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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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kommt.
    Rose lächelte immer noch, als sie den Stapel Hefter an die Brust drückte und das Büro verließ. Hilary lehnte sich an die Tür und kämpfte gegen die Übelkeit an. Sie hatte zu viel gesagt, ihre Worte unbedacht ausgesprochen. Hatte ein Stereotyp in Rose Sversky gesehen. Eine reizende alte Dame. Eine Großmutter. Die Frau des Weihnachtsmannes. Verdammt, ein Wahnsinn, dass sie diese Büchse der Pandora geöffnet hatte. Rose wusste schon seit Jahren über die Scheußlichkeiten Bescheid, die das DPI finanzierte. Seit Jahren! Verdammt, vermutlich steckte sie selbst mit drin!
    Und was würde sie jetzt tun? Hatte Hilary noch rechtzeitig die Kurve gekriegt oder sich völlig bloßgestellt? Und was, wenn ja?
    Sie hatte Angst. Herrgott, sie hatte solche Angst.
    Jameson und die anderen blieben ein paar Tage in Rhiannons Penthouse in Manhattan. Dicke schwarze Vorhänge und darunter dunkle Jalousien säumten jedes Fenster. Und es gab keinen Sarg; alle schliefen in Betten, Befehl von Rhiannon, die ein gutes Leben zu schätzen wusste. Satinlaken auf jeder Koje in der Suite.
    Jameson musste über ihr Auftreten lächeln. Sie hielt den konservativen und asketischen Roland eindeutig auf Trab.
    Roland. Wie oft hatte er Jameson jetzt schon das Leben gerettet? Dreimal? Viermal? Einmal hatte DPI-Agent Curtis Rogers Jameson entführt, als er – wie alt, zwölf? – gewesen war. Der Dreckskerl ließ ihn gefesselt mitten im tiefsten Winter in einem leer stehenden Gebäude zurück. Natürlich war alles nur ein Manöver, um Tamara zu bekommen. Aber wenn Roland ihn nicht gefunden hätte, als er diese Treppe runtergefallen war …
    Und später, nach dem Tod seiner Mutter, hatte dieses Aas Lucien ihn geschnappt und wollte sein Leben gegen die dunkle Gabe eintauschen. Und wieder kam sein Freund ihm zu Hilfe, Rhiannon wäre dabei fast ums Leben gekommen.
    Und jetzt waren sie wieder zur Stelle gewesen. Retteten ihn gerade noch rechtzeitig vor dem sicheren Tod. Überzeugt davon, dass er als Sterblicher nicht auf sich selbst aufpassen konnte.
    Verdammt, er war doch schon ein halber Vampir. Jedenfalls lebte er wie einer. Schlief tagsüber, arbeitete nachts. Was ihm ganz normal erschien, da er so viel Zeit in ihrer Gesellschaft verbrachte. Selbst als Roland Jamesons leiblichen Vater für ihn ausfindig gemacht und zu ihm nach Kalifornien geschickt hatte, behielt er seine nächtliche Lebensweise bei.
    Eines Tages, dachte er, würde er einen von ihnen bitten, ihn zu verwandeln. Eines Tages. Noch nicht. Ihm blieben noch einige Jahre als Sterblicher, und er würde gern noch ein paar Sonnenuntergänge sehen, ehe er sich für immer davon verabschiedete. Er schätzte ein gutes Steak, ein Glas Wein und war noch nicht ganz bereit, das alles für eine reine Flüssigdiät aufzugeben.
    „Ihr solltet nicht zu lange in der Stadt bleiben“, warnte er die anderen in jener Nacht, während er auf und ab ging. Es war ihre dritte Nacht in Manhattan. „Ihr wisst, diese Stadt ist praktisch verlaust von diesen DPI-Dreckskerlen.“
    Rhiannon lächelte. „Ich wünschte, mir würde einer über den Weg laufen.“ Sie leckte sich die Lippen und handelte sich einen bösen Blick von Roland ein, was sie aber nicht weiter bekümmerte. Sie streichelte Pandora den Kopf, die Raubkatze schlug verspielt mit der Pfote nach ihrer Hand.
    „Du hast recht, Jamey“, sagte Tamara, ging zum nächsten Fenster, zog die Vorhänge auf und riss kurz an der Jalousie, damit sie sich aufrollte. Dann betrachtete sie die funkelnde Silhouette der Stadt. „Aber ich will erst weg, wenn du aufbrichst. Ich weiß, du bist noch wütend. Und du sinnst auf Rache.“
    Er zuckte mit den Schultern. „Das ist mein Problem. Ich muss euch nicht darüber informieren. Ich will nicht, dass ihr euch meiner Probleme annehmt, Tam. Eines Tages findet ihr den Tod, weil ihr eure Nasen in Angelegenheiten steckt, die …“
    „Ich hatte einen Traum.“
    Jameson verstummte, als Tamara sich langsam umdrehte und ihn mit ihren großen, dunklen Augen ansah. „Jamey, ich hatte einen Traum … von dir.“
    Eric sah seine Frau nach diesem Bekenntnis verwundert an und legte das Buch weg, in dem er gelesen hatte. Ein neues über Quantenphysik. „Davon höre ich zum ersten Mal.“
    „Beim ersten Mal habe ich nichts gesagt … aber … heute hatte ich ihn wieder.“ Sie richtete den Blick wieder auf Jameson und lächelte traurig. „Nichts Visuelles. Nur so ein Gefühl. Das schreckliche Gefühl, dass dir was zustoßen wird,

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