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Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition)

Titel: Erinnerungen an eine Ehe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Die Männer nehmen sich, was ich habe, und ziehen dann türenknallend ab. Nur, dass du nie so etwas Grobes, Eindeutiges tun würdest; du gehst auf Zehenspitzen hinaus und schließt die Tür ganz leise hinter dir.
    Ich wollte protestieren, aber sie hob die Hand und sagte: Keine Sorge, ich bin nicht wütend auf dich, ich fahre morgen nach Little Compton. Peter und Mary Chaplin geben eine Party zum Einstand. Sie haben das große Haus verkauft und ziehen in ein sehr hübsches Cottage in der Nähe des Clubs. Aber wenn ich mich langweile oder wenn zu viel Nebel über dem Wasser liegt, besuche ich dich vielleicht einfach in Connecticut. Habe ich auch die richtige Telefonnummer?

IX
    Wie bereits erwähnt, hatte ich das Wochenende, das ich angeblich – so ließ ich Lucy glauben – zu einem Besuch bei meiner ältlichen Cousine Hetty in Philadelphia nutzen wollte, mit Jane Morgan und ihrem neuen Ehemann Ned Morris in Water Mill verbracht. Am Samstagmorgen hatte ich den Zug nach Southampton genommen, dort holte mich Jane am Bahnhof ab, und wir kamen rechtzeitig für ein spätes Mittagessen in ihrem Haus an. Es war mein erster Besuch dort, obwohl Thomas oft von dem Haus gesprochen hatte. Über Janes neuen Ehemann wusste ich nur, dass Thomas ihn, ein paar Jahre bevor er sich zur Ruhe setzte und auszahlen ließ, als Partner in die Firma aufgenommen hatte. Das Haus erwies sich als ein weitläufiger weißer Schindelbau an der Flying Point Road, inmitten eines verwilderten Gartens, der an einer Salzwiese endete. Dahinter lag der Ozean. Der arme Thomas liebte dieses Haus mitsamt seinen Makeln, sagte Jane. All die komisch geschnittenen Zimmer, die man unmöglich nutzen kann, die vier Veranden, die Art, wie alles Neue, das man mitbringt, sofort absorbiert wird. Sessel und Sofas, die gerade frisch gepolstert sind, Vorhänge, die letzte Woche genäht und gehängt wurden, alles sieht aus, als wäre es immer schon hier gewesen. Er hat es gekauft und renovieren lassen, bevor wir uns zur Heirat entschlossen. Er hat gesagt, dies sei das Haus, das er sich immer gewünscht habe, und es ist unmöglich, seine Gegenwart hier nicht zu spüren.Da du das nun weißt, fragst du dich wahrscheinlich, warum Ned und ich trotzdem beschlossen haben, hier zu wohnen. Die Antwort ist wohl, dass es auch uns gefällt, sehr sogar. Jamie wollte es nicht haben – er hat nicht vor, Zeit an der Ostküste zu verbringen –, und weder er noch ich wollten es verkaufen, also hat Ned es aus der Erbmasse erworben. Jamie ist inzwischen hier gewesen und sagt, er habe ein gutes Gefühl dabei. Ich weiß, woran du denkst: an die Wohnung in New York. Thomas hat sie mir vererbt, und ich fand es nicht nötig, umzuziehen.
    Ja, der arme Thomas! Ich sagte ihr nicht, dass er sich offenbar seine schönsten Walter-Mitty-Träume erfüllte, als er ein Haus in Water Mill kaufte und nach seinem Geschmack herrichten ließ. Vielleicht hätte sie es verstanden. Stattdessen sagte ich, dass mein Haus in Sharon zwar kleiner als dieses, aber in mancherlei Hinsicht ähnlich sei.
    Janes Mann war in seinem Arbeitszimmer und tat, was Spitzeninvestmentbanker vermutlich gern am Wochenende tun: Er telefonierte mit einem Kunden in Moskau. Während Jane eine Pantomime aufführte, um ihm zu signalisieren, dass er mit dem Gespräch zum Ende kommen solle, betrachtete ich ihn. Er war, schätzte ich, gut fünfzehn Jahre jünger als Thomas, groß und massig, mit einem Gesicht wie Li’l Abner und kräftigen, sommersprossigen Händen, die aussahen, als würden sie den Putter so fest umklammern, dass die Knöchel weiß hervortraten, wenn er dazu ansetzte, den Ball mit einem Birdie einzulochen. Ein Blick durch sein Arbeitszimmer bestätigte meine Intuition. Es war voller Andenken an Wettkämpfe, Golfparaphernalien, Fotos von Ned mitrotgesichtigen Männern, vermutlich lauter hochrangigen Spielern, Golfschläger und Golftaschen, die reif zum Ausrangieren waren. Wann Ned wohl glücklicher war – wenn er seine Millionen vervielfachte, oder wenn er auf dem Golfplatz war? Kam es überhaupt darauf an bei jemandem, der großartig aussah, ein Vermögen besaß und wirkte, als läge ihm die Welt zu Füßen? Was für ein Unterschied zu Thomas, der das Spiel nie gelernt hatte und sogar seinen täglichen Lauf im Central Park aufgab, als er das Laufband im Fitnessstudio entdeckte, und seinen Angestellten und Kollegen Abonnements dafür anbot.
    Endlich legte Ned den Hörer auf und versicherte mir, dass er sich schon lange

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