Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
mit schwarzem Fuchspelz gefütterten Wiege und war mit einer Atlassteppdecke zugedeckt, über welcher eine rosa Samtdecke lag, die ebenfalls mit schwarzem Fuchspelz gefüttert war. Ich selbst sah ihn später wiederholt in seiner Wiege, in Schweiß gebadet. Als er größer wurde, zog ihm daher der geringste Luftzug sofort eine Erkältung und Krankheit zu. Außerdem war er von einer großen Zahl alter Frauen umgeben, die, aus mißverstandener Fürsorge und Mangel an gesundem Menschenverstand, ihm viel mehr physische und moralische Leiden zufügten, als daß sie ihm von Nutzen waren.
Am Tauftage kam die Kaiserin nach der Feierlichkeit in mein Zimmer und überreichte mir eigenhändig auf einem goldenen Teller einen Befehl an ihr Kabinett, mir 100 000 Rubel auszuzahlen. Daneben lag ein Schmuckkästchen, welches ich nicht früher öffnete, als bis sie sich entfernt hatte. Das Geld kam mir sehr gelegen, denn ich besaß momentan keinen Pfennig und war mit Schulden überlastet. Was den Schmuckkasten betraf, so machte sein Inhalt nicht den geringsten Eindruck auf mich. Er enthielt ein klägliches kleines Halsband samt goldenen Ohrgehängen und zwei erbärmlichen Ringen, dieich mich geschämt haben würde, meinen Kammerfrauen zu schenken. In dem ganzen Schmuck war nicht ein Stein, der mehr als hundert Rubel wert gewesen wäre, ebenso wenig zeichnete er sich durch Arbeit oder Geschmack aus. Ich schwieg indes und ließ das kaiserliche Schmuckkästchen verschließen. Offenbar fühlte man die wahrhafte Schäbigkeit des Geschenkes selber, denn bald danach kam Graf Alexander Schuwaloff zu mir mit dem Befehle, sich zu erkundigen, wie mir der Schmuck gefalle. Ich erwiderte, alles, was ich aus den Händen Ihrer kaiserlichen Majestät empfange, betrachte ich gewohnheitsgemäß als unschätzbar für mich. Er entfernte sich lächelnd mit diesem Kompliment. Später kam er auf diesen Gegenstand wieder einmal zu sprechen, da er sah, daß ich mein schönes Halsband und besonders die schäbigen Ohrringe niemals trug, und forderte mich auf, es doch manchmal anzulegen. Darauf antwortete ich ihm, ich sei gewöhnt, an den Festen der Kaiserin nur das Schönste zu tragen, was ich besitze, und dies Kollier nebst den Ohrgehängen könnte ich unmöglich dazu rechnen.
Vier oder fünf Tage nachdem mir das von der Kaiserin geschenkte Geld ausgezahlt worden war, ließ mich ihr Kabinettssekretär, der Baron Tscherkassoff, bitten, diese Summe um des Himmels willen dem Kabinette der Kaiserin wieder zu leihen, da sie Geld fordere, aber kein Pfennig da sei. Ich schickte ihm also das Geld zurück, und er gab es mir im Januar wieder. Die Ursache dazu war folgende. Als der Großfürst von dem Geschenke hörte, welches die Kaiserin mir gemacht, geriet er vor Wut fast außer sich, weil sie ihm nichts gegeben hatte, und äußerte sich darüber mit großer Rücksichtslosigkeit gegen den Grafen Alexander Schuwaloff. Dieser sagte es der Kaiserin wieder, worauf sie ihrem Neffen sofort eine der meinigen gleiche Summe schickte.
Nach der Taufe meines Sohnes fanden Festlichkeiten, Bälle,Illuminationen, Feuerwerke bei Hofe statt, während ich noch immer krank und von Langeweile gequält an mein Bett gefesselt war. Endlich wählte man den siebzehnten Tag nach meiner Entbindung, um mir zwei sehr unangenehme Nachrichten auf einmal mitzuteilen: erstens, daß Sergius Soltikoff beauftragt worden sei, die Kunde von der Geburt meines Sohnes nach Schweden zu bringen; zweitens, daß die Hochzeit der Fürstin Gagarin auf nächste Woche festgesetzt war – das heißt auf gut Deutsch, daß ich für immer von den beiden Menschen getrennt werden sollte, die ich von meiner ganzen Umgebung am meisten liebte. Mehr als je vergrub ich mich in meine Kissen und grämte mich. Um mein Bett nicht verlassen zu müssen, schützte ich eine Verschlimmerung der Schmerzen im Bein vor, wodurch ich gehindert werde, mich zu erheben. Allein in Wahrheit wollte und konnte ich niemand sehen, weil ich unsäglich traurig war.
Inzwischen hatte auch der Großfürst einen großen Verdruß gehabt. Graf Alexander Schuwaloff teilte ihm nämlich mit, daß ihm ein früherer Jäger des Großfürsten, namens Bastian – derselbe, dem die Kaiserin vor mehreren Jahren befahl, mein früheres Kammermädchen, Fräulein Schenk, zu heiraten – gemeldet habe, er hätte von irgend jemand gehört, Bresson wolle dem Großfürsten ich weiß nicht was zu trinken geben. Nun aber war dieser Bastian ein Bruder Liederlich und
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