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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina II. von Rußland
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meinem Zimmer sehr kalt war, nicht bei mir liegengeblieben wäre. Madame Wladislawa suchte diese Mantille überall und fand sie endlich in einem Winkel meines Toilettezimmers, wo man sie nicht bemerkt hatte, weil man seit meiner Niederkunft dies Zimmer nur selten betrat. Sie schickte das Kleidungsstück sofort zur Kaiserin. Wie wir später erfuhren, hatte dieser Umhang zu einem eigentümlichen Vorfall Veranlassung gegeben. Die Kaiserin, die keine bestimmte Zeit festsetzte, wann sie zu Bett ging, wann sie aufstand, dinierte, soupierte, oder Toilette machte, legte sich eines Nachmittags während der drei erwähnten Tage auf ein Sofa, auf welches sie eine Matratze und Kissen hatte breiten lassen. Nachdem sie eine Weile geruht, fing sie an zu frösteln und verlangte die blaue Mantille. Da diese in meinem Zimmer liegen geblieben war, suchte man sie überall, ohne sie zu finden, bis die Kaiserin schließlich befahl, unter ihrem Kopfkissen nachzusehen, weil sie annahm, sie läge darunter. Die Schwester Madame Kruses, jene Lieblingskammerfrau der Kaiserin, suchte darauf unter dem Kopfkissen Ihrer Majestät, zog indes schnell ihre Hand zurück, indem sie sagte, die Mantille sei nicht dort, aber ein Paket Haare oder etwas Aehnliches liege darunter. Die Kaiserin erhob sich sofort und befahl, die Matratze samt den Kissen wegzunehmen. Nicht ohne Erstaunen erblickte man nun ein Paket, in welchem sich verschiedene Wurzeln, die mit einer Unmenge von Haaren umwickelt waren, befanden. Sofort erklärten die Frauen der Kaiserin und auch diese selbst, es müsse unzweifelhaft Hexerei sein, und alle ergingen sich in Vermutungen, wer wohl die Verwegenheit gehabt haben könne, das Paket unter das Kopfkissen Ihrer Majestät zu legen. Bald hatte man eine der Frauen, die Ihre kaiserliche Majestät am meisten bevorzugte, in Verdacht. Dieselbe war bekannt unter dem Namen Anna Dimitrewna Dumaschewa. Vor nicht langer Zeit war sie Witwe geworden und hatte sichzum zweiten Male mit einem Kammerdiener der Kaiserin verheiratet. Den beiden Schuwaloffs stand diese Frau wegen ihres Einflusses und des Vertrauens, das ihr die Kaiserin entgegenbrachte, im Wege, so daß sie ihnen sehr wohl einen Streich spielen konnte, durch den der Einfluß der Schuwaloffs gelitten haben würde. Da es den Schuwaloffs nicht an Anhängern fehlte, fingen auch diese an, die Sache als ein Verbrechen aufzufassen, wozu, nebenbei gesagt, die Kaiserin selbst sehr geneigt war, weil sie an Zauberei und Hexerei glaubte. Demzufolge befahl sie dem Grafen Alexander Schuwaloff, die Frau, sowie ihren Mann und ihre beiden Söhne, von denen der eine ein Gardeoffizier, der andere Kammerpage der Kaiserin war, verhaften zu lassen. Zwei Tage nach seiner Verhaftung verlangte der Mann ein Rasiermesser, um sich zu rasieren, und schnitt sich den Hals ab. Was die Frau und die Söhne betraf, so waren sie lange Zeit im Gefängnis, und die erstere gestand ein, daß sie, um die Gunst der Kaiserin zu bewahren, Zaubermittel angewandt und am Gründonnerstag ein paar Körner gebrannten Salzes in ein Glas Ungarwein geschüttet habe, das sie dann der Kaiserin präsentierte. Die Sache endigte damit, daß Mutter und Söhne aus Moskau verbannt wurden. Später verbreitete sich ein Gerücht, demzufolge eine Ohnmacht, welche die Kaiserin kurz vor meiner Entbindung gehabt, durch das ihr von jener Frau gereichte Getränk hervorgerufen worden sei. In Wirklichkeit aber hatte sie ihr am Gründonnerstag nicht mehr als zwei bis drei Körner Salz ins Glas geschüttet, die ihr sicherlich nicht schaden konnten. Das einzig Tadelnswerte dabei war die Verwegenheit der Frau und ihr Aberglaube.
    Endlich schlug mir der Großfürst vor, da er sich abends ohne meine Ehrendamen, denen er den Hof in der auffälligsten Weise machte, langweilte, die Abende in meinem Zimmer zuverbringen. Er bemühte sich gerade damals um die Häßlichste von allen, die Gräfin Elisabeth Woronzow.
    Am sechsten Tage fand die Taufe meines Sohnes statt. Es hätte wenig gefehlt, daß er an Mundfäule gestorben wäre. Ich selbst konnte nur heimlich Nachricht über ihn erhalten, denn nach seinem Befinden zu fragen, würde für Zweifel an der Sorgfalt der Kaiserin gehalten und sehr schlecht aufgenommen worden sein. Zudem hatte sie ihn in ihr eigenes Zimmer bringen lassen, und sowie er zu schreien anfing, eilte sie selbst zu ihm. Aus übergroßer Sorgfalt brachte man ihn dem Ersticken nahe. Er lag in einem sehr heißen Zimmer, ganz in Flanell eingewickelt, in einer

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