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Erlebnisse eines Erdenbummlers

Erlebnisse eines Erdenbummlers

Titel: Erlebnisse eines Erdenbummlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Karillon
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Hund, der einst vor jeder Haustür wachte? Das einzige lebende Wesen, das ich zwischen den Ruinen sah, war ein Mutterschwein, das einen Hofstaat von Ferkeln hinter sich nachzog. Wie sich's geziemt, bewohnen diese Hochwohlgeborenen einen kostbaren Stall, zu dem vielleicht einmal ein Phidias und Ageladas die Ornamente geliefert haben. Sein Erbauer war allerdings ein Kunstbanause; denn regellos hat er rohe Feldsteine neben Marmorbruchstücke von antiken Helmen gesetzt und Kniee von Göttinnen neben Kiesel, die der Silarus auf seinem Wege vom Gebirg herunter leidlich geschliffen und poliert hat.
    Wer frohen Mutes ist, soll von Pästum fernbleiben. Ich beneide nicht die Hirten, die im Sumpfland dort den Büffel hüten, ja nicht einmal dies Mutterschwein trotz seinem kostbaren Paläste und der fröhlichen Schar seiner Epigonen. Eine schwere Melancholie brütet heute über den Trümmern dieser vordem so lustigen Stadt, und wenn's der Trübsinn allein nicht fertigbringt, daß er einem das Leben verleidet, so helfen ihm Tausende von kleinen Stechfliegen, die ihren Stachel wie eineImpflanzette gebrauchen, um einem die Malaria ins Blut zu drängen. Hinweg von diesen Trümmern verfluchter Zeiten!
    Mit meinen Reisegenossen war verabredet, daß wir uns in Salerno wieder zusammenfinden sollten. Es klappte bei meiner Rückreise alles, und in einem Zweispänner ging die Fahrt nach Amalfi weiter. Im Hotel Sirene fanden wir ein gutes Unterkommen für die Nacht, und der nächste Morgen brachte einen unvergleichlich schönen Sonnenaufgang über dem Tyrrhenischen Meere und seinen berühmten Inselchen. Obwohl ich das Schauspiel so bequem wie möglich vom Bette aus genießen konnte, so trieb mich der Hunger nach Schönheit gleichwohl auf die Terrasse. Im Schatten eines Rebganges nahm ich da mein Frühstück ein, derweilen auf der Straße unten ein Mauleselgespann vorfuhr. Als Herr Kalbow sich zu mir gesellt und seinen Kaffee getrunken hatte, hätten wir wegfahren können, wenn, ja wenn – Frau Kalbow zur Stelle gewesen wäre.
    »Fritze, sieh, wo deine Frau bleibt,« schnurrte ich heraus.
    »Gleich wird sie da sein. Das Zimmermädchen hat nur an ihrem Kleid noch einiges zu putzen.«
    »Der Himmel sei uns gnädig! Das Zimmermädchen wird das Nähmädchen suchen, diese den Hausdiener und der das Benzin. Bis alles zusammen ist, wird der Lavastrom erkaltet sein, der vom Vesuv niederhängt. Was stellen wir nun an, daß wir deine Frau zu uns herunterbringen?«
    »Ich werde ihr sagen, der Prinz von Neapel käme mit seinem Stabe vorübergeritten, und du sollst sehen, in zwei Minuten ist sie da.«
    Fritze ging, und richtig: in zwei Minuten war Walli auf der Terrasse. In der einen Hand hatte sie ein Opernglas, durch das sie den Prinzen zu beobachten gedachte, und in der andern ein Aquarell, das sie offenbar soeben vom Oberkellner erstanden hatte. Ihre Freude an dem billig erhandelten Kunstwerk war groß, und ich muß gestehen, es war eine Schöpfung von erstaunlicher Vielseitigkeit. Auf den ersten Blick glaubte man auf dem Karton die blaue Grotte zu erkennen. Drehte man den Pappdeckel herum, so stellte er einen Eisbär dar. Von links besehen, erschien er einem als der Dom von Mailand, und von rechts als eine Mannheimer Dreschmaschine. Das war allerdings eine Akquisition, die mit dreißig Franken nicht zu teuer bezahlt war.
    »Nun aber aufpassen, daß uns das Juwel während der Reise nicht gestohlen wird. Es werden in Deutschland die Museumsdirektoren sich danach die Sohlen von den Schuhen laufen,« sagte ich.
    »Werd' ich auf den Schoß nehmen,« bemerkte Fritze.
    Frau Walli aber entschied: »Wird hinter uns ins Verdeckleder gesteckt,« und so geschah's, als wir gleich darauf abfuhren, ohne den Prinzen von Neapel gesehen zu haben.
    Die Gegend von Amalfi nach Sorrent ist zu schön, als daß man außer ihr noch etwas anderes beobachten könnte. Bald geht der Weg auf hochgespannter Brückeüber eine Meeresbucht hinüber, bald bohrt er sich eigensinnig mitten durch einen Felsen hindurch. Unter einem schaukeln Fischerboote auf blauer Meerflut und über einem klettern Geißen über lorbeerumgrünte Felszacken. Kurzum, es gibt so viel zu bewundern, daß man darüber das Aufpassen verlernt. So war denn auch, als wir auf der Cantoniera dei due golfi ankamen, unser berühmtes Aquarell glücklich aus dem Verdeck herausgeklaut. Fritze und Walli sahen für einen Augenblick einander drohend an, dann wandten sie die Augensterne voneinander ab, und es sah aus, als

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