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Erinnerungen der Nacht

Erinnerungen der Nacht

Titel: Erinnerungen der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MAGGIE SHAYNE
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ihr eine Träne über die Wange lief. Aus einem unerfindlichen Grund beugte er sich vor, drückte die Lippen darauf und kostete den salzigen Geschmack.
    „Ich habe diese Geschichte keiner Menschenseele je erzählt, Rhiannon.“ Er bewegte die Lippen an ihrer nassen Wange, als er diese Worte flüsterte und sie ihm mit den Fingern durch das Haar strich.
    „Und ich werde es auch nicht“, versprach sie ihm. „Nicht unter Todesqualen.“ Sie ließ den Kopf an seine Schulter sinken. „Was geschah dann?“
    „Die Knappen hatten sich verzogen, aber nicht weit genug weg, dass sie den Kampf nicht gesehen hätten. Als wir in die Burg von Gareths Vater zurückkehrten, berichteten sie, was sie gesehen hatten. Ich wurde wie eine Art Held behandelt. Es dauerte nicht lang, da beorderte man mich an den Hof von König Ludwig, der ein Vetter zweiten Grades von Gareths Vater, dem Baron, war. Ich wurde als Belohnung für Tapferkeit, wie sie sich ausdrückten, zum Ritter geschlagen. Mein Wunsch war in Erfüllung gegangen. Aber ich wollte ihn nicht mehr. Ich wollte nur zu meiner Familie zurückkehren und nie wieder eine solche Brutalität erleben.“
    „Und hast du es getan?“
    Er lächelte sie gezwungen an. Ihre Lider wurden schwer. Offenbar wirkte Erics Trank, denn er verspürte keinen Hauch von Müdigkeit. „Den Rest der Geschichte hebe ich mir für eine andere Nacht auf, Rhiannon. Du musst jetzt schlafen und gesund werden.“
    Sie schüttelte den Kopf, als sie ihn von seiner Schulter genommen hatte. „Du hast diesen Gareth geliebt. Es ist kein Wunder, dass du so gekämpft hast. Dein Kummer hat dir diese Kraft gegeben, kein Dämon.“
    Er schloss die Augen und wünschte sich, er könnte es glauben. „Ruh dich aus, Rhiannon. Wir unterhalten uns weiter, wenn du wieder wach bist.“
    Sie rutschte auf dem Bett hinunter, bis sie mit dem Kopf wieder auf seinem Schoß lag, und schlang die Arme um seine Hüften. Es war ausgesprochen seltsam, fand er, dass er sich in so unmittelbarer Nähe zu ihr wohlfühlte und nicht beunruhigt. Mehr noch, sein Herz schien leichter zu sein als vorher.

Keith
    6. KAPITEL
    Als Rhiannon merkte, wie sie in den bleiernen, erfrischenden Schlaf fiel, fühlte sie seinen muskulösen Oberschenkel unter dem Kopf. Zur Abwechslung verspürte sie einmal nicht den Wunsch, ihn zu verführen. Tatsächlich war sie Roland näher als jemals zuvor, und dabei hatte sie ihn noch nicht einmal geküsst.
    Eine seltsame Wendung der Ereignisse, wusste sie doch ganz genau, dass ihre Gefühle für ihn rein körperlicher Art waren.
    Dennoch empfand sie diese Nähe, dieses Zusammensein als angenehm. In gewisser Weise schien es richtig zu sein.
    Aber es beunruhigte sie auch. Sie hatte ihm unbedingt zeigen wollen, dass sie ebenso befähigt war wie jeder Mann auf diesem Planeten. Sie hatte ihm zeigen wollen, dass sie ebenso tapfer, ebenso hart, ebenso unerbittlich sein konnte. Sie wollte dafür sorgen, dass er sie nicht mehr aus denselben Gründen zurückweisen konnte wie einst ihr Vater. Weil sie nicht gut genug war.
    Jetzt wusste sie von seinem ehernen Mut und seiner Wildheit im Kampf, die er schon als Knabe gezeigt hatte, und musste sich umso mehr anstrengen. Ein so tapferer Mann ließ sich nicht so leicht beeindrucken. Ein Mann, der sich schon als kleiner Junge auf einen Wolf gestürzt hatte, um ein Baby zu retten … das war wahrer Heldenmut, wie immer er es auch nennen wollte. Sie musste gründlich über ihr weiteres Vorgehen nachdenken.
    Bevor sie endgültig in tiefen Schlummer fiel, verspürte sie ein wunderbares Gefühl, als er ihr mit der Hand über das Gesicht strich, die Konturen mit dem Finger nachzeichnete. Sie lächelte. Und dann schlief sie ein.
    Roland betrachtete sie im Schlaf, konnte sie jedoch in seiner momentanen Haltung nicht besonders gut sehen. Er schob sich unter ihr hervor und erhob sich. Als er neben dem Bett stand, konnte er sie nach Herzenslust betrachten. Herrgott, sie war so schön. Jeder zarte Knochen unter der Satinhaut betonte ihre Züge und verlieh ihrem Gesicht eine Aura höchster Perfektion.
    Plötzlich verspürte er den unwiderstehlichen Zwang in sich, ihr Porträt zu malen. Er sehnte sich nach einem Pinsel in der Hand und Ölfarben, die er auf einer Leinwand auftragen konnte.
    Ah, doch das waren törichte Gedanken. Malen war eine Beschäftigung für Sterbliche. Etwas, das man am besten im goldenen Licht der Sonne und ihren wärmenden Strahlen unternahm. Kein Zeitvertreib für untote, rastlose

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