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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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wie die Schuwaloffs mir den Haß Ihrer kaiserlichen Majestät zugezogen hätten, und endlich meine gegenwärtige Lage, die mich veranlaßt hatte, der Kaiserin den Brief zu schreiben, in welchem ich sie um die Erlaubnis gebeten, mich zu entfernen. Ich beschwor ihn, mir doch eine baldige Antwort auf meine Bitte zu verschaffen, und fand ihn außerordentlich freundlich gegen mich gesinnt; weniger einfältig, als man ihn mir geschildert hatte. Er meinte, mein Brief werde schon die gewünschte Wirkung hervorbringen, ich müsse nur darauf bestehen, zu meinen Verwandten zurückkehrenzu wollen. Dann würde man mich sicher nicht fortlassen, weil man einen solchen Schritt nicht vor dem Publikum rechtfertigen könne, dessen ganze Aufmerksamkeit auf mich gerichtet sei. Er gab zu, man behandle mich grausam; die Kaiserin, die mich in zartem Alter zur Gattin ihres Neffen gewählt habe, überlasse mich der Willkür meiner Feinde, während sie wahrhaftig besser tun würde, meine Rivalinnen, besonders Elisabeth Woronzow, fortzuschicken und ihre Günstlinge im Zaume zu halten. Die letzteren seien durch die von den Schuwaloffs täglich neu eingeführten Monopole weiter nichts als die Blutsauger des Volkes und brächten obendrein jeden gegen ihre Ungerechtigkeit auf, wie z.B. in der Sache Bestuscheffs, von dessen Unschuld das Publikum überzeugt wäre. Er schloß seine Rede mit dem Versprechen, sich sofort zur Kaiserin zu begeben, wo er warten wollte, bis diese erwacht sei, um mit ihr zu reden und die Zusammenkunft, die sie mir versprochen, zu beschleunigen. Jedoch würde ich gut tun, im Bett liegen zu bleiben, denn er wolle sagen, Gram und Schmerz könnten mich töten, wenn man nicht ein schnell wirkendes Mittel anwende, mich auf eine oder die andere Weise aus dem Zustand der Verlassenheit zu befreien.
    Er hielt Wort. Er schilderte der Kaiserin meinen Zustand in so lebhaften Farben, daß Ihre Majestät den Grafen Alexander Schuwaloff zu sich kommen ließ und ihm befahl, zu sehen, ob ich imstande sei, die folgende Nacht mit ihr zu sprechen. Graf Schuwaloff brachte mir diese Botschaft, worauf ich ihm versprach, alle meine Kräfte zusammennehmen zu wollen. Gegen Abend also stand ich auf; Schuwaloff meldete mir, er werde mich gegen Mitternacht abholen und mich in die Gemächer Ihrer kaiserlichen Majestät geleiten. Der Beichtvater ließ mir durch seine Nichte sagen, alles sei im schönsten Gange und die Kaiserin werde noch heute abend mit mir reden.So kleidete ich mich gegen zehn Uhr abends an und legte mich vollständig angezogen auf ein Sofa, wo ich einschlief. Ungefähr um halb zwei Uhr trat Graf Schuwaloff in mein Zimmer und teilte mir mit, daß die Kaiserin mich zu sehen wünsche. Ich erhob mich und folgte ihm. Wir gingen durch die Vorzimmer, die leer waren. Als wir an die Tür der Galerie kamen, sah ich den Großfürsten durch die gegenüberliegende Tür gehen. Auch er begab sich also zur Kaiserin. Ich hatte ihn seit jenem Tage der russischen Komödie nicht gesehen, denn selbst als ich mich für lebensgefährlich krank erklärt hatte, war er weder gekommen, noch hatte er sich nach meinem Befinden erkundigt. Später erfuhr ich, daß er an eben diesem Tage Elisabeth Woronzow versprochen hatte, sie zu heiraten, wenn ich sterben sollte; beide äußerten über meinen Zustand die größte Freude.

Zweiundzwanzigstes Kapitel.
    Unterredung mit der Kaiserin. – Verleumderische Anklagen des Großfürsten gegen mich. – Ich gehe siegreich aus dem Kampfe hervor. – Unerwartetes Vertrauen der Kaiserin. – Graf Woronzow. – Ich erscheine wieder in der Oeffentlichkeit. – Prinz Karl von Sachsen. – Man erlaubt mir, meine Kinder zu besuchen. – Zweite Zusammenkunft mit Ihrer Majestät.
    In dem Gemache Ihrer kaiserlichen Majestät angelangt, fand ich den Großfürsten dort schon vor. Sowie ich die Kaiserin erblickte, fiel ich vor ihr auf die Knie und bat sie unter Tränen aufs inständigste, mich zu meinen Angehörigen zurückkehren zu lassen. Sie wollte mich aufheben, aber ich verharrte zu ihren Füßen. Sie schien mir an diesem Abend mehr bekümmert als zornig, denn sie sagte mit Tränen in den Augen: »Wiekönnen Sie wünschen, daß ich Sie zurückkehren lasse? Erinnern Sie sich nicht Ihrer Kinder?« – Ich antwortete: »Meine Kinder sind in Ihren Händen und könnten sich nirgends besser befinden; ich hoffe, Sie werden sie nicht verlassen.« – Darauf sagte sie: »Aber was soll ich dem Publikum als Ursache Ihrer Entlassung anführen?«

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