schluck Kaffee. Wenn du nicht zu müde bist, mache ich einen Spaziergang mit dir.
    Der Strand war genau so, wie ich ihn aus der Zeit in Erinnerung hatte, als Bella und ich oft bei Freunden in East Hampton wohnten: weiß, dem Anschein nach endlos und sogar an diesem herrlichen Samstag im Juni fast verlassen, bis auf ein paar Väter mit ihren Kindern, die gleich am Eingang zum Parkplatz Ballspiele mit Schlägern machten. Wir gingen flott, Jane gab das Tempo vor, und der Sand war zwar hart und glatt, aber nach einer halben Stunde an ihrer Seite fragte ich mich, wie lange ich wohl noch Schritt halten konnte. Sie spürte womöglich meine Erschöpfung und sagte: Kehren wir um. Nicht, dass wir uns auf einmal in Montauk wiederfinden. Der Rückweg war einfacher, aber als wir in Water Millankamen, war ich dankbar für den Vorschlag, eine Weile am Rand der Dünen auszuruhen.
    Weißt du, sagte sie plötzlich, ich muss mir ein paar Dinge von der Seele reden. Ich frage mich, welches Gift dir Lucy bei deinen Besuchen eingeflößt hat, ich kann nicht anders. Wahrscheinlich sollte es mir gleichgültig

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