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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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bestimmten Punkt an nicht mehr aufzuhalten sind. Ist er überschritten, gibt es nur eines: Anpassung, den Standpunkt ändern und sich sagen: Vielleicht ist es doch gut so. Der Akt der Stimmabgabe vermittelt dem Wähler Lukas ungetrübtes Hochgefühl, Minuten der Illusion insgeheimer Teilhaberschaft an der Macht. Und die kostet er aus, wie ein Spitzenpolitiker, der den entscheidenden Vorgang an der Urne für die Reporter immer und immer wiederholt. Danach herrscht Wahlnachttaumel. Stand der Sieg schon lange fest, wird jetzt sein Ausmaß deutlich. Wähler und Gewählte atmen durch; die Frau Abgeordnete gibt ihr erstes Interview: :
    »Lukas, das hab ich nicht gewollt!«

Siebter Tag
    Lukas sprach leidlich englisch, seinerzeit, als er nach England kam, lernte am Tag dazu und ruhte nachts von der Fremdsprache aus, in Träumen auf deutsch. Drei Jahre ging das so. Bis er die Sprache beherrschte. Dann erst fing er an, englisch zu träumen.
    Heute nacht, sechs Tage nach seiner Rückkehr, hat er zum ersten Mal wieder deutsch geträumt. Mit erhobenem Zeigefinger stand Peter vor ihm und wiederholte Maximen, die er am Abend aufgestellt hatte.
    Schlafe nur mit Menschen, mit denen du auch lachen kannst! — lautete eine, und eine andere: Die erste Entscheidung am Morgen soll angenehm sein! Das bedeutete, daß man sie nicht dem Zufall überlassen durfte, sondern inszenieren mußte.
    Als das Telefon klingelte, bestimmte sein Ohr die Art des Geräuschs, verständigte das verschlafene Gehirn, das auf Raumbestimmung schaltete, damit der Hörer ertastet werden konnte.
    »Hallo.«
    »Guten Morgen, Lukas.«
    »Guten Morgen.« Das Sprechen der ersten Worte löst eine Gähnlawine aus, von der am anderen Ende nichts bemerkt wird.
    »Nun rate mal, wer da ist!«
    »Ich jedenfalls bin noch nicht da.«
    Lachen am anderen Ende. Ein bißchen viel für den Anlaß. Im Augenblick ist alles ein bißchen viel, auch die Frage:
    »Hast du gebummelt?«
    »Wer ist denn da?«
    »Es ist schon halb elf.«
    »Ja und?«
    Wieder Lachen. Eigentlich klingt es ganz nett.
    »Und so was war mal Nachtwächter!«
    Eine Vermutung setzt ihn auf.
    »Lilly?«
    »Du kennst mich immerhin noch.«
    Orientierungsgerede macht sich breit. Dann viel von sich: »Ich hab* die Golfmeisterschaft nicht gewönnen diesmal, Pech im Spiel, wir sind grade in Mailand, Alfredo hat hier zu tun. Morgen komme ich, ruf dich an, wenn ich da bin, irgendwann am Vormittag. Dann lunchen wir zusammen. Wie siehst du überhaupt aus?«
    Jetzt ist er wach. Der Tag fällt ihm ein, als Lilly und er, ihrer Liebe gewiß und zu allen Konsequenzen bereit, in Alfredos Arbeitszimmer kamen:
    »Ich will die Scheidung, Alfredo. Ich werde Lukas heiraten.« Das war der Satz, mit dem er rechnete. Doch Lilly sagte:
    »Herr Dornberg verläßt uns und möchte sich verabschieden.«
    Seine Distanz entlockt ihr weitere Fragen: Wo er denn gesteckt habe die ganze Zeit, und was er beruflich mache? Das alles interessiere sie doch sehr, man sei ja mal befreundet gewesen, denke oft daran, o ja, und nun ja, man werde stundenlang zu reden haben. Während sie Zukunftsbilder malt, mit den verblaßten Farben der Vergangenheit, registriert er: Da ist eine fremde Stimme, kennt dich, weiß um Dinge, glaubt alte Rechte zu haben; es gibt keine Grenze. Am Telefon jedenfalls nicht.
    »Bis morgen. Ich freu’ mich wahnsinnig!«
    Bevor er antworten kann, ist die Verbindung weg. Das unrasierte Gesicht schaut mürrisch aus dem Spiegel.
    Eigentlich bin ich nicht neugierig auf sie. Dieses pausenlose Wiedersehen! Aber ich hab’s mir ja selbst eingebrockt.
    Er dreht die Dusche auf härtesten Strahl. Telefon.
    »Hallo.«
    »Ach, sieh an! Endlich mal da.«
    »Andrea!«
    »Große Neuigkeit: Morgen kommt meine Mütter! Du hast mich doch extra gebeten, dich zu verständigen.«
    Sein Soso gefällt ihr. Wie lange er eigentlich bleibe, will sie wissen. Er läßt es offen; allerdings könne es sein, daß er plötzlich weg müsse.
    »Sehen wir uns heute?«
    Sie wartet die Antwort nicht ab, befördert ihre Frage zur Mahnung, sie muß ihn sehen, und zwar bei ihm im Hotel, nicht in ihrer Wohnung, wo immer noch die Nora ist. Nora? Ach ja, das Mädchen, das bei ihr wohnt; unter der Fülle der Eindrücke hatte er sie nicht sofort griffbereit.
    »Um sieben bin ich bei dir! Oder mußt du wieder zu alten Freunden?«
    »Ich bin zum Mittagessen eingeladen.«
    »Bei einem alten Freund?«
    »Bei einem neuen.«
    Diesmal ist ihm die Umstellung auf ihre direkte Art schneller

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