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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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grellweiße Flammen loderten empor. Und dann war es still. Das Feuer erlosch, als hätte es nie existiert. Winzige Funken und Glut schwebten noch in die Nacht und verschwanden nach und nach. Nicht einmal Asche besudelte den blütenweißen Schnee zu meinen Füßen.
    Der Junge im Schatten floh; ich hörte seine Schritte, die sich hastig entfernten. Ich selbst wich schockiert, entsetzt, abgestoßen zurück. Ich hatte getötet. Ich war verwandelt worden. Ich war eine Kreatur wie die, die ich ermordet hatte. Ich war verflucht. Verflucht.
    Er hatte ein ausgezeichnetes Gehör. Kein übernatürliches – er war ja noch ein Sterblicher –, aber gut genug, um zu wissen, was vor sich ging. Die Dreckskerle würden ihn töten.
    Seit drei Tagen lag er auf diesen Tisch geschnallt in dieser winzigen Zelle. Wissenschaftler des DPI, des Department for Paranormal Investigation, der Abteilung für paranormale Ermittlungen, in ihren weißen Laborkitteln piksten und malträtierten ihn, bis es keinen Zentimeter Haut mehr an ihm gab, den sie nicht besudelt hätten. Keinen. Nicht eine Körperflüssigkeit, von der sie keine Proben genommen hätten. Nicht eine. Aber er verspürte keine Demütigung. Er verspürte Wut. Und diesmal würden die Mistkerle dafür bezahlen. Jameson Bryant mochte kein Vampir sein, aber er war auch kein Kind mehr. Er war ein erwachsener Mann und seit heute Nacht auf Rache aus. Wenn er freikam, würde er dieses Gebäude dem Erdboden gleichmachen. Er würde die Abteilung für paranormale Ermittlungen und jeden ihrer Mitarbeiter vernichten.
    Jameson war klar, welches Interesse das DPI an ihm hatte. Er wusste – seit seiner Kindheit –, dass er anders war. Nicht nur seine Blutgruppe war wirklich außergewöhnlich. Das Belladonna-Antigen machte ihn zum Studienobjekt dieser sogenannten Wissenschaftler. Die seltenen, vereinzelten Individuen mit dieser Blutgruppe konnte man als Einzige verwandeln. Umkrempeln … Vampire aus ihnen machen. Jeder existierende Vampir hatte als lebendiger Mensch das Belladonna-Antigen in sich gehabt.
    Im Bemühen, alles über die Untoten zu erfahren – um die Welt von ihnen zu befreien –, griff das DPI häufig auf lebende Versuchsobjekte zurück. Bei Jameson hatten sie ihre Chance bereits vor langer Zeit gehabt, als er noch ein Knabe war, und damals hätten sie ihn um ein Haar getötet. Wenn seine untoten Freunde nicht gewesen wären. Besonders Roland. Dennoch stand ihnen Jameson Bryant eine Zeit lang zur Verfügung. Ganz sicher konnten sie heute nichts mehr von ihm lernen.
    Herrgott, der Gedanke, dass Tamara einst für diese elende Bande gearbeitet hatte! Aber sie wusste es ja nicht. Sie wusste es nicht.
    Jameson begriff nicht, weshalb sich nicht alle übernatürlichen Wesen auf diesem Planeten zusammentaten und das DPI vernichteten, so wie das DPI sie vernichten wollte. Sie verdienten die ständigen Belästigungen, die ständige Angst nicht, in der sie wegen dieser geheimen Regierungsorganisation leben mussten. Oh, natürlich gab es Böse unter den Untoten. Genau wie in jedem Volk. Aber die Vampire gehörten mehrheitlich zu den besten Wesen, die Jameson je kennenlernen durfte. Sie hatten ihn aufgenommen, als seine Mutter starb.
    Wenn Roland und Eric und die anderen nicht bald etwas unternehmen würden, um diese Organisation zu vernichten, würde Jameson es tun. Es wurde Zeit. Höchste Zeit.
    Sie hatten ihre „Proben“, hörte er sie sagen. Das Experiment wurde in Rekordzeit abgeschlossen, jetzt konnte es mit Phase zwei weitergehen, was immer das heißen mochte. Na ja, dumm waren sie nicht. Das DPI wusste aus Erfahrung, dass man sich mit Jameson Bryants Freunden besser nicht anlegen sollte. Jetzt wollten sie „das Subjekt entsorgen“, bevor seine untoten Beschützer etwas mitbekamen.
    Er zog an den Gurten, die seine Arme und Beine an dem kalten Metalltisch festhielten. Denen stand eine Überraschung ins Haus, wenn sie glaubten, er würde kampflos aufgeben. Dies mochte nicht Jamesons erste Begegnung mit dem DPI sein, aber ganz bestimmt seine letzte!
    So oder so.
    „Jamey!“
    Als das schroffe Flüstern ertönte, drehte Jameson den Kopf, so weit die Fesseln es zuließen. Dann fluchte er, denn Roland stand vor seiner Zelle und bog die Gitterstäbe auseinander, als wären sie aus Gummi.
    „Was zum Teufel machst du hier?“
    „Was zum Teufel denkst du denn?“ Roland betrat die Zelle und zerriss mühelos die Gurte, die Jameson festhielten. „Alles in Ordnung, Jamey?“
    „Bestens. Und es

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