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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Kummer so zerrüttet, daß ich alles, was in meiner Macht stehe, tun müsse, um wenigstens mein Leben zu retten. Und zu diesem Zwecke wende ich mich an sie, mir zu erlauben, zuerst die Bäder zu benutzen und dann in meine Heimat zurückkehren zu dürfen.
    Nach Beendigung dieses Briefes ließ ich den Grafen Schuwaloff rufen, der mir beim Eintreten meldete, daß die gewünschten Wagen bereit stünden. Ich erklärte ihm, indem ich ihm meinen Brief an die Kaiserin übergab, er könne den Damen und Herren, die mich nicht ins Theater begleiten wollten, sagen, daß ich sie davon dispensiere. Graf Schuwaloff empfing meinen Brief mit Augenblinzeln; da er indes an Ihre Majestät gerichtet war, mußte er ihn wohl oder übel annehmen.Er übermittelte auch den Damen und Herren meiner Umgebung meine Worte, und Seine kaiserliche Hoheit selbst entschied, wer mit mir gehen und wer bei ihm bleiben sollte. Als ich später durchs Vorzimmer ging, fand ich Seine kaiserliche Hoheit mit der Gräfin Woronzow beim Kartenspiel in einer Ecke sitzen. Er, sowie sie erhoben sich, als sie mich kommen sahen, was Peter sonst nie zu tun pflegte. Ich erwiderte ihren Gruß mit einer tiefen Verbeugung und ging vorüber. Darauf begab ich mich in die Komödie, in welcher die Kaiserin an diesem Tage nicht zugegen war; ich glaube, mein Brief hatte sie davon abgehalten.
    Aus dem Theater zurückgekehrt, hörte ich von Graf Schuwaloff, daß Ihre kaiserliche Majestät selbst eine Unterredung mit mir wünschte. Augenscheinlich benachrichtigte Schuwaloff sofort den Großfürsten sowohl von meinem Briefe, als von der Antwort der Kaiserin, denn obwohl Peter sich seit jenem Tage nicht mehr bei mir sehen ließ, tat er doch alles, um bei der Unterredung mit der Kaiserin zugegen zu sein; und man glaubte ihm dies nicht abschlagen zu dürfen.
    Inzwischen blieb ich ruhig in meinem Zimmer und war vollkommen überzeugt, daß, wenn man daran gedacht hatte, mich fortzuschicken oder mich auch nur mit der Drohung einer Entfernung in Angst zu jagen, der von mir getane Schritt diesen Plan der Schuwaloffs vollständig vereiteln werde. Ich war mir meiner Sache so gewiß, zumal man nie größeren Widerstand finden konnte, als bei der Kaiserin, die keineswegs zu so eklatanten Maßnahmen dieser Art geneigt war. Außerdem erinnerte sie sich nur noch zu gut der früheren Mißstände in ihrer eigenen Familie und wünschte gewiß nicht, sie wieder erneuert zu sehen. Gegen mich konnte nur eins geltend gemacht werden, nämlich, daß ihr Herr Neffe mir nicht als der liebenswürdigste Mann erschien, gerade wie ich ihm nicht alsdie liebenswürdigste Frau. Ueber ihren Neffen dachte aber die Kaiserin genau so wie ich. Sie kannte ihn so gut, daß sie schon seit einer langen Reihe von Jahren nirgends eine Viertelstunde mit ihm zusammen sein konnte, ohne Ekel, Zorn oder Kummer zu empfinden. Wenn aber in ihren Gemächern die Rede auf ihn kam, weinte sie entweder über das Unglück, einen solchen Erben zu haben, oder sie drückte nur ihre Verachtung gegen ihn aus und gab ihm oft Beinamen, die er leider nur zu gut verdiente. Ich habe solche Ausdrücke sogar schriftlich in Händen gehabt, denn in den Papieren der Kaiserin fand ich zwei von ihr eigenhändig geschriebene Briefe, von denen der eine an Iwan Schuwaloff, der andere an Graf Razumowski gerichtet schien, in denen sie ihren Neffen verfluchte und zum Teufel wünschte. In dem einen hieß es: Prokliatyi moi plemjannik dasadila kak njelsja boljee. (Mein verdammter Neffe hat mir viel Aerger verursacht), und in dem andern: Plemjannik moi urod, tschjort jewo wosmi. (Mein Neffe ist ein Einfaltspinsel, den der Teufel holen möge).
    Uebrigens war mein Entschluß gefaßt. Ich betrachtete meine Rücksendung oder Nichtrücksendung mit sehr philosophischem Auge, denn in keiner Lage, in welche mich auch die Vorsehung versetzt hätte, würde ich ohne die Hilfsquellen gewesen sein, die Geist und Talent jedem nach seinen natürlichen Fähigkeiten gewähren. Ich fühlte den Mut in mir, zu steigen oder zu fallen, ohne daß mein Herz und meine Seele durch Erhebung in Prahlerei oder durch das Gegenteil in Erniedrigung und Demütigung gesunken sein würden. Ich wußte, daß ich ein Mensch war und deshalb ein beschränktes und der Vollkommenheit unfähiges Wesen, aber meine Absichten waren stets rein und aufrichtig. Wenn ich auch von Anfang an gesehen hatte, daß es eine schwierige, wo nicht unmögliche Sache sei, einen Mann zu lieben, der nichts weniger als der

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