Erinnerungen der Nacht
Seelen.
Was hatte sie, das diese Neigungen in ihm wachrief? Bei den Göttern, gestern Abend hatte er wahrhaftig in einem Stadion gestanden und eine Fußballmannschaft angefeuert! Hatte Jeans und ein Sweatshirt getragen und sich trotz der Anwesenheit zahlreicher DPI-Agenten in eine Menschenmenge gemischt. Wann hatte er sich zum letzten Mal so verantwortungslos verhalten?
Er schüttelte den Kopf. Sie hatte etwas, das einen Mann zum willenlosen Sklaven machte. Sogar ihn.
Er wusste es ohne jeden Zweifel, als er sie wenige Sekunden später an den Schultern packte und von der Seite auf den Rücken drehte. Sie war so perfekt. Er musste sie ansehen, nur ansehen. Auch wenn er nicht die Absicht hatte, sich den Luxus zu gönnen und ihr Bild auf einer Leinwand festzuhalten, konnte er wenigstens bewundern, was er vor sich sah.
Er streckte die Hand nach dem Hemd aus und zögerte. War es falsch, sie so anzusehen, während sie hilflos schlief und keine Einwände erheben konnte?
Er machte die Augen zu. Nein, Rhiannon hätte ganz bestimmt nichts dagegen.
Er öffnete die Knöpfe, die wenigen, die sie überhaupt geschlossen hatte. Langsam, ganz langsam zog er das Kleidungsstück auseinander, bis ihr Körper in all seiner Pracht vor ihm lag. Er seufzte unwillkürlich. Wie sehr hatte er sich danach gesehnt, sie so zu sehen!
Sein Blick wanderte von dem anmutigen schlanken Hals zur zierlichen Wölbung des Brustbeins. Tiefer, zu den kleinen, festen, makellos runden und blütenweißen Brüsten. In der Mitte hatten sie den hauchzarten Farbton des Fruchtfleischs einer Honigmelone. Hätte er die Absicht, sie zu malen, würde er ihre Brustwarzen erst streicheln, bis sie sich aufrichteten und die Lippen eines Mannes herausforderten, sie zu küssen.
Auch er erlag dieser Versuchung fast. Nur eine dieser zarten Knospen zwischen die Lippen zu nehmen, daran zu saugen, bis sie hart wurde, bis sie an seiner Zunge pochte …
Er schluckte heftig, als er das Verlangen in sich aufsteigen spürte, setzte jedoch die Betrachtung ihres Körpers fort und ließ den Blick über die sanfte Rundung ihres Bauchs, die dunkle Öffnung ihres Nabels, die geschwungene Hüfte mit der grässlichen Narbe an der Seite gleiten. Das Dreieck krauser Löckchen. Gott, sie glänzten wie Satin. Er wollte sie berühren und herausfinden, ob sie wirklich so seidenweich sein konnten, wie sie aussahen.
Ehe er sich ermahnen konnte, es zu lassen, machte er genau das. Er strich mit den Fingern über das seidige Nest. Ja. Sie waren so weich, wie sie aussahen. Weicher. Und obwohl er wusste, dass er es nicht sollte, glitt er mit den Fingern tiefer, spreizte ihre geheimen Lippen, drang in sie ein. Als er spürte, wie als Reaktion darauf Feuchtigkeit seine Finger überzog, schloss er die Augen und stöhnte laut. Er ließ sich auf das Bett sinken und beugte sich über sie. Als er ihren zarten Duft einatmete, verlor er fast die Besinnung. Er bewegte die Finger tiefer hinein und zog sie wieder heraus. Sie erschauerte am ganzen Körper, da sah er hastig auf.
Sie lag genauso da wie vorher, vollkommen reglos. Aber ihre Brustwarzen standen jetzt steil und erregt nach oben. Er hielt die Finger an die Lippen und machte unwillkürlich die Augen zu, als er ihren Geschmack von den Fingerspitzen leckte. Er wollte sie. Mehr als das, er musste sie haben. Und wenn schon nicht körperlich, dann wenigstens …
Roland trat von dem Bett zurück, wendete den Blick jedoch nicht ab. Er musste sie auf eine Leinwand bannen. Es gab keine andere Möglichkeit, diese alles verzehrende Lust zu überwinden. Sicher, er hatte schon lange nicht mehr gemalt. Er hatte den Wunsch, vielleicht auch die Fähigkeit, einem Rechteck aus Leinwand seine Seele einzuhauchen, längst verloren geglaubt. Aber plötzlich war dieses Bedürfnis wieder da. Er hätte nie geglaubt, dass er es jemals wieder verspüren würde.
Heute würde er zu Pinsel und Leinwand greifen. Und wenn das Vögelchen wieder ausflog, konnte er wenigstens ein Stück von ihm hier bei sich behalten.
In der frühesten Morgendämmerung arbeitete Roland hinter dicht zugezogenen Vorhängen und unter einer Decke voller Spinnweben mit Materialien, die er schon vor langer Zeit in Kisten weggepackt hatte. Nur die Ölfarben waren neueren Datums; er konnte einfach nicht widerstehen, neue, moderne Farben zu kaufen, wenn er welche sah. Das war Teil seiner Selbstkasteiung: Er wusste sehr wohl, dass die Farben parat lagen, aber nicht, ob er sie je wieder benutzen würde. Jetzt
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