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Erknntnisse eines etablierten Herrn

Erknntnisse eines etablierten Herrn

Titel: Erknntnisse eines etablierten Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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für die Ehe verdorbene Renate. Aber vielleicht würde er ja schon bald wiederkommen müssen?

    Das freundliche Fräulein hinter dem Empfangsbollwerk in der Halle der unaussprechlichen Firma erklärte sich bereit, Herrn — wie war gleich der Name? — Herrn Dornberg, ja richtig, Herrn Dornberg dem Vorzimmer Herrn Donickes zu melden.
    Lukas hätte auch ungeleitet hingehen können, er kannte den Weg, ließ ihr aber den guten Willen, mied jedoch das Besucherbänkchen mit dem Kunststoffüberzug (der die Hose an der Sitzfläche feucht macht). Ziemlich bald kam eine weibliche Kraft, um sich zu erkundigen, in welcher Angelegenheit er Herrn Donicke sprechen wolle. »Ich bin verabredet.«
    Diesmal öffnete ihm das Wort sofort die Tür zum Vorzimmer und die wortführende der dort tätigen Kräfte erkannte ihn sogar.
    »Tut mir leid, Herr Dornberg, Herr Donicke ist nicht im Haus.«
    »Sind Sie ganz sicher?«
    Sein Blick, in ein Lächeln verpackt, verhinderte eine gereizte Antwort; die Kraft lächelte zurück und öffnete die Polstertür. »Bitte überzeugen Sie sich selbst. Manchmal entwischt er mir zwar oder kommt auf einem ändern Weg, heut aber weiß ich definitiv, daß er nicht kommt. Ich soll Sie schön grüßen, der Termin ist auf übermorgen verlegt.«
    Donicke hatte, wie er weiter erfuhr, überraschend verreisen müssen und im Hotel entsprechende Nachricht hinterlassen lassen. Wer das Hinterlassen unterlassen hatte, ließ sich nicht mehr feststellen. Alle hatten ihre Pflicht getan, in der unaussprechlichen Firma wie im Hotel. Wenn nichts klappt, liegt es offenbar nicht nur an den Leuten. Er mußte Verständnis haben.
    Also keine Abreise morgen?
    Umgehend wurden seine Beine rückfällig, lenkten ihn zu der großen
    Geschäftsstraße mit der Grünanlage in der Mitte. Für diesen Teil der Stadt hatte er schon immer eine Vorliebe gehabt. Hier eine Dreizimmerwohnung, das Häuschen in Suffolk natürlich nicht aufgeben. Renate würde bestimmt etwas für ihn finden. Es war ein schönes Alter jetzt. Man sollte es nutzen. Beweglicher leben.
    Drüben auf der anderen Straßenseite Paulis Ersatzteillager für Neureiche. Er ging hinüber und betrat unter dem Läuten des Glockenspiels das Geschäft. Paulis Brillantring funkelte, der umfangreiche Exfreund hatte aber Kundschaft. Eine adrette Hilfe bat um Verständnis.
    Unbarmherzig betrachtete Lukas Chef und Kundschaft, die eine Sitzgruppe betrachteten. Sie sollte zu einem bestimmten Kamin passen; einen Stein als Muster hatten die Leute dabei. Sie sahen besorgt aus, wie Menschen, die für die Ewigkeit planen und insgeheim fürchteten, sie könnte ihnen entgegenkommen. Die Sitzgruppe gefiel nicht, sie suchten Gewaltigeres, mehr in der Art, wie sich Profisportler einrichten, die mit falscher Renaissance echte Kopfarbeit vortäuschen, um sich als wohlhabende Normalbürger auszuweisen. Der Muskel als Einnahmequelle erscheint ihnen nicht seriös genug und wird verleugnet. Wie der eigene Geschmack. So kommt es zwangsläufig zu Pracht.
    Pauli fand das Richtige: Er verkaufte den Kaminbesitzern klotzige Sterbesessel in Leder, Antilope oder Gnu, etwas Afrikanisches; die billigen Gesellschaftsflüge schaffen immer neue Exklusivitätsprobleme.
    Und Pauli durfte sie lösen! Erlöser der Kaste der Halbreichen — ein schöner Beruf. Feucht strahlend kam er, zeitknapp, zeigte Fotos vom Gut in Tirol mit den Kindern, Pferden, Hunden, Mercedes, Pummelfrauchen und an ihrer Seite er selbst mit Flinte als Commisgutsherr.
    Lukas erzählte ihm von Hubert, von Peter und Ines, den Wolfgängen und ihre Lage.
    »Vielleicht besuchst du sie mal. Kümmerst dich ein bißchen. Oder machst ihnen eine Freude. Sie können so ziemlich alles brauchen.«
    Grundehrlich beantwortete Pauli das Ansinnen.
    »Ich habe nur Verkäufliches hier, nichts zu verschenken. Aber weil du’s bist. In Erinnerung an alte Zeiten.« Er zog ein paar kleine Scheine aus der Hosentasche. »Sonst gebe ich grundsätzlich nichts mehr. Der Staat verdonnert mich laufend zu sozialen Höchstleistungen, also hab’ Verständnis.«
    Das hatte Lukas. Er blätterte die zwei Zehnmarkscheine und den Fünfmarkschein umgehend in die Spenderhand zurück. »Wenn du’s so schwer verdienst, wär’s ihnen sicher peinlich. Übernimm dich nicht, Pauli! Du siehst angegriffen aus. Geh’ mal zum Arzt.«
    Es gibt Blicke, die man nicht vergißt, auch wenn der Mund dabei offensteht. Unter festlichem Geläut schloß er die Tür der Klischeeanstalt und ging weiter durch

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