Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
sie einer kleinen Leiter, und dies geschah auf eine sehr umständliche Weise, ja schließlich noch mit Hilfe mehrererPersonen. Als sie endlich auf ihrer Mähre saß, begann diese einen Trab, der die Dame, welche weder fest im Sattel noch in den Steigbügeln saß und sich mit der Hand am Sattel festhielt, heftig schüttelte. Da ich sie glücklich im Sattel wußte, ritt ich voraus und wer konnte, folgte mir. Bald erreichte ich den Großfürsten, der immer vorausgeritten war, während Frau von Arnheim auf ihrer Mähre weit hinter uns zurückblieb. Später erzählte man mir, die Kaiserin habe laut gelacht und sei von der Reitkunst Frau von Arnheims sehr wenig erbaut gewesen. Ich glaube, Madame Tschoglokoff hat dann noch die Dame, die bald ihren Hut, bald die Steigbügel verlor, in einiger Entfernung vom Schlosse in ihren Wagen aufgenommen; wenigstens kam sie so in Katharinenhof an. Aber das Abenteuer war damit noch nicht zu Ende! Es hatte an diesem Tage bis drei Uhr nachmittags stark geregnet, so daß die offene Vorhalle des Hauses in Katharinenhof mit Wasserpfützen bedeckt war. Nachdem ich vom Pferde gestiegen und eine Weile im Saale des Hauses, wo viele Leute versammelt waren, zugebracht hatte, kam mir der Gedanke, über den Vorplatz in das Zimmer zu gehen, wo meine Damen sich aufhielten. Frau von Arnheim wollte mir folgen, konnte dies aber, da ich sehr schnell ging, nur, indem sie lief, wobei sie in eine der Pfützen trat, ausglitt und der Länge lang hinfiel – was die größte Heiterkeit bei der Menge der Zuschauer, die sich in der Vorhalle aufhielten, erregte. Sie erhob sich etwas verwirrt und schob die Schuld auf die neuen Stiefel, die sie an diesem Tag trug. Wir kehrten zu Wagen von unserm Spazierritt zurück, und sie unterhielt uns unterwegs von der Vortrefflichkeit ihres Pferdes, während wir uns fast die Lippen blutig bissen, um nicht in lautes Lachen auszubrechen. Kurz, mehrere Tage lang gab sie dem Hofe und der ganzen Stadt genügend Stoff zum Lachen. Meine Frauen behaupteten,sie sei gefallen, weil sie mich habe nachahmen wollen, ohne meine Behendigkeit zu besitzen, und selbst Madame Tschoglokoff, die sonst nicht zur Heiterkeit geneigt war, lachte noch lange Zeit nachher bis zu Tränen, wenn man sie daran erinnerte.
Aus dem Sommerpalast begaben wir uns nach Peterhof, wo wir dieses Jahr in Monplaisir wohnten, wir brachten regelmäßig einen Teil des Nachmittags bei Madame Tschoglokoff zu und unterhielten uns recht gut, da sich stets viele Leute dort einfanden. Von Monplaisir ging es nach Oranienbaum, wo wir jeden Tag, den Gott werden ließ, auf der Jagd verbrachten und bisweilen dreizehn Stunden an einem Tage auf dem Pferde saßen. Der Sommer war jedoch sehr regnerisch, und ich erinnere mich, daß ich manchesmal ganz durchnäßt nach Hause zurückkehrte. Ich trug nur Reitkleider aus Seidenkamelott, die, wenn sie dem Regen ausgesetzt waren, platzten, während die Sonne ihre Farben verdarb: folglich mußte ich unaufhörlich neue haben. Als ich daher eines Tages meinem Schneider begegnete, und er sah, wie ich ganz durchnäßt vom Pferde stieg, sagte er: »Nun wundere ich mich nicht mehr, daß ich Ihnen kaum genug Kleider machen kann.« Während dieser Zeit erfand ich auch Sättel für mich, auf denen ich sitzen konnte wie ich wollte. Sie waren mit dem englischen Haken versehen, man konnte aber auch das eine Bein überschlagen, um als Mann zu reiten. Außerdem teilte sich der Haken und ein zweiter Steigbügel senkte oder hob sich nach Belieben, wie ich es eben für passend hielt. Fragte man die Stallmeister, auf welche Art ich reite, so sagten sie dem Wunsche der Kaiserin gemäß: »Im Damensattel.« Niemals schlug ich das Bein über, wenn ich nicht genau wußte, nicht verraten zu werden; und da ich mich meiner Erfindung nicht rühmte und man mir gerne meine Vergnügungen gönnte, hatte ichniemals Unannehmlichkeiten davon. Den Großfürsten kümmerte es sehr wenig, wie ich ritt. Die Stallmeister ihrerseits fanden es weniger gefährlich für mich, wie ein Mann zu sitzen, besonders da ich fortwährend auf die Jagd ging, als auf englischen Sätteln, die sie haßten, weil sie stets einen Unfall befürchten mußten, dessen Schuld nachher ihnen beigemessen worden wäre. Im Grunde hatte ich nicht das geringste Interesse für die Jagd, aber ich ritt leidenschaftlich gern; je wilder die Bewegung, desto angenehmer war sie mir, so daß ich, wenn mein Pferd fortlief, ihm nacheilte und es zurückbrachte. Ich hatte aber
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