Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
Vom Netzwerk:
dem Schoß wiegen, nicht Vampire sezieren, dachte Fuller.
    „Haben Sie die Daten?“, fragte er. „Wie sieht es aus?“
    Rose rückte die Brille zurecht, deren Gläser dick wie die Böden von Colaflaschen waren, und räusperte sich. „Von den zwölftausendfünfhundert weiblichen Subjekten, die wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten getestet und/oder seziert haben“, sagte sie mit klinischer, kalter Stimme, „hatten nur rund dreitausend lebensfähige Eizellen in den Eierstöcken. Bei achtundneunzig Prozent davon lag die Verwandlung kein Jahr zurück. Bei keiner länger als dreiundzwanzig Monate.“ Sie blickte von ihren Notizen auf und betrachtete die Anwesenden über den Rand ihrer Brille hinweg. „Kurz gesagt, ja, Mr Fuller. Es wäre möglich, dass sich eine frisch verwandelte Vampirin mit einem sterblichen Mann paart und ein Kind zeugt.“
    Hilary Garners Bleistiftspitze brach ab. Das Geräusch lenkte Fullers kalten Blick auf sie, er runzelte die Stirn. „Konzentrieren Sie sich, Garner. Wir brauchen diese Aufzeichnungen.“
    „Ja, Sir.“ Sie versuchte, sich ihr Grauen nicht anmerken zu lassen, und holte sich vom Schreibtisch einen frischen Bleistift. Auf diese Position, Sekretärin von Weston Fuller, hatte man sie erst vor Kurzem befördert. Damit einher gingen eine deutlich bessere Bezahlung, wesentlich längere Arbeitszeit … und einige schreckliche, abscheuliche Enthüllungen über den wahren Sinn und Zweck dieser Organisation.
    Als ihre Mitarbeiterin Tamara Dey sie vor vielen Jahren warnen wollte, hatte sie es nicht glauben wollen. Nichts sprach dafür, dass Tamara die Wahrheit sagte – über Entführungen, Folter, Mord.
    Hilary blieb stehen und betrachtete ihr Spiegelbild in dem Bleistifthalter aus reinem Silber auf Fullers teurem Schreibtisch. Karamellfarbene Haut und große braune Augen mit wenigen Krähenfüßchen in den Winkeln blickten ihr entgegen, und ihr Spiegelbild flüsterte: Was zum Teufel machst du hier?
    „Beeilen Sie sich doch bitte, Garner. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“
    Hilary räusperte sich, nahm einen Stift aus dem Gestell und ging hastig zu ihrem Platz neben Chief Fuller zurück.
    „Nun denn“, fuhr er fort, immer noch an Rose Sversky gewandt. Sie war die beste – und vermutlich, dachte Hilary, die einzige – forensische Pathologin der Welt, die sich auf die Untersuchung der Überreste von Vampiren spezialisiert hatte. Aber Fuller redete weiter, und Hilary sollte besser zuhören.
    „Angenommen, eine dieser Frauen würde sich mit einem Sterblichen paaren, der das Antigen in sich trägt. Was wäre die Folge?“
    Rose zuckte mit den Schultern. „Ein Baby, nehme ich an.“ Sie blinzelte, ein nervöses Kichern wurde am Tisch laut.
    „Ja, aber was für ein Baby?“ Fuller ließ den Blick durch das Zimmer schweifen und sah alle hochrangigen Agenten am Konferenztisch nacheinander an. „Begreifen Sie denn nicht, worauf ich hinauswill? Sollten diese Kreaturen eine Möglichkeit finden, sich zu vermehren, wären wir innerhalb weniger Jahre in der Minderzahl.“
    „Und was sollen wir Ihrer Meinung nach dagegen tun?“ Alle sahen Hilary an, als sie diese Frage hervorstieß. Verdammt, sie sollte hier den Mund überhaupt nicht aufmachen. Nur dasitzen und stumm Notizen machen, während die Bosse ihre Pläne schmiedeten. Neben Hilary war Rose die einzige Frau hier am Tisch, und das auch nur, weil sie auf Rose keinesfalls verzichten konnten.
    Wes Fuller lehnte sich in seinem Sessel zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie an, als erwartete er eine Entschuldigung. Hilary ging nicht darauf ein. Sie setzte sich etwas gerader hin und sah ihm starr in die Augen.
    Die Spannung stieg bis zum Zerreißen an, bis er sich schließlich nach vorn beugte, mit den Handflächen auf die Tischplatte schlug und sich zu ihr neigte. „Was wir dagegen tun werden, Miss Garner? Wir finden es heraus.“
    „W-was heraus …?“
    „Wie das Ergebnis so einer Paarung aussehen würde. Forschung, Garner. Das machen wir hier.“ Er nickte Stiles zu und nahm wieder seine bequeme, legere Haltung auf dem Sessel ein, wo er Entscheidungen über Leben und Tod traf, als würde er etwas zum Mittagessen bestellen. „Wir haben die tiefgefrorenen Proben von Jameson Bryant, und Sie sagen, die sind fruchtbar?“
    „Ja, Sir.“
    „Gut.“ Dann wandte er sich Whaley zu, dem Regionalbereichsleiter Ost. „Wir brauchen eine frisch verwandelte Frau. Vorzugsweise aus der Nähe, damit es keine Probleme beim

Weitere Kostenlose Bücher