Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
darzustellen, der auf die strengsten Prinzipien der Tugend gestützt sei; mein Enthusiasmus und die Vaterlandsliebe, von denen ich erfüllt sei, habe nicht den leisesten Gedanken an persönlichen oder Familienvorteil. –
Immer näher rückte der günstige Augenblick, und doch gab es noch viel zu tun, um Panin vollkommen in der Schlinge zu haben. Ich beschloß daher, bei der nächsten Zusammenkunft mit ihm alle Vorsicht wegzuwerfen und ein vollständiges Bekenntnis über die Natur und Verbreitung unserer Verschwörung abzulegen. Sobald sich also die Gelegenheit darbot, sprach ich zuerst von einem ernsten Plan, eine Revolution zustande zu bringen. Er hörte aufmerksam zu und legte in seiner Antwort besonderen Nachdruck auf die Formen, in denen solche Dinge vollbracht würden, sowie auf die Mitwirkung des Senats. Daß die Mitwirkung dieser Behörde von großem Vorteil wäre, leugnete ich nicht; konnte man aber ohne große Gefahr den Versuch machen, ihre Hilfe zu gewinnen? Auch seiner Meinung, daß die Kaiserin nicht selbst auf den Thron, sondern nur als Regentin während der Minderjährigkeit ihres Sohnes eingesetzt werden könnte, pflichtete ich bei und suchte seine Skrupel über die weiteren Absichten einer Revolution zu bekämpfen. »Lassen Sie nur erst die Tat geschehen sein,« sagte ich, »und Sie werden sehen, daß kein Mensch einen andern Grund dafür suchen wird, als die unmittelbare, drückende Not, welche nur durch einen Wechsel der regierenden Gewalt behoben werden konnte.« Darauf nannte ich ihm die hauptsächlichsten Personen, die mit mirzur Herbeiführung dieses Wechsels verbunden waren: die zwei Rasloffleffs, Lassunski, Passik, Bredichin, Baskakoff, Hetroff, Fürst Bariatinski und die Orloffs. Er war äußerst bestürzt, als er sah, wie weit ich mich bereits kompromittiert hatte, und noch dazu ohne alle Mitteilung oder vorhergehendes Einverständnis mit der Kaiserin. Ich hingegen rechtfertigte meine Zurückhaltung als einen Akt der Vorsicht, da Ihre Majestät nicht Mitwisserin unserer noch unreifen und zweifelhaften Pläne sein konnte, ohne in eine gewisse Verlegenheit zu geraten und sich vielleicht unnötig einer Gefahr auszusetzen. Ehe wir schieden, empfahl ich ihm, Teploff für uns zu gewinnen, der gerade aus der Festung, wohin ihn Peter III. hatte bringen lassen, entlassen worden war.
Unsere Partei wuchs täglich an Zahl, aber es war kein gleichmäßiger Fortschritt in der Organisation unserer Pläne. Während dieser Zeit zog ich mich in die Einsamkeit meines Landhauses in der Nähe von Petersburg zurück, anscheinend um die Verbesserungen auf meinem Gute zu überwachen, in Wirklichkeit aber suchte ich meine Gedanken zu ordnen und einen praktischen und haltbaren Aktionsplan zu finden, der dem Gegenstand und der Natur unserer Verschwörung angemessen wäre.
Viertes Kapitel.
Umzug des Hofes nach Peterhof. – Ungeduld der Garden. – Der denkwürdige 27. Juni. – Unvorhergesehene Folgen einer Verhaftung. – Beschleunigung der Katastrophe. – Besuch des jungen Orloff bei der Fürstin. – Erfolg des Unternehmens. – Katharina wird zur Herrscherin proklamiert. – Ich eile zu ihr. – Die Kaiserin und Fürstin Daschkoff in Uniform. – Rückkehr der Kaiserin nach Peterhof.
Der Umzug des Hofes nach Peterhof und Oranienbaum, welcher ungefähr Anfang des Sommers stattfand, gab mir so viel Muße, als ich nur wünschen konnte. Auf diese Weise von des Kaisers Abendgesellschaften erlöst, war es mir nicht unlieb, in der Stadt zu bleiben. Zu dieser Zeit zeigten sich unter den Garden, die merkten, daß sie plötzlich nach Dänemark eingeschifft werden sollten, bedeutende Symptome der Unzufriedenheit und Ungeduld. Dazu begannen Gerüchte zu zirkulieren, daß das Leben der Kaiserin in Gefahr sei, Gerüchte, welche dazu dienen sollten, den Augenblick zu beschleunigen, wo man die Dienste der Garden zu Hause brauchen werde. Ich beauftragte daher einige mitverschworene Offiziere, den Soldaten, die kaum noch zurückgehalten werden konnten, zu sagen, daß ich täglich mit der Kaiserin in Verbindung stehe und mich verbürge, sie den geeigneten Augenblick zur Tat, sobald derselbe gekommen sei, wissen zu lassen.
Sonst blieb alles in bedenklicher Stille bis zum 27. Juni, ein Tag, der für immer in den Annalen meines Landes denkwürdig bleiben wird, ein Tag, an dem Furcht und Hoffnung, Angst und Entzücken abwechselnd die Herzen aller Verschwörer durchzitterte. Was mich betrifft, so gestehe ich ehrlich, daß mir,
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