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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Welch auffallender Kontrast mit dem Geist, Geschmack, Verstand und Takt, welche die Feste der Großfürstin auszeichneten!
    Der Gesundheitszustand der Kaiserin Elisabeth, der längst im Abnehmen begriffen war, ließ beim Herannahen des Winters wenig Hoffnung, daß sie denselben überleben werde.Auch ich teilte den Kummer, den meine Familie und besonders der Großkanzler darüber empfand, aber nicht nur, weil ich Ihre Majestät liebte, sondern weil ich sah, wie wenig mein Vaterland von dem Großfürsten, ihrem Nachfolger, zu hoffen hatte. Dieser war in die entehrendste Unwissenheit versunken, unbekümmert um das Glück des Landes, und von keinem höheren Gefühl beseelt, als von dem gemeinen Stolz, das Geschöpf des Königs von Preußen zu sein, den er unter seinen holsteinschen Generalen durch den Titel: »der König, mein Herr,« zu bezeichnen pflegte.
    Ungefähr Mitte Dezember wurde es bekannt gemacht, daß die Kaiserin nur noch wenige Tage zu leben habe. Ich fühlte mich gerade zu jener Zeit häufig unwohl und war genötigt, das Bett zu hüten; aber uneingedenk jeder andern Gefahr, außer der, welcher die Großfürstin ausgesetzt war, falls die Kaiserin sterben sollte, stand ich am 20. um Mitternacht auf, hüllte mich in meine Pelze und ließ mich zu dem hölzernen Palast an der Moika fahren, wo Ihre Majestät und die übrige kaiserliche Familie damals residierten. In einiger Entfernung vom Palast stieg ich aus, ging zu Fuß bis zu einer kleinen Hinterpforte in dem Flügel, der von Ihren kaiserlichen Hoheiten bewohnt wurde, in der Hoffnung, unbemerkt das Zimmer der Großfürstin zu erreichen. Durch einen glücklichen Zufall, der mich vielleicht vor einem unheilvollen Irrtume bewahrte – denn ich war in diesem Teile des Schlosses völlig unbekannt – begegnete ich der ersten Kammerfrau der Großfürstin, Katharina Iwanowna. Nachdem ich mich zu erkennen gegeben, bat ich sie, mich sogleich zu Ihrer kaiserlichen Hoheit zu führen. »Sie liegt im Bett,« war die Antwort. – »Das tut nichts,« sagte ich, »die Sache, die mich herführt, ist dringend, und ich muß sie noch diese Nacht sprechen.« Die Kammerfrau, die wohl meine Zuneigung für ihre Herrin kannte, machtedenn auch trotz der unpassenden Stunde keine weiteren Einwendungen, sondern führte mich zu ihren Gemächern. Die Großfürstin wußte, daß ich krank war, und ich mich daher nicht ohne Gefahr der Kälte einer strengen Winternacht aussetzen konnte, und außerdem kannte sie die Schwierigkeit, in den Palast eingelassen zu werden. Sie wollte kaum ihren Ohren trauen, als ich angemeldet wurde. »Ums Himmels willen!« rief sie aus, »wenn sie es wirklich ist, laßt sie schnell herein.« – Ich fand sie im Bett, aber noch ehe ich ein Wort sagen konnte, rief sie: »Meine teure Fürstin, ehe Sie mir sagen, was Sie zu solch ungewohnter Stunde herführt, wärmen Sie sich erst. Sie sind wirklich zu wenig besorgt um Ihre Gesundheit, die Fürst Daschkoff und mir so teuer ist.« Sie bat mich, zu ihr ins Bett zu kommen, und nachdem sie meine Füße gut eingewickelt hatte, erlaubte sie mir endlich, zu sprechen.
    »Bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge, Madame,« begann ich, »da die Kaiserin nur noch wenige Tage, vielleicht nur noch wenige Stunden zu leben hat, kann ich nicht länger die Ungewißheit ertragen, in die ein herannahendes Ereignis das Wohl Ihrer Person bringen kann. Ist es denn nicht möglich, der Gefahr vorzubeugen und die Wolken zu zerteilen, die im Begriff sind, sich über Ihrem Haupte zu entladen? In Gottes Namen vertrauen Sie mir, ich bin es wert und will es beweisen. Haben Sie zu Ihrer Sicherheit irgend einen Plan entworfen oder Vorsichtsmaßregeln getroffen? Geben Sie mir Ihre Befehle und gebieten Sie über mich.«
    Unter Tränen drückte die Großfürstin meine Hand an ihr Herz. »Ich bin Ihnen, teure Fürstin,« sagte sie, »unaussprechlich dankbar, aber ich erkläre Ihnen hiermit mit dem völligsten Vertrauen, ich beteure Ihnen, daß ich keinen Plan irgend einer Art habe, daß ich nichts tun kann und mir, wie ich glaube, nichts anderes übrig bleibt, als mit Mut dem zubegegnen, was über mich verhängt ist. Ich übergebe mich den Händen des Allmächtigen und vertraue auf seinen Schutz,« – »Gut,« sagte ich, »dann müssen Ihre Freunde für sie handeln, Madame. Was mich betrifft, so besitze ich genügend Eifer, sie zu entflammen. Und welches Opfer würde ich nicht dafür bringen?«
    »Ums Himmels willen, Fürstin,« erwiderte sie, »denken

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